OLG Hamm weist Klimaklage gegen RWE zurück
OLG weist Klimaklage gegen RWE zurück
Richter: Haftung aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen – Keine Revision zugelassen – „Viele Klagen in der Schublade“
ab Köln
Die Klimaklage eines peruanischen Bauern gegen RWE ist vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG) endgültig gescheitert. Das Gericht wies die Berufungsklage am Mittwoch zurück (AktZ: 5 U 15/17) und schloss eine Revision aus. In dem Fall, der Gerichte seit fast zehn Jahren beschäftigt hatte, hatte der Landwirt Saúl Luciano Lliuya RWE auf finanzielle Unterstützung für Maßnahmen zum Schutz seines Hauses vor Folgen der Gletscherschmelze verklagt. Lliuya macht den Versorger für den Klimawandel und seine Folgen mitverantwortlich. Der Streitwert beläuft sich auf weniger als 20.000 Euro.
Der Vorsitzende Richter Rolf Meyer hob hervor, dass die Klage an sich schlüssig sei. Die Klage sei nur deshalb unbegründet, weil „keine konkrete Gefahr“ für das Grundstück des Klägers bestehe. Das hatte eine Begutachtung vor Ort ergeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Wasser des Gletschersees das Haus des Klägers innerhalb der nächsten 30 Jahre erreiche, liege bei nur etwa 1%. Dieser Wert sei zu gering, um eine Haftung zu begründen. Das Haus der Peruaners liegt an einem Gletschersee in der Stadt Huaraz am Fuße der Anden.
Kein Freibrief
Lliuya hatte 2015 vor dem Landgericht Essen Klage gegen RWE eingereicht, war damit jedoch gescheitert. Mit Unterstützung der Umweltschutzorganisation Germanwatch ging der Landwirt vor dem OLG Hamm in Berufung. Dass die zweite Instanz die Beweisaufnahme zuließ, hatten die Klimaschützer schon als Erfolg gewertet. Es folgte ein zweistufiges Verfahren, dass nun an der ersten Hürde scheiterte. Im nächsten Schritt hätte der Kausalzusammenhang zwischen der potenziellen Gefährdung des Grundstücks und den von RWE ausgestoßenen CO2-Emissionen hergestellt werden müssen.
Wenngleich RWE die Entscheidung begrüßte, ist das Urteil nicht als Freibrief zu verstehen. Denn das Gericht betonte, dass der Kläger einen Haftungsanspruch haben könnte. „Falls eine Beeinträchtigung drohe, könne der Verursacher von CO2-Emissionen verpflichtet sein, Maßnahmen zur Verhinderung zu ergreifen.“
RWE steht dagegen auf dem Standpunkt, dass eine solche zivilrechtliche „Klimahaftung“ nach deutschem Recht unzulässig ist. Zugleich warnen die Essener vor den Folgen für den Industriestandort. „Damit könnten letztlich gegen jedes deutsche Unternehmen Ansprüche aus Klimafolgeschäden irgendwo auf der Welt geltend gemacht werden.“
„Neue Ära der Klima-Rechtsprechung“
Obwohl die Klage scheiterte, handelt es sich aus Sicht von Klimaschützern um ein wegweisendes Verfahren. Große CO2-Emittenten könnten zivilrechtlich belangt werden, schreibt der World Wildlife Fund (WWF). „Damit kann eine neue Ära in der Klima-Rechtsprechung beginnen.“ Bei dem vorliegenden Fall handele es sich um die weltweit einzige Klage auf unternehmerische Haftung für Klimarisiken, die es in die Beweisaufnahme geschafft habe, heißt es.
Kläger Lliuya wertete das Urteil gleichermaßen als Erfolg. „Auch wenn es in meinem Fall nicht weitergeht, hat meine Klage Wichtiges erreicht“, sagte der Peruaner in einer Videokonferenz laut der Nachrichtenagentur Reuters. Umwelt-Anwältin Roda Verheyen, die Lliuya vor Gericht vertrat, hatte schon vor der Urteilsverkündung betont, noch viele weitere Klagen in der Schublade zu haben.