VDMA

Maschinenbauer kappen Prognose

Im deutschen Maschinenbau wird die Produktion angesichts von Lieferkettenproblemen und Materialengpässen im laufenden Jahr doch nicht so stark zulegen wie zuletzt erhofft. Weil bei den Firmen 2021 aber eine regelrechte Flut an Aufträgen eingegangen ist, hellen sich gleichzeitig die Aussichten für 2022 auf.

Maschinenbauer kappen Prognose

kro Frankfurt – Im deutschen Maschinen- und Anlagenbau haben sich die Erwartungen an das laufende Ge­schäftsjahr wegen der hartnäckigen Materialengpässe und Lieferkettenschwierigkeiten wieder etwas eingetrübt. Statt des noch im Oktober pro­gnostizierten Produktionszuwachses von 10 % geht der Branchenverband VDMA jetzt von einem preisbereinigten Plus von 7 % im Vergleich zum Vorjahr aus.

„Das mit der vorherigen Prognose hätte funktionieren können, wenn nicht insbesondere in den letzten vier, fünf Monaten die Lieferengpässe die Produktion ein stückweit heruntergebremst hätten“, sagte Verbandspräsident Karl Haeusgen auf der Online-Jahrespressekonferenz. „Wir gehen davon aus, dass wir eine Entschärfung der Lieferkettensituation voraussichtlich erst im zweiten Quartal, beziehungsweise gegen Mitte des Jahres 2022 sehen werden.“

Bei Chips und anderen Elektronikkomponenten könnten sich die Probleme womöglich noch ein Stück länger hinziehen. Hier sei die Sorge der Unternehmen denn auch besonders groß, wie eine Umfrage unter 521 Mitgliedsfirmen im Dezember gezeigt habe. Demnach hätten 86 % der Befragten angegeben, merkliche oder gravierende Probleme bei der Versorgung mit Elektronik-Komponenten zu haben. 65 % berichteten zudem von gleichen Schwierigkeiten beim Bezug von Metallen.

Als „erste Lehre“ würden die Un­ternehmen derzeit vor allem mit der Umstellung einer Einlieferanten- auf eine Mehrlieferantenstrategie sowie mit einer regionalen Ausweitung der Lieferketten reagieren, sagte Haeusgen. In der Umfrage hatten 82 % angegeben, solcherlei Maßnahmen in Erwägung zu ziehen. Auch mit anderen Themen wie eine erhöhte Lagerhaltung oder mehr Eigenfertigung würden sich die Unternehmen derzeit „sehr intensiv“ beschäftigen, sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. „Einige davon sind noch nicht zu Schlüssen gekommen, wie man damit in Zukunft umgeht, weil das wirklich auch schwierig ist und oft tiefe Eingriffe in die Organisation erfordert.“

Für das Jahr 2022 rechnet der Verband nun wegen des hohen Auftragsbestandes mit einem Produktionszuwachs von 7 %. Hier waren zuletzt noch 5 % angepeilt worden. Allein in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres waren die Ordereingänge real um 34 % gestiegen. „Wir sehen bisher praktisch keine Stornierungen in der Branche“, sagte Verbandspräsident Haeusgen, der seit 2019 Aufsichtsratschef beim Münchener Maschinenzulieferer Hawe Hydraulik ist. Doch um die Bestellungen auch abzuarbeiten, sei die Gewinnung von qualifiziertem Personal entscheidend.

Mehr als 70 % der Unternehmen wollen ihre Belegschaft laut Umfrage künftig erweitern. Gleichzeitig be­richten fast genauso viele aber hier von merklichen oder gravierenden Problemen. Tatsächlich wird der Fachkräftemangel in Verbindung mit dem demografischen Wandel in Zukunft als größte Herausforderung von den Unternehmen erachtet – größer noch als die Digitalisierung oder die Dekarbonisierung.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, müssten die Unternehmen zum einen ihre zahlreichen Programme zur Anwerbung und Ausbildung von Personal noch besser kommunizieren, sagte Haeusgen. Zum anderen müsse die qualifizierte Zuwanderung in Deutschland „erheblich“ gestärkt werden. Entsprechende Lösungsvorschläge zu dem Thema seien „eine der großen politischen Herausforderungen für die Ampel-Regierung.“ Dabei gebe es im Koalitionsvertrag Hinweise, dass sich die deutsche Migrationspolitik künftig am kanadischen Punktesystem orientieren könnte, sagte Brodtmann. Indem bei der Einwanderung verstärkt auch auf bestimmte Fähigkeiten geachtet werde, ließen sich Lücken schließen. „Das hat es in der Vergangenheit nicht gegeben, doch zumindest in Kanada funktioniert das nicht allzu schlecht“, so Brodtmann.

Applaus gibt es vom VDMA auch mit Blick auf andere Schwerpunkte im Koalitionsvertrag. So sei etwa die bessere Ausstattung von Behörden zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ein „entscheidender Hebel“, um die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien zu erreichen, sagte Haeusgen. Auch unterstütze der Verband den zeitlich befristeten Vorrang von erneuerbaren Energien bei der Schutzgüterabwägung.

Bei den Freihandelsabkommen schieße die Regierung allerdings über das Ziel hinaus. „Wenn wir Freihandelsabkommen mit anderen Politikfeldern zu sehr überfrachten, werden wir keine mehr abschließen“, warnte Verbandspräsident Haeusgen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.