„Das Transaktionsgeschäft stottert“
Im Gespräch: Burc Hesse und Max Hauser
„Das Transaktionsgeschäft stottert“
Deutsche Büros von Latham & Watkins profitieren in schwierigem Markt von Diversifizierung und einem internationalen Netzwerk
Von Sabine Wadewitz, Frankfurt
Latham & Watkins rechnet in Deutschland auch in schwierigem konjunkturellen und geopolitischem Umfeld mit deutlichem Wachstum. Die US-Kanzlei vertraut auf ihr internationales Netzwerk und ihr breites Beratungsangebot. Das sichere das Geschäft in Krisenzeiten ab.
Die US-Kanzlei Latham & Watkins hat auch im deutschen Markt in den vergangenen Jahren hohe Dynamik gezeigt. Der Schwerpunkt liegt im Transaktionsgeschäft mit den zugehörigen Segmenten – von Kartellrecht über Restrukturierung bis Litigation.
Im vergangenen Jahr ist der Umsatz in Deutschland um 12% auf 252 Mill. Euro gestiegen. Vom Umsatz entfallen nach Angaben der Kanzlei 40% auf Corporate mit Private Equity sowie M&A, 30% generiere Litigation, Kartellrecht und Datenschutz, ein Fünftel steuerten Finanzierungen bei, den Rest Arbeitsrecht und Steuern. Weltweit kam der Umsatz um 23% auf 7 Mrd. Dollar voran.
Die Ziele sind hochgesteckt: „Anspruch ist es, in allen Finanzzentren und in den für die Kanzlei wichtigen Marktsegmenten als Tier-1-Firm tätig zu sein“, unterstreicht Burc Hesse, Managing Partner von Latham & Watkins in Deutschland, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Mandanten profitieren nach Darstellung von Hesse von der „globalen Vernetzung über die Kontinente hinweg“ und einer „führenden Position“ in den USA. „Wir bieten das gesamte relevante Beratungsspektrum weltweit aus einer Hand, mit einer führenden Marktposition diesseits und jenseits des Atlantiks, das hat keine andere Kanzlei in Deutschland zu bieten“, sagt der Deutschlandchef.
Global vernetzt
Die Kanzlei setzt seit langem auf eine Plattform-Strategie. Sie zielt darauf ab, mit den Mandaten aus jeder Region auch das globale Netzwerk zu stärken und das internationale Geschäft zu bedienen. Das Bestreben sei es, einen in Deutschland gewonnenen Mandanten auch möglichst in anderen Ländern auszubauen und umgekehrt, erklärt Transaktionsanwalt Hesse.
Die Fortschritte unterliegen einem intensiven Monitoring. „Um den Erfolg unserer Plattform-Strategie zu messen, schauen wir uns genau an, welche Mandatsbeziehungen in Deutschland neu entwickelt wurden, wie man aus Deutschland heraus zu bestehenden Mandatsbeziehungen beigetragen hat und wie viel die vier deutschen Büros zu den global umsatzstärksten und langjährig bestehenden Mandatsbeziehungen beitragen“, sagt Max Hauser, Deputy Managing Partner von Latham & Watkins in Deutschland und auf Kartellrecht spezialisiert.

Die Kanzlei ist mit 29 Büros weltweit präsent. Typischerweise seien in den wichtigsten Mandatsbeziehungen 25 bis 29 Büros involviert. „Da wollen wir aus Deutschland heraus nicht fehlen und schauen immer wieder darauf, wo wir Gelegenheiten ausbauen können und wo es ungenutzte Geschäftschancen gibt“, erklärt Hauser.
An der Seite von Siemens
Als Beispiele für prominente Mandate mit Blick auf den globalen strategischen Anspruch nennt Hesse Siemens, die Latham & Watkins aus Deutschland heraus in Transaktionen in die USA begleitet hat. „Wir unterstützen aus Deutschland heraus auch Siemens-Mandate innerhalb der USA.“ Weiteres Beispiel ist der Public Investment Fund aus Saudi-Arabien, den die Kanzlei in Transaktionen in die USA und nach Europa und zuletzt beim Investment in TK Elevator nach Deutschland begleitet habe.
Stark vertreten ist Latham & Watkins in Private-Equity-Transaktionen. „Wir haben PE-Mandanten wie Permira, Hg oder Ardian in Europa aufgebaut. Diese Häuser haben als europäische Fonds inzwischen in den USA Büros eröffnet und investieren dort. Latham wird nun von diesen Adressen auch in den USA beauftragt“, so Hesse.
Die globale Position kommt nach Darstellung der beiden Partner über die Zeit immer mehr zum Tragen. Es hat laut Hesse „ein paar Jahre gedauert, bis die Mandanten diesen Benefit erkannt haben. Nach vorne hin versprechen wir uns noch mehr Dynamik für unser Geschäft.“
Unsicherheit im Markt
Die gegenwärtig schwierige konjunkturelle Lage bremst auch im Rechtsmarkt. „Wir bekommen die Unsicherheit im Markt im täglichen Geschäft definitiv zu spüren, weil sich die Prozesse verlangsamen. Transaktionen verzögern sich nicht nur, sie werden komplizierter“, erklärt Hesse: „Selbst wenn die Dinge zum Abschluss kommen, kommen sie nicht mehr so einfach zum Abschluss.“ Der Kaufpreis fließe später oder werde mit Earn-out-Elementen versehen.
„Das Transaktionsgeschäft stottert. Ob dies für eine längere Periode anhalten wird, lässt sich nicht sagen. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass sich der eine oder andere Knoten über das Jahr wieder lösen wird. Der Druck ist auf allen Seiten immens groß, sodass es auf die eine oder andere Art eine Transaktion geben wird“, umreißt Hesse das Szenario.
Breites Beratungsspektrum
Auf ein Wachstumsziel 2025 wollen sich die beiden Partner angesichts dieser Unsicherheit nicht festlegen, vertrauen aber auf ihre Stärken. „Wir sind nicht immun gegen Unsicherheit und Marktgegebenheiten, aber wir schauen trotzdem zuversichtlich aufs Jahr“, unterstreicht Hauser.
Die Sozietät profitiere von einem breiten Beratungsspektrum. „Wir werden mit Transaktionsberatung assoziiert, das ist unser Kernprodukt. Der Diversifizierungsgrad in unserem Beratungsangebot ist aber sehr groß, das ist gut austariert und sichert das Geschäft auch in Krisenzeiten ab. Restrukturierung, Litigation und regulatorische Beratung nehmen mehr Raum ein, und wir beraten auch in Compliance-Themen. Es gibt kein Klumpenrisiko“, resümiert Hauser.
Zugang im Kartellrecht
Angesprochen auf mögliche personelle Ergänzungen in den Praxen, sagt Hauser, es gebe weiterhin Bedarf im Bereich Restrukturierung. In dem Segment hat Latham ein Team an den Wettbewerber Willkie Farr & Gallagher verloren. Eine Lücke in der Kapitalmarktpraxis hat die Kanzlei indes wieder schließen können, indem die bei White & Case an Bord gegangenen renommierten Transaktionsanwälte Oliver Seiler und David Rath an ihre alte Wirkungsstätte zurückkehrten.
Personelle Ergänzungen kündigte Hauser auch im Kartellrecht an. Hier verstärkte sich Latham jüngst mit Tilman Kuhn als Partner in der Praxisgruppe Antitrust & Competition. Er kommt von White & Case. Im Kartellrecht rechnet Hauser mit hoher Nachfrage durch zunehmende regulatorische Prüfdichte und eine steigende Zahl an komplexeren Transaktionen.
Nachwuchsförderung
Darüber hinaus gebe es keine spezifischen Geschäftsbereiche, in denen sich die Kanzleispitze nach zusätzlichen Partnern von außerhalb umschaue. „Insgesamt sind wir natürlich opportunistisch und halten die Augen offen, ob es potenzielle Kolleginnen und Kollegen gibt, die zu unserer Kultur und unserem Geschäftsmodell passen“, sagt Hauser. Es geht aber auch um Nachwuchsförderung: „Wir wollen vor allem aus den eigenen Reihen rekrutieren und unsere eigenen jungen Anwältinnen und Anwälte fördern.“