Nachrangige Finanzierungsformen für Erneuerbare-Energien-Projekte
– Herr Kuhn, was hat es mit dem neuen Finanzierungstrend auf sich?Kuhn: Aufgrund der Niedrigzinsphase diversifizieren institutionelle Investoren ihre Anlageportfolios vermehrt mit Alternative Investments. Hierzu zählen Investitionen in Infrastrukturprojekte, insbesondere auch erneuerbare Energien. Bisher wurden von Versicherungen und Pensionskassen indirekte Fondsinvestments als Anlageform bevorzugt. Mit zunehmender Erfahrung im Umgang mit der neuen Assetklasse gehen allerdings wichtige Vorteile einer indirekten Anlage verloren und Direktinvestitionen gewinnen an Bedeutung. Da die Eigenkapitalrenditen aufgrund der gestiegenen Wettbewerbssituation bei Verkaufsprozessen unter Druck sind, ist ein klarer Trend hin zu fremdkapitalnahen Anlagen und speziell nachrangigen Finanzierungen zu beobachten. Für Investoren gibt es hier die Möglichkeit, bei einem niedrigeren Risikoprofil annähernd eine Renditeparität zu Eigenkapitalrenditen zu erzielen.- Durch politische Entscheidungen geraten erneuerbare Energien zunehmend unter Druck. Wie ist der Bedarf an derartigen Finanzierungsformen in dem Umfeld?Kuhn: In der Tat ist das aktuelle Marktumfeld sehr herausfordernd. Aufgrund von EU-Vorgaben wechseln fast alle EU-Staaten in Ausschreibungsverfahren. Dies stellt eine Abkehr von festen Einspeisevergütungen dar. Neue Wind- und Solarprojekte müssen sich heute vorwiegend in einem Preiswettbewerb durchsetzen. Für Projektentwickler reduziert sich damit die Planungssicherheit erheblich; diese stehen vor der Aufgabe, sich strategisch neu auszurichten. Gerade größere Projektentwickler denken in diesem Zusammenhang darüber nach, Akquisitionen zu tätigen, ins Ausland zu expandieren oder Projekte in den Eigenbestand zu übernehmen, um ihre Einnahmesituation langfristig zu stabilisieren. Genau an dieser Stelle können nachrangige Finanzierungen zum Tragen kommen.- Welche Einsatzgebiete gibt es für Nachrangfinanzierungen?Kuhn: Im Wesentlichen können Nachrangfinanzierungen zur Eigenkapital-Rekapitalisierung in Bestandsprojekten oder auch im Bau befindlichen Projekten eingesetzt werden, die für den Eigenbestand vorgesehen sind. Gebundene Liquidität in Form von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen kann durch dieses Instrument ausfinanziert werden. Einzubringende Eigenmittel bei Neuprojekten können von Anfang an ersetzt werden. Daneben kann Mezzanine-Kapital bei Brücken- oder Zwischenfinanzierungen sowie Akquisitionsfinanzierungen zur Übernahme von Drittprojekten oder Pipelines zum Einsatz kommen.- Herr Gölz, wie sieht eine übliche Struktur einer solchen Finanzierung aus?Gölz: In der Regel handelt es sich um Holdco-Strukturen. Dies bedeutet, dass die Finanzierung auf Ebene einer Holding-Gesellschaft, die das oder die Projekt/e hält, in Form einer Fremdkapitalstruktur ausgereicht wird. Die Mezzanine-Position ergibt sich rein aus dem strukturellen Nachrang zu den Senior-Finanzierern auf Ebene der jeweiligen Projektgesellschaften. Ein strukturellerer Nachrang liegt insofern vor, da die Ansprüche der Senior-Finanzierer direkt aus dem operativen Cashflow der Projektgesellschaft bedient werden können. Die Mezzanine-Finanzierer werden üblicherweise allein über die Ausschüttungen der Projektgesellschaft(en) an den Gesellschafter/Holdco zurückgeführt.- Welche rechtlichen Hürden sind zu beachten?Gölz: Mezzanine-Finanzierer sind üblicherweise nur bereit, die Umsetzung der zuvor beschriebenen Strukturen mitzutragen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: erstens die prognostizierten Ausschüttungen müssen stabil sein, zweitens ein etwaiger Anspruch auf die Ausschüttungen muss zugunsten der Mezzanine-Finanzierer besichert werden können und drittens aus der Person des Darlehensnehmers der Mezzanine-Finanzierung sollten keine zusätzlichen Risiken erwachsen. Diese Punkte sind im Rahmen einer rechtlichen Prüfung zu bestätigen, wobei die wesentlichen Regelungen zu den Ausschüttungen in den Senior-Verträgen im Fokus stehen. Gegebenenfalls sind rechtliche Vorkehrungen vor der Umsetzung solcher Strukturen zu treffen.—-Alexander Kuhn ist Geschäftsführer der Capcora GmbH, eines auf Finanzierungen spezialisierten Beratungsunternehmens. Dr. Jens Gölz ist Rechtsanwalt bei Allen & Overy. Die Fragen stellte Walther Becker.