Zolldiskussion verschärft die Lage

Brenntag beschleunigt Sparprogramm

Brenntag bekommt die durch die Zolldiskussion gewachsene Verunsicherung der Kunden zu spüren. Das Sparprogramm soll beschleunigt werden.

Brenntag beschleunigt Sparprogramm

„Unsere Kunden fahren auf Sicht“

Brenntag beschleunigt Sparprogramm – Prognose angepasst – Zolldiskussion belastet

ab Köln

Beim Chemikalienhändler Brenntag macht sich angesichts der schwieriger werdenden Rahmenbedingungen Unbehagen breit. Das ohnehin herausfordernde wirtschaftliche Umfeld werde durch die globalen Zolldiskussionen noch verschärft, beklagte Vorstandschef Christian Kohlpaintner bei der Vorlage des Zwischenberichts. Die Zurückhaltung der Kunden aufgrund der US-Zollpolitik spüre Brenntag seit der zweiten Märzhälfte. „Unsere Kunden fahren auf Sicht“, verdeutlichte Kohlpaintner.

Attentismus kennzeichne das Verhalten und das werde andauern, solange die Zollsituation nicht abschließend geklärt sei. „90-Tage-Moratorien schaffen keine Sicherheit.“ Sie wirkten eher wie ein „Sedativum“. Dem eigenen Geschäftsmodell bescheinigt Kohlpaintner jedoch eine hohe Resilienz.

Dennoch hat der Chemiedistributeur in Nordamerika die Kundenzurückhaltung schon zu spüren bekommen, allen voran im Geschäft mit Industriechemikalien (Essentials). Von der grundsätzlich positiven Einschätzung des US-Marktes rückt Kohlpaintner jedoch nicht ab. Es sei denn, es komme zu einer Rezession, schränkte der Manager ein.

Standortschließungen

Aufgrund der hohen Unsicherheit verschiebt Brenntag die Prognose für das laufende Geschäftsjahr an den unteren Prognoserand der von 1,1 bis 1,3 Mrd. Euro reichenden Zielspanne für das bereinigte operative Ergebnis (Ebita). Gegensteuern will der Chemiedistributeur mit weiteren Sparmaßnahmen. „Nach einer eingehenden Analyse potenzieller Maßnahmen werden wir unsere Kostensenkungsinitiative beschleunigen – sowohl im Umfang als auch im Tempo“, sagte der seit April amtierende Finanzchef Thomas Reisten.

Bislang wollte Brenntag die Kostenbasis bis 2027 nachhaltig um 300 Mill. Euro senken. Nachdem im vorigen Jahr Einsparungen von 50 Mill. Euro realisiert wurden, sollte dieser Betrag 2025 verdoppelt werden. Zur Größenordnung der weiteren Maßnahmen äußerte sich Reisten nicht. Feststeht jedoch, dass im Segment Essentials mehr als zehn Standorte im laufenden Turnus geschlossen werden sollen. Im ersten Quartal seien Einsparungen von 30 Mill. Euro erzielt worden, hieß es.

Mit einem weitgehend stabilen operativen Ergebnis 264 Mill. Euro im Auftaktquartal hat Brenntag den Analystenkonsens dennoch leicht verfehlt. Die Zuwächse in Umsatz und operativem Ergebnis gingen ausschließlich auf das Konto von Akquisitionen. Organisch lag das operative Ebita in beiden Segmenten unter dem Vorjahr. Die Investoren straften den Dax-Wert mit einem Kursabschlag um 4,9% in der Spitze ab.

Der Brenntag-Chef fürchtet allerdings weniger die direkten Effekte aus den Zöllen. Weit bedeutender seien die Sekundär- und Tertiäreffekte wie die Folgen auf Inflation, Zinsen, Wechselkurse und Verbraucherstimmung. Diese ließen sich nicht abschätzen. Hinsichtlich der Wechselkurseffekte gilt bei Brenntag als Daumenregel: Die Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar um 1 Cent mindert das operative Ebita um grob 10 Mill. Euro.

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