Modebranche unter Druck

Zahlungsmoral bei Textilunternehmen lässt nach

Die Zahl der Lieferanten, die auf Geld von Textilunternehmen warten müssen, ist laut einer Erhebung von Atradius deutlich gestiegen. Der Kreditversicherer rechnet mit mehr Insolvenzen in der Textil- und Bekleidungsbranche.

Zahlungsmoral bei Textilunternehmen lässt nach

Zahlungsmoral bei Textilunternehmen sinkt

Atradius rechnet mit mehr Insolvenzfällen in der Branche

sar Frankfurt

Die angespannte Lage in der Textil- und Bekleidungsindustrie wirkt sich zunehmend auch auf die Lieferanten aus. Die Anzahl der Nichtzahlungsmeldungen für Lieferungen an deutsche Textilunternehmen, mit denen überfällige Zahlungen angezeigt werden, ist Atradius zufolge in den ersten neun Monaten 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 79% angestiegen.

Für 2024 rechnet der Kreditversicherer mit einem prozentual zweistelligen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. In diesem Jahr zählt Atradius bereits mehr als 90 Insolvenzen in der Textil- und Bekleidungsindustrie. Unter den Sanierungsfällen sind prominente Namen wie Peek & Cloppenburg, Galeria Karstadt Kaufhof oder Gerry Weber.

Wenig Hoffnung auf Weihnachtsgeschäft

Viele Unternehmen könnten die gestiegenen Kosten für Mieten, Personal und Energie nicht durch die Umsatzentwicklung kompensieren, heißt es bei Atradius. Die Aussichten auf einen versöhnlichen Jahresausklang scheinen für die Bekleidungsindustrie in diesem Jahr zudem düster. „Es gibt wenig Anlass für die Vermutung, dass die Konsumlust in den nächsten Wochen aufgrund des Weihnachtsgeschäfts bedeutend zunimmt. Wir erwarten daher keine Besserung der Lage bis zum Jahresende“, sagt Liebold.

Aus Sorge, auf ihren Lagerbeständen sitzen zu bleiben, würden erste Unternehmen bereits Rabatte auf ihre Produkte einräumen.

Auch die Analysten von Allianz Trade rechnen mit einem eher verhaltenen Weihnachtsgeschäft: „Die Lebensmittelpreise sind trotz der geringeren Inflationsrate weiterhin hoch. Verbraucher sparen deshalb bei allen anderen Ausgaben: Sie gehen weniger aus, kaufen weniger Kleidung und Weihnachtsgeschenke“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Händler müssten dann womöglich ohne Rückenwind in die eher umsatzschwache Zeit zu Jahresbeginn gehen.

TEH Textilhandel mit Insolvenzantrag

Erst vor wenigen Tagen ist mit TEH Textilhandel, dem Betreiber der Aachener Modehäuser, ein prominenter Insolvenzfall hinzugekommen. Aachener hatte sich im Frühjahr noch als Retter für mehrere ehemalige Galeria-Filialen positioniert. An den sieben Aachener-Standorten und zwei Outlets soll der Geschäftsbetrieb nach dem Insolvenzantrag weiterlaufen, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger (White & Case) mit. Die Zukunft von sechs angemieteten, aber noch nicht eröffneten ehemaligen Galeria-Filialen ist dagegen ungewiss. „Ob und gegebenenfalls wann“ diese die Geschäftstätigkeit aufnehmen können, werde geprüft, heißt es.

Bei TEH Textilhandel hat vor wenigen Tagen der auf Restrukturierungen spezialisierte Jurist Oliver Nobel (Kanzlei Görg) die Geschäftsführung übernommen. Der vorherige TEH-Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Göbel war Anfang November nicht zu einem Gerichtstermin erschienen und gilt seitdem als untergetaucht.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.