M&A-Report von BCG

Deutschland partizipiert kaum an der Erholung des M&A-Geschäfts

Das globale M&A-Beratungsgeschäft zieht an, doch Deutschland partizipiert kaum. Die hiesigen Unternehmen sind zwar attraktiv für Käufer, diese halten sich laut BCG-Experte Jens Kengelbach aber bei Zukäufen zurück.

Deutschland partizipiert kaum an der Erholung des M&A-Geschäfts

M&A-Boom zieht am Alten Kontinent weitgehend vorbei

Europäische Transaktionsvolumina im Vergleich zum Vorjahr laut BCG rückläufig – Deutsche Unternehmen halten sich zurück

lee Frankfurt

Nach einem ruckeligen Start ins Jahr nimmt das M&A-Beratungsgeschäft der Banken weltweit an Fahrt auf. In den den ersten neun Monaten stieg das globale Transaktionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr um 10% auf 1,9 Bill. Dollar, wie die Boston Consulting Group (BCG) in einem aktuellen Report herausstellt. Getrieben wurde das Wachstum vor allem von Megadeals in den USA. In Europa liefen die Geschäfte uneinheitlich, unter dem Strich gingen die Volumina im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5% auf 375 Mrd. Dollar zurück. In Deutschland hat sich das Marktgeschehen stabilisiert, wenn auch auf niedrigem Niveau, wie Jens Kengelbach, Global Head of M&A bei BCG und Mitautor der Studie, herausstellt.

Deutsche Firmen gesucht

Dabei rückten deutsche Unternehmen eher ins Visier von Käufern, als dass sie selbst zukaufen. „Betrachtet man alle Deals mit deutscher Beteiligung, so stieg der Gesamtwert aller Transaktionen nur moderat gegenüber dem Vorjahr“, sagt Kengelbach. Grenze man die Analyse auf Transaktionen mit deutschen Zielunternehmen ein, sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg um gut 45% zu verzeichnen. „Die meiste Aktivität haben wir im bisherigen Jahresverlauf in den Bereichen Medien, Technologie, Gesundheit und Konsumgüter gesehen“, sagt er und verweist auf die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch die italienische MFE und das Angebot der chinesischen Gruppe JD.com für Ceconomy.

Technologiegetriebene Zukäufe

Sofern sie sich doch als Käufer vorwagen, gehe es für die hiesigen Unternehmen vor allem darum, an den großen Trends und Entwicklungen in ihren jeweiligen Industrien zu partizipieren, hat Kengelbach beobachtet. Beispiele hierfür seien die Milliardentransaktionen von Siemens und Infineon gewesen, die sich in der ersten Jahreshälfte mit dem US-Softwarehersteller Dotmatics bzw. dem Automotive-Ethernet-Geschäft von Marvell verstärkt haben.

Mit Blick auf eine Belebung durch das in Aussicht gestellte Investitionspaket der Bundesregierung bleibt der M&A-Experte indes vorsichtig. Zwar könne ein positiver Konjunkturimpuls das M&A-Geschäft durchaus beleben. Man dürfe jedoch die Sekundäreffekte nicht aus den Augen verlieren: „Sollte das Investitionspaket zu einem inflationären Druck führen, könnten steigende Zinsen jedoch auch hemmend auf Transaktionen wirken.“

Souveränitätsbestrebungen als Chance

Positiver sind Kengelbachs Erwartungen hinsichtlich der Effekte des Brüsseler Strebens nach europäischer Souveränität auf das M&A-Geschehen. „Einerseits gibt es den direkten Effekt, dass europäische Regierungen zunehmend bei Transaktionen eingreifen, bei denen ein Unternehmen in einer Schlüsselindustrie potenziell an einen außereuropäischen Käufer gehen könnte“, sagt er.

Andererseits könnten ihm zufolge Unternehmen diesen politischen Impuls aufnehmen, indem sie versuchten, durch Transaktionen und Joint Ventures die europäische Souveränität in bestimmten Sektoren zu stärken: "Die erst kürzlich angekündigte Zusammenlegung von Unternehmensteilen von Airbus, Leonardo und Thales im Bereich Raumfahrt ist dafür ein gutes Beispiel.“

Gemischtes Bild in Europa

Der moderate Rückgang der Transaktionsvolumina in Europa ergibt sich laut BCG im Mittel der deutlich gegenläufigen Entwicklungen in den Einzelmärkten. Rückgänge in Spanien (-58%), Großbritannien (-35%) und Frankreich (-29%) standen prozentual dreistellige Zuwächse in den Niederlanden (+263%) und der Schweiz (+109%) gegenüber.

Herber Rückgang in Asien

Einen historischen Einbruch von 19% auf ein Zehn-Jahres-Tief von 284 Mrd. Euro verzeichneten die Transaktionsvolumina in der Region Asien-Pazifik. Zuwächse in Singapur (38%) und der Volksrepublik China (11%) glichen die Rückgänge in Hongkong (-73%), Indien (-20%) und Sükorea (-11%) nicht aus. Positiv, wenn auch unterhalb des langjährigen Durchschnitts, entwickelte sich das M&A-Geschehen in der Region Afrika, Naher Osten und Zentralasien. Die Transaktionsvolumina stiegen hier um 6%.