E-Commerce

Home24 eifert Westwing nach

Der Online-Möbelhändler Home24 baut mit dem Butlers-Erwerb sein Geschäft mit Accessoires und Dekoartikeln aus. Damit machen die Berliner zunehmend der Münchener Westwing Konkurrenz.

Home24 eifert Westwing nach

hek Frankfurt – Die beiden Onlinehändler Home24 und Westwing wiesen schon bisher etliche Parallelen auf. Beide agieren im Home&Living-Markt, wurden unter den Fittichen des Start-up-Finanzierers Rocket Internet aufgebaut und kamen 2018 an die Börse. Beide erlebten nach dem IPO einen bösen Kursverfall und dann – angetrieben von den Auswirkungen der Corona-Pandemie – ein fulminantes Comeback. Nun werden sich beide Firmen noch ähnlicher. Denn infolge der Übernahme von Butlers durch Home24 gleichen sich auch die Sortimente an.

Die in Berlin ansässige Home24 ist bisher auf den Onlineverkauf von Möbeln ausgerichtet. Accessoires und Dekoware spielen kaum eine Rolle. Anders Westwing: Die Münchener sind breiter aufgestellt. Sie bieten zwar ebenfalls Möbel an, doch den Großteil der Einnahmen steuern Segmente bei, die dazu dienen, eine Wohnung zu verschönern. Westwing sieht sich als „Marktführer für inspirationsgetriebenen Home&Living-E-Commerce in Europa“. Gerade für seine schicken Accessoires, sogenannte Rumsteherli, ist das Unternehmen bekannt. Es leistet sich eigens eine Kreativabteilung, um bei der Auswahl trendiger Gegenstände für das Zuhause am Puls der Zeit zu sein. Chefin der Trendscouts ist Mitgründerin Delia Lachance, die früher als Redakteurin für die Zeitschrift „Elle“ arbeitete. Die Ausrichtung auf Dekoware spiegelt sich in der Umsatzstruktur: 20% der Erlöse entfallen auf Textilien und Teppiche, 23% auf Dekorprodukte, Accessoires und Beleuchtung, 12% auf Küche und Essen. Groß- und Kleinmöbel kommen lediglich auf 35% des Umsatzes (siehe Grafik).

Mit dem Butlers-Erwerb baut Home24 ihr Sortiment für die Inneneinrichtung stark aus. Die neue Tochter agiert als Einzel- und Großhändler für Haushaltswaren, Tischdekoration, Wohnaccessoires, Heimtextilien und Ge­schenkartikel. Home24 preist sie als „Ideenwerkstatt der schönen Dinge“. Im Unterschied zu Westwing erfolgt der Verkauf aber vorwiegend über stationäre Geschäfte, doch beträgt der Online-Anteil immerhin 25%. Butlers betreibt 100 Filialen im deutschsprachigen Raum und ist über Franchisepartner mit 32 Geschäften in neun weiteren europäischen Ländern präsent.

Kundenbindung gestärkt

Durch die Akquisition erhält Home24 nach eigenen Angaben Zugang zu 40 Millionen Butlers-Besuchern im Jahr. Designer und Produktexperten des Familienunternehmens entwickelten 3000 neue Artikel im Jahr. Die künftige Tochter erwartet für das laufende Jahr 95 Mill. Euro Umsatz und ein „deutlich positives“ Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Der gemeinsame Umsatz wird mit 700 Mill. Euro für 2021 angegeben. Im Januar 2017 ging Butlers in Konkurs, wurde aber über ein Insolvenzplanverfahren und mit Unterstützung der NRW-Förderbank saniert. Home24-CEO Marc Appelhoff zeigt sich überzeugt, dass sich die Sortimente ideal ergänzen. Die Übernahme stärke die Eigenmarkenkompetenz und ermögliche eine emotionalere Kundenansprache.

Vor allem Letzteres sollte sich für Home24 auf die Dauer mit Blick auf die Kundenbindung als Pluspunkt erweisen. Westwing verfügt nämlich bereits über eine ausgesprochen treue Kundschaft. 80% der Bestellungen kommen laut Firmenangaben von loyalen Wiederholungskäufern, was „best in class“ sei. Da erübrigt es sich, viel Geld in Marketingaktionen zu stecken, die vorhandene Kunden zu neuen Orders animieren. Das Werbebudget kann stärker auf die Akquisition von Neukunden ausgerichtet werden und insgesamt geringer ausfallen. Westwing hat in den ersten neun Monaten des Jahres 9,4% des Umsatzes für Marketing ausgegeben. Bei Home24 fällt der Anteil mit 16% deutlich höher aus.

Zugute kommt beiden Unternehmen die vergleichsweise geringe Onlinedurchdringung. Home24 veranschlagt die Penetrationsrate im Home&Living-Markt auf 10%. Bei Bekleidung beispielsweise sei die Quote etwa doppelt so hoch. Vor diesem Hintergrund gehen beide Unternehmen davon aus, dass erhebliches Aufholpotenzial besteht.