Gewerbeimmobilienkrise

Bei Signa steht es Spitz auf Knopf

Die Insolvenz von Signa REM Germany erschwert die Bemühungen um eine Rettung der schwer angeschlagenen Signa-Gruppe. Die Zeit drängt.

Bei Signa steht es Spitz auf Knopf

Bei Signa steht es Spitz auf Knopf

Görg-Partner Martini zum Insolvenzverwalter für Signa REM Germany bestellt – Dominoeffekt droht – Kühne für Wolkenkratzer-Projekt Elbtower im Gespräch

hek Frankfurt

Die Insolvenz von Signa REM Germany erschwert die Bemühungen um eine Rettung der schwer angeschlagenen Signa-Gruppe. Ohne frisches Kapital droht dem Imperium des österreichischen Immobilientycoons René Benko der Zusammenbruch. Die Zeit drängt.

Die Lage im Immobilien- und Kaufhausimperium des österreichischen Investors René Benko wird zusehends prekärer. Sein Signa-Konglomerat braucht dringend frisches Kapital, um den Zusammenbruch abzuwenden. Auf der Homepage der strauchelnden Gruppe war schon am Samstag Schluss. Das ohnehin dürftige Informationsangebot hatte sich verflüchtigt. Wegen Wartungsarbeiten, so die Begründung. Nur ein Kontaktfeld, das Impressum und Datenschutzhinweise waren verblieben. Erst im Laufe des Sonntags kam die Website wieder ans Netz.

Enormer Zeitdruck

Ob man das als Zeichen der Hoffnung in prekärer Lage verstehen soll? Seit Wochen sucht die Gruppe, zu der neben Prestige-Immobilien wie dem Chrysler Building in New York und dem Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin auch die Kaufhauskette Galeria und eine Beteiligung am Handelskonzern Globus gehören, fieberhaft neue Geldquellen. Die Rettungsbemühungen stehen unter enormem Zeitdruck. Doch die Gespräche gestalten sich schwierig. Die komplexe Struktur der Gruppe mit mehr als 1.000 Einzelfirmen und internen Kreditvergaben erschwert eine Lösung. Wie der "Spiegel" auf seiner Website berichtet, wird inzwischen nur noch mit dem US-Hedgefonds Elliott des aktivistischen Investors Paul Singer über eine Finanzspritze verhandelt.

Am Freitag stellte mit Signa Real Estate Management Germany die erste Immobiliengesellschaft der Gruppe einen Insolvenzantrag. Signa Prime Selection, die wichtigste Immobilienfirma in Benkos Reich, war zuletzt nicht mehr in der Lage, ihre Tochter mit ausreichend Liquidität zu versorgen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters bereiten weitere Signa-Firmen Insolvenzanträge vor. Zuvor waren bereits der Online-Sporthändler Signa Sports United und etliche Tochtergesellschaften kollabiert, nachdem die Signa Holding eine Finanzierungszusage über 150 Mill. Euro stoppte.

Görg-Partner Martini zum Insolvenzverwalter bestellt

Am Montag hat das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg den Rechtsanwalt Torsten Martini zum vorläufigen Insolvenzverwalter für Signa REM Germany bestellt. Der auf Restrukturierung, Sanierung und Insolvenzverwaltung spezialisierte Partner der Wirtschaftskanzlei Görg gilt als erfahrener Fachanwalt, der auch als Honorarprofessor der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin tätig ist. Signa REM Germany fungiert als Dienstleister für Immobilienentwicklung, Assetmanagement, Vermietung und Research in Deutschland. Das Unternehmen beschäftigte im Jahr 2021 durchschnittlich 139 Mitarbeiter an den Standorten Berlin, München, Düsseldorf, Hamburg, Köln und Frankfurt.

Dominoeffekt droht

Für Signa gilt es nun, einen Dominoeffekt zu vermeiden. Allein bis Jahresende braucht die Gruppe, bei der der Sanierer Arndt Geiwitz das Ruder übernommen hat, offenbar rund eine halbe Milliarde Euro. Zu den unmittelbaren Rückzahlungsverpflichtungen gehören eine privat begebene Anleihe von 200 Mill. Euro, deren Tilgung Ende November ansteht, und Genussrechte, die zum Jahresende fällig werden. Die Investmentbank Rothschild und die Kanzlei White & Case sind eingeschaltet, um bei der Restrukturierung zu helfen.

Bauprojekte stehen still

Vor allem Projektgesellschaften für die diversen Bauvorhaben gelten als gefährdet. Diese Untergesellschaften brauchen ständig Liquidität, weil die Rechnungen von Baufirmen und Handwerkern bezahlt werden müssen. Zahlungsverzögerungen haben bereits dazu geführt, dass Baustellen wie die Alte Akademie in München stillstehen. Die Arbeiten am Prestigeprojekt Elbtower in Hamburg ruhen seit Wochen. Bei längerem Stillstand drohen erhebliche Zusatzkosten. Denn gerade im Winter setzen Regen und Frost den Rohbauten zu. Dass Bauruinen drohen, glauben aber die wenigsten. Dafür seien die Benko-Projekte mit ihren Top-Lagen zu attraktiv.

Die Hoffnung ist, dass Mitgesellschafter der Projektfirmen oder neue Investoren einspringen. Sie könnten frisches Geld auf Projektebene bereitstellen, damit die Bauvorhaben fertiggestellt werden können. So übernimmt der Logistikunternehmer und Signa-Mitgesellschafter Klaus-Michael Kühne das Büroimmobilienprojekt Beam in Berlin komplett. Bisher hält Kühne 50%. Und der thailändische Einzelhandelstycoon Tos Chirathivat hat sich mit seiner Central Group die Mehrheit am Luxuskaufhausbetreiber Selfridges gesichert. Benkos Signa Holding und Central hatten das britische Traditionshaus vor zwei Jahren gemeinsam erworben.

Kühne für Elbtower im Gespräch

Kühne wird auch immer wieder als Kandidat für den Elbtower genannt, der Deutschlands drittgrößter Wolkenkratzer werden soll. Berichte über eine mögliche Übernahme hatte der Milliardär Anfang November zurückgewiesen: „Man versucht, mir ein Elbtower-Engagement aufs Auge zu drücken.“ Nun soll der gebürtige Hamburger doch einen Erwerb des rund 1 Mrd. Euro schweren Hochhausprojekts prüfen, das der frühere Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz auf den Weg gebracht hat und an dem die Commerzbank-Tochter Commerz Real mit dem Immobilienfonds Hausinvest zu 25% beteiligt ist.

Signa ist durch rasant gestiegene Baukosten und Zinsen sowie eigene Fehler in die Bredouille geraten. Das Firmengestrüpp ist für Außenstehende kaum zu durchdringen. Die Einheiten sind nicht nur durch komplexe gesellschaftsrechtliche Verflechtungen verbunden, sondern auch durch finanzielle Verpflichtungen. Denn Signa-Firmen haben sich untereinander Geld geliehen, was den Sanierern die Arbeit zusätzlich erschwert.

Mitgesellschafter vor Verlusten

Eine Insolvenzwelle im Benko-Reich würde neben dem Tausendsassa selbst vor allem seine Mitgesellschafter treffen, darunter einige der reichsten Familien Europas wie der österreichische Baumagnat Hans Peter Haselsteiner, Beraterlegende Roland Berger und die Peugeot-Familie. Auch die Fondsgesellschaft Union Investment und die RAG-Stiftung sind als Miteigentümer involviert.

Die Banken, die vor allem Kredite für einzelne Bauprojekte und für Akquisitionen vergeben haben, gelten als vergleichsweise gut gesichert. Im Feuer steht auch eine 300-Mill.-Euro-Anleihe der Development-Tochter, das einzige börsengehandelte Wertpapier des Konglomerats. Zu den größten Bondholdern gehört der Hedgefonds Arini, der vom ehemaligen Credit-Suisse-Anleihehändler Hamza Lemssouguer gegründet wurde.

Klar ist: Sollten sich tatsächlich noch Geldgeber finden, kämen auf Signa extrem hohe Zinsen zu. Das zeigt ein Vergleich mit der angeschlagenen Adler Group. Der Wohnimmobilienkonzern muss für eine im Herbst platzierte Anleihe, die bis Ende Juli 2025 läuft, jährlich 21% als endfälligen PIK-Betrag (pay-in-kind) berappen, und das trotz Besicherung. Kaum vorstellbar, dass es für Signa billiger wird.

Schreiben an REM-Deutschland-Mitarbeiter

Derweil hat Signa REM Germany in einem Schreiben ihren Mitarbeitern den Insolvenzantrag bestätigt. Die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Tatsache, dass es trotz größter Anstrengungen nicht gelungen sei, die finanzielle Situation und die erforderliche Liquidität kurzfristig zu verbessern, hätten keine andere Möglichkeit gelassen. Die Bemühungen um eine ganzheitliche Refinanzierung der Signa-Gruppe gingen mit unverminderter Kraft weiter, wird versichert.

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