Strompreisdebatte

Warten auf das Energiepaket der Ampel

Auch wenn eine Einigung auf einen Industriestrompreis wenig wahrscheinlich ist: In der Bundesregierung wird derzeit ein Energieentlastungspaket für Unternehmen diskutiert. Im Fokus stehen dabei im Zuge der Haushaltsberatungen eine Senkung der Stromsteuer und eine Verlängerung des Spitzenausgleichs.

Warten auf das Energiepaket der Ampel

Serie Strompreise (Teil 1)

Warten auf das Energiepaket der Ampel

Koalition ringt um kurz- und langfristige Entlastungen der Unternehmen – Neben Industriestrompreis auch Stromsteuer und Spitzenausgleich im Fokus

Auch wenn eine Einigung auf einen Industriestrompreis wenig wahrscheinlich ist: In der Bundesregierung wird derzeit ein Energieentlastungspaket für Unternehmen diskutiert. Im Fokus stehen dabei im Zuge der Haushaltsberatungen eine Senkung der Stromsteuer und eine Verlängerung des Spitzenausgleichs.

ahe Berlin

Trotz des Gegenwinds auch aus der Regierungskoalition setzt das Bundeswirtschaftsministerium weiterhin auf die Einführung eines Industriestrompreises, um die energieintensiven Unternehmen in Deutschland zu entlasten und sie von Standortverlagerungen abzuhalten. Man sei innerhalb der Koalition weiterhin im Austausch über einen Brückenstrompreis, bekräftigte eine Sprecherin am Mittwoch. Minister Robert Habeck (Grüne) hatte die Chance für einen Industriestrompreis noch in der vergangenen Woche auf 50 zu 50 taxiert. Beim Chemiegipfel im Kanzleramt hatte es dann allerdings keine Verständigung über Entlastungen gegeben. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hatte im Anschluss gefordert, dass die Regierung noch im Oktober zu einer Einigung über ein kurzfristiges Energiepaket kommen müsse, um den Strompreis sehr schnell zu senken. Und ein solches Paket wird nun tatsächlich in der Ampel sondiert.

Neben einem Industriestrompreis stehen dabei insbesondere eine Senkung der Stromsteuer und eine Verlängerung des Spitzenausgleichs für die Steuer im Fokus. Wie in Berlin derzeit wiederholt zu hören ist, will die Koalition aber vor einer Entscheidung erst einmal die nächste Steuerschätzung Ende Oktober abwarten, bevor entsprechende Entscheidungen getroffen werden. Denn beide Maßnahmen würden sich direkt auf den Bundeshaushalt 2024 auswirken, der aktuell die parlamentarischen Beratungen durchläuft. Eine Verlängerung des Spitzenausgleichs würde 1,7 Mrd. Euro kosten. Aus der Stromsteuer fließen fast 7 Mrd. Euro in den Bundesetat. Eine komplette Abschaffung der Steuer wäre nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Habeck daher auch kaum finanzierbar – ganz abgesehen davon, dass dieser Schritt den energieintensiven Branchen wenig helfen würde, weil diese die Steuer ohnehin kaum zahlen.

Einer Senkung der 1999 eingeführten Stromsteuer, die in der Industrie derzeit mit gut 1,5 Cent je Kilowattstunde (kWh) zu Buche schlägt, auf ein europäisches Mindestmaß von 0,05 Cent/kWh würde aber auch Habeck nicht im Wege stehen. Ein solcher Schritt fände auch breite Unterstützung außerhalb der Bundesregierung – von CDU/CSU bis hin zum Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Und auch ein Festhalten an dem Spitzenausgleich, von dem etwa 9.000 Unternehmen profitieren würden, wäre weit weniger kontrovers als ein Industriestrompreis. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte den Spitzenausgleich zwar als schädliche Subvention eingestuft. Aber auch in seiner Partei ist man bei diesem Thema kompromissbereit.

Der BDI würde am liebsten gleich alle staatlich bedingten Belastungen bei den Stromkosten der Unternehmen loswerden – von den verschiedenen Umlagen bis hin zur Konzessionsabgabe –, die in diesem Jahr mit 1,32 Cent/kWh zu Buche schlagen. Schon vergessen scheint auf Seiten der Wirtschaft, dass es die große Entlastung bereits Mitte des Jahres 2022 gegeben hatte, mit dem Streichen der EEG-Umlage, die 2021 etwa noch 6,50 Cent/kWh betragen hatte.

Auf welche Maßnahmen sich die Wirtschaft bei einem Energieentlastungspaket der Ampel konkret freuen kann, ist derzeit noch unklar. Eine Verständigung auf einen Brückenstrompreis sowie eine anschließende Genehmigung aus Brüssel scheinen derzeit unwahrscheinlich, ebenso wie die immer wieder geforderte Absenkung der Netzentgelte – schließlich gehört der weitere Ausbau der Stromnetze zu den Grundvoraussetzungen für das Gelingen der Energiewende.

Nationale Energiestrategie

Ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien gilt dagegen als fester Bestandteil einer jeden Strompreisdiskussion. Dabei wird gerne außer Acht gelassen, dass dadurch die Energiekostennachteile für die deutsche Industrie gegenüber der ausländischen Konkurrenz kaum geringer werden. Eine erst im August vorgestellte Studie von IW Consult zusammen mit Frontier Economics und dem Dezernat Zukunft zeigt einmal mehr, dass Deutschland im internationalen Standortvergleich auch in Zukunft wesentlich höhere Gestehungskosten für erneuerbare Energien haben wird.

Von der FDP kommt derweil die Aufforderung an Habeck, eine "Nationale Energiestrategie 2045" zu erarbeiten. Dieser ist ja weiterhin eine "Kraftwerksstrategie" für den Bedarf an neuen Gas- bzw. Wasserstoffkraftwerken schuldig.

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