BMW

Wenn Kooperation an Kultur scheitert

Kooperationen können an unterschiedlichen Unternehmenskulturen scheitern. Das zeigt die gescheiterte Zusammenarbeit von BMW mit Intel und ihrer Tochter Mobileye.

Wenn Kooperation an Kultur scheitert

Von Stefan Kroneck, München

Ach ja, was waren das noch für Zeiten, als im Sommer 2016 BMW, Intel und Mobileye eine enge Zusammenarbeit auf dem Feld der Sensortechnik fürs autonome Fahren angekündigt hatten. Damals herrschte in der Autoindustrie geradezu Euphorie über die Möglichkeiten der fahrerlosen, computergesteuerten Mobilität von morgen. Der Münchner Autokonzern kooperiert mit dem weltgrößten Halbleiterhersteller aus den USA und dem erfolgreichen israelischen Kameratechnikspezialisten bei Fahrerassistenzsystemen – diese Schlagzeile sorgte seinerzeit im Markt für Aufsehen. Schließlich schlossen sich drei starke Anbieter auf ihren Gebieten zusammen, um im angepriesenen Autofahren der Zukunft ganz vorne mitzuspielen. Für die beteiligten Unternehmen war das sozusagen eine Garantie für ein Erfolgsmodell im Hochtechnologiesektor.

Das Dreigespann wollte bis 2021 fahrerlose Autos in Serie anbieten. Der Autozulieferer Delphi schloss sich dem Bündnis später an. Von dieser Kooperation ist heute aber nichts mehr übrig geblieben, obwohl zwischenzeitlich Intel den kleineren Start-up-Partner Mobileye komplett geschluckt hat. Die Zusammenarbeit ist gescheitert. Zwar bezieht BMW noch Komponenten von Intel und Mobileye, eine enge Zusammenarbeit in der Entwicklung hin zur Level-3-Ebene des autonomen Fahrens ist fast sechs Jahre nach ihrer Ankündigung ad acta gelegt. Zum Verständnis: Hochautomatisierte Autos nach der Stufe 3 (von insgesamt fünf) können laut ADAC bestimmte Fahraufgaben selbständig und ohne menschlichen Eingriff bewältigen. Bei gemeldeten Problemen muss der Fahrer aber in der Lage sein, umgehend das Steuer zu übernehmen.

Dieser Tage sattelte BMW überraschend um. Der weiß-blaue Dax-Konzern vertieft seine 2021 geschlossene Zusammenarbeit mit dem Intel-Wettbewerber Qualcomm. Die Münchner setzen fürs automatisierte Fahren künftig Systeme des US-Chipkonzerns ein. Dabei spielt die Software von Arriver eine Schlüsselrolle. Die schwedische Einheit gehört zum Zulieferer Veoneer aus Stockholm. Qualcomm hatte diesen im Herbst vergangenen Jahres übernommen. Arriver ist spezialisiert auf Wahrnehmungs- und Fahrregelungssoftware für Pkw. BMW  will mit dieser Kooperation einen neuen Softwarebaukasten für autonomes Fahren in Fahrzeugen künftiger Modellgenerationen entwickeln und bis 2025 zur Serienreife bringen. Auf diese Weise wollen die Münchner eine Lücke zur Konkurrenz schließen, die auf diesem Gebiet schon weiter sein soll. Technologische Führerschaft ist ein Kernelement für Hersteller hochpreisiger Autos, um sich im Wettbewerb Vorteile zu erarbeiten.

Ingenieure in Missstimmung

Der Wechsel wurde für BMW notwendig, da offenbar die Zusammenarbeit vor allem mit den zuständigen Ingenieuren von Mobileye nicht reibungslos funktionierte, wie die Börsen-Zeitung erfuhr. Mitarbeiter von BMW zeigten sich unter anderem über einen rauen Umgangston der Kollegen von Mobileye irritiert. Das führte zu Missstimmungen. Im Kern haperte es also wohl bereits an der Basis. Das wäre nicht das erste Mal, dass geplante Bündnisse oder gar Übernahmen wegen unterschiedlicher Führungs- und Kommunikationskulturen beteiligter Unternehmen platzen. Das lernt bereits jeder Student der Betriebswirtschaft. Das Thema Unternehmenskulturen ist und bleibt in der Wirtschaft hochsensibel. Diese Erfahrung musste nun auch wieder BMW machen.

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