Studie

Covid lässt Aufsichtsräte ungeschoren

Mächtigster Aufsichtsrat in Deutschland ist Michael Diekmann, das bestbezahlte Einzelmandat hat Paul Achleitner, die Deutsche Bank gibt am meisten für ihre Kontrolleure aus und die Frauenquote in den Gremien stagniert. Das sind Kernpunkte der neuen Aufsichtsratsstudie der Aktionärsvereinigung DSW.

Covid lässt Aufsichtsräte ungeschoren

hek Frankfurt

In der Vergütung der Aufsichtsräte hat die Covid-19-Pandemie, die zahlreiche Unternehmen arg gebeutelt hat, nur wenig Spuren hinterlassen. Das geht aus der neuen Aufsichtsratsstudie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hervor. Grund sei, dass fast alle Gesellschaften inzwischen auf eine Festvergütung umgestellt hätten. Zwar hätten bei acht der analysierten­ Dax-30-Gesellschaften Kontrolleure auf Teile der Vergütung verzichtet. Angesichts der vergleichsweise geringen Höhe seien die Verzichte jedoch „eher symbolisch“ gewesen, sagt die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Jella Benner-Heinacher.

Die Aktionärsvereinigung befürwortet die Umstellung auf Festvergütung. Denn ein signifikanter variabler Anteil könne falsche Anreize setzen. Zudem seien Aufsichtsräte gerade in der Krise besonders gefordert, ihr Arbeitsaufwand steige in solchen Zeiten enorm an.

Insgesamt überwiesen die analysierten Dax-Konzerne für das Geschäftsjahr 2020 den Angaben zufolge 83,1 Mill. Euro an ihre Aufsichtsräte, 0,4 % weniger als ein Jahr zuvor. Grund sei vor allem die veränderte Dax-Zusammensetzung. Siemens Energy, die für Beiersdorf in die oberste Börsenliga aufstieg, wurde wegen der erst im September 2020 erfolgten Börsennotierung nur anteilig eingerechnet. Die Deutsche Bank zahlte mit gut 6,1 Mill. Euro erneut das meiste Geld für ihre Kontrolleure, gefolgt von BMW mit 5,6 Mill. Euro. Der Drittplatzierte Daimler überwies seinen Aufsichtsräten mit knapp 5,5 Mill. Euro 18,1 % mehr als 2019. Den höchsten Zuwachs verbuchte Continental mit 32,2 %, während Fresenius aufgrund des Ausfalls der variablen Vergütung den stärksten Rückgang (31 %) verzeichnete.

Das bestbezahlte Einzelmandat im Dax hat Paul Achleitner inne – trotz eines teilweisen Vergütungsverzichts im Coronakrisenjahr 2020. Der Deutsche-Bank-Aufsichtsratsvorsitzende kassierte für diese Tätigkeit gut 802 000 Euro, 10,9 % weniger als 2019. Siemens-Chefkontrolleur Jim Hagemann Snabe liegt mit 632 000 Euro auf dem zweiten Platz, gefolgt von BMW-Aufsichtsratschef Norbert Reithofer mit 610 000 Euro.

Aufsteiger Kaeser

Bei Einrechnung der sonstigen Vergütung, die vor allem aus Aufsichtsratsmandaten bei Tochtergesellschaften stammt, wäre VW-Chefkontrolleur Hans Dieter Pötsch mit 900 000 Euro Spitzenreiter. Achleitner käme bei dieser Betrachtung auf dem zweiten Platz, gefolgt vom Ex-Daimler-Chefkontrolleur Manfred Bischoff mit knapp 742 000 Euro. Im Schnitt kassierten die Aufsichtsratschefs der Dax-Unternehmen ohne sonstige Vergütung 376 000 Euro, 1,4 % mehr als im Vorjahr.

„Nicht durchgängig bestätigt“ hat sich nach Einschätzung von DSW-Fachreferent Frederik Beckendorff die Befürchtung, dass Unternehmen die neue Aktionärsrechterichtlinie (Arug II) für eine Erhöhung der Aufsichtsratsvergütungen nutzen. Auf den Hauptversammlungen hätten die Zustimmungsquoten zur Aufsichtsratsvergütung auf hohem Niveau gelegen.

Im Ranking der mächtigsten Aufsichtsräte, das erstmals alle Ausschüsse in die Wertung einbezieht, hat sich Michael Diekmann auf den Spitzenplatz geschoben. Der Allianz-Chefkontrolleur hat Nikolaus von Bomhard, der das Kontrollgremium von Münchener Rück und Deutscher Post leitet, auf den nächsten Platz verdrängt. Der Vorjahresvierte Norbert Winkeljohann, Chef des Bayer-Kontrollgremiums, belegt nun den dritten Platz, während der Vorjahresdritte Achleitner auf den vierten Platz zurückfällt. Zu den Aufsteigern des Jahres zählt die DSW Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser und Ralf P. Thomas, den Chefaufseher von Siemens Healthineers. Einzige Frau unter den Top Ten ist die frühere BASF-Vorständin Margret Suckale, die in den Kontrollgremien von Deutsche Telekom, Heidelberg Cement und Infineon sitzt.

Eine Stagnation registriert die DSW beim Frauenanteil, der jetzt 36,5 % beträgt (siehe Grafik). Auf der Anteilseignerseite sei die Frauenquote leicht gestiegen, auf der Arbeitnehmerseite sei sie gesunken.