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Shell erwägt Übernahme des Konkurrenten BP

In der Ölindustrie kochen derzeit wieder Gerüchte über eine Übernahme von BP durch Shell hoch. Kreisen zufolge wartet Shell derzeit noch auf einen weiteren Verfall des Aktienkurses von BP.

Shell erwägt Übernahme des Konkurrenten BP

Shell erwägt Übernahme von BP

Eine der größten Übernahmen in der Ölindustrie bahnt sich an – Bewertung entscheidend

dpa-afx New York

In der Ölindustrie könnte es demnächst zu einer Megaübernahme kommen. Shell arbeite mit Beratern an der Prüfung eines möglichen Kaufs von BP, berichtete Bloomberg unter Berufung auf Insider. BP wird an der Börse aktuell mit umgerechnet knapp 66 Mrd. Euro bewertet. Shell ist derzeit gut 175 Mrd. Euro schwer.

Eine Fusion von Shell und BP wäre eine der größten Übernahmen der Ölindustrie. Ein solcher Schritt wird seit Jahrzehnten immer wieder diskutiert. Das kombinierte Unternehmen könnte so zu den bislang größeren US-Rivalen aufschließen.

Am Montag stieg die BP-Aktie auf der Handelsplattform Tradegate um knapp 3%, Shell verloren hingegen 1,4%. Die Londoner Börse war wegen eines Feiertages geschlossen.

BP enttäuscht Anleger mit weniger Aktienrückkäufen

Shell warte auf einen weiteren Verfall des Aktienkurses von BP und der Ölpreise, hieß es in den Kreisen weiter. Das BP-Papier hat binnen eines Jahres fast ein Drittel eingebüßt. Ende April hatte Konzernchef Murray Auchincloss Anleger mit einer weiteren Reduzierung von Aktienrückkäufen erneut enttäuscht. Sie gelten als ein wichtiger Faktor, der die Branche für Anleger attraktiv macht. Ein wegen schlechterer Geschäfte zurückgehender Barmittelzufluss und steigende Schulden machen es BP zunehmend schwer, noch Geld an die Aktionäre auszuschütten.

In der Kritik steht das Unternehmen auch wegen der 180-Grad-Wende zurück zum Öl- und Gasgeschäft, die allerdings auch von Rivalen vollzogen wurde. Auchincloss-Vorgänger Bernard Looney hatte noch den Bereich Alternative Energien stark ausbauen wollen. Zusätzliche Unruhe bringt der US-Hedgefonds Elliott, der mittlerweile eine größere Aktienposition hält und stärkere Kostensenkungen fordert. Zudem soll der Konzern weitere Unternehmensteile veräußern und mehr Barmittel anhäufen. Bis 2027 soll BP nach Vorstellungen des Investors einen freien Barmittelzufluss von 20 Mrd. Dollar erzielen – das liegt um etwa 40% über dem derzeitigen Ziel des Unternehmens.

Konjunktursorgen drücken auf Ölpreis

Die Ölpreise sind gemessen am Preis für ein Barrel der Sorte WTI innerhalb eines Jahres um gut ein Fünftel gefallen. Dafür gibt es mehrere Gründe. So belasten immer wieder Ängste um einen Einbruch der Weltwirtschaft aufgrund der US-Zollpolitik die Preise. Im April hatte zudem die Ankündigung einer deutlichen Erhöhung der Fördermenge durch Opec+, in der neben Opec-Staaten auch andere wichtige Ölstaaten wie Russland organisiert sind, den Markt nach unten gedrückt. Am Samstag einigte sich die Gruppe auf eine weitere Anhebung.

Shell habe Durchführbarkeit und Vorteile einer Übernahme in den vergangenen Wochen mit seinen Beratern ernsthafter diskutiert, hieß es in den Kreisen weiter. Eine endgültige Entscheidung dürfte von der Entwicklung des BP-Aktienkurses abhängen. Die Erwägungen befänden sich in einem frühen Stadium und Shell könnte sich auch dazu entschließen, sich auf Aktienrückkäufe und kleinere Übernahmen zu konzentrieren.

Ein Shell-Sprecher wiederholte der Nachrichtenagentur zufolge frühere Aussagen des Unternehmens, nach denen sich das Unternehmen auf seine Leistung, Disziplin und die Vereinfachung von Strukturen konzentrieren wolle, um den Wert für die Aktionäre zu steigern. BP wollte sich nicht äußern.

Shell will Messlatte für Zukäufe hoch legen

Shell-CEO Wael Sawan erklärte am Freitag, dass der Konzern „selbstverständlich“ weiter nach anorganischen Möglichkeiten suchen werde, dabei aber umsichtig vorgehen werde und „die Messlatte hoch liege“. Jeder Deal müsse den freien Mittelfluss pro Aktie in relativ kurzer Zeit steigern, sagte er. Shell wolle „Wertjäger“ werden, das bedeute seiner Meinung nach, weitere Shell-Aktien zurückkaufen.

Shell müsse erst „unser eigenes Haus in Ordnung“ bringen, bevor das Unternehmen größere Akquisitionen in Betracht ziehe. Shell habe trotz der Fortschritte der letzten Jahre „noch viel zu tun“, um sein volles Potenzial auszuschöpfen. Der Konzern schließe sich Transaktionen mit Potenzial zur Wertschöpfung an, wie beispielsweise beim Kauf des Flüssigerdgashändlers Pavilion Energy, so Sawan.

Eine Übernahme würde Shells Förderwachstum deutlich stärken und wieder Zugang zu den USA ermöglichen, nachdem das Unternehmen 2021 seine Schiefergasvorkommen im Permian Basin an ConocoPhillips verkauft hatte.