Corporate Governance

Managergehälter im Lackmustest

Die neuen gesetzlichen Vorgaben zur Gestaltung und Darstellung der Vorstandsvergütung werden in Unternehmen mit sehr unterschiedlichem Ehrgeiz umgesetzt, monieren Anlegervertreter.

Managergehälter im Lackmustest

swa Frankfurt – Investorenvertreter fordern seit langem einfache und durchschaubare Systeme zur Vorstandsvergütung. Die Unternehmen kommen diesem Ansinnen in sehr unterschiedlicher Ausprägung nach. Auf den Hauptversammlungen im vergangenen und laufenden Jahr spielte das Thema eine große Rolle, zumal die Aktionäre nach neuen gesetzlichen Vorgaben nun regelmäßig über die Managersaläre und die Vergütungssysteme abstimmen dürfen. Dabei hat mancher Konzern erheblichen Gegenwind zu spüren bekommen (siehe Tabelle).

Auch wenn eine echte Diskussion auf den virtuellen Aktionärstreffen nicht möglich ist – die Vergütung und deren Darstellung seien auch über die vorab einzureichenden Fragen intensiv beleuchtet und in vielen Fällen negativ bewertet worden, unterstreicht Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Aktionärsvereinigung DSW. Im Dax kassierte die Deutsche Telekomdas schlechteste Ergebnis mit nur 72,7% Ja-Stimmen. Hier nahmen die Investoren Anstoß an diskretionären Bezahlungen wie Sonderboni für besondere Leistungen von Managern.

„Besonders kritische Punkte, wie Sonderboni zum Ausgleich entfallener Short Term Incentives, wie sie bei SAP oder auch Thyssenkrupp gewährt wurden, stoßen bei den Aktionären ebenso auf Widerstand und teilweise auf Unverständnis wie zu hoch angesetzte oder zu stark angehobene Maximalvergütungen“, erklärt Tüngler im Pressegespräch. Wer auf der einen Seite „medienwirksam Verzicht übt“ und „freiwillig“ auf Vergütungen verzichtet, um in Coronazeiten Solidarität zu demonstrieren, könne nicht später über Sonderboni eine Kompensation entgegennehmen. In Pandemiezeiten sei es entscheidend, einen Ausgleich aller Interessen zu finden, indem alle Betroffenen ihren Beitrag leisteten, meint der Aktionärsvertreter. Auch das gehört für ihn zur Nachhaltigkeitsdebatte.

Aus Sicht der DSW haben die Unternehmen sehr unterschiedlich auf die neuen gesetzlichen Anforderungen zur Vorstandsvergütung reagiert. Es habe sich gezeigt, dass unter dem Regime von Arug II nach wie vor ein breites Spektrum möglich sei: „Sowohl eine intransparente und weitgehend unverständliche Darstellung des Vergütungssystems als auch eine ausgesprochen klare und aktionärsfreundliche“, stellt Tüngler fest. Die gesetzliche Anforderung, dass die Systeme „klar und verständlich“ sein sollen, werde in vielen Unternehmen zum „Lippenbekenntnis“. Tüngler verweist auf unterschiedliche Mängel: Die zugrunde liegenden Zahlen in Euro fehlen, oder es werden nur Spannen für die einzelnen Vergütungselemente angegeben, die Performance-Kennziffern werden nur beispielhaft benannt, oder die Systeme sind so komplex, dass eine allgemein verständliche Darstellung nicht möglich ist. Die DSW hält es in diesem Zusammenhang für unerlässlich, weiterhin die etablierten Kodex-Tabellen zu verwenden, um gewährte und zugeflossene Beträge darzustellen. Als positives Beispiel für ein transparentes und verständlich dargestelltes System hebt Tüngler lobend den Versicherungskonzern Allianz hervor.

Gunther Friedl, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling an der TU München, weist darauf hin, dass die gewährten Vorstandsgehälter 2020 zwar um 3,3% gesunken seien, dies aber nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass der Abstand zum Durchschnittsgehalt der übrigen Mitarbeitenden immer noch gewaltig sei. Im Schnitt verdienten Dax-Vorstände mit 3,4 Mill. Euro das 48-Fache der sonstigen Belegschaft.

Kritische Vergütungsvoten
Ja-Stimmen in %
Unternehmen20212020
Dax:
Deutsche Börse94,9765,45
Deutsche Telekom72,70
SAP78,42
Adidas83,41
Munich Re86,25
Delivery Hero86,36
MDax:
Freenet34,42
Morphosys36,18
Rheinmetall92,6143,14
Hellofresh45,62
Zalando72,27
Nemetschek74,83
Commerzbank76,45
United Internet77,71
LEG Immobilien77,83
Quelle: DSWBörsen-Zeitung