Bezahlfernsehen

Orange trennt sich von OCS

Die Bezahlfernsehsender des französischen Telekomriesen sind trotz eines Abkommens mit dem US-Sender HBO seit ihrer Gründung defizitär geblieben.

Orange trennt sich von OCS

wü Paris

Der französische Telekomriese Orange und die Bezahlsendergruppe Canal+ sind sich handelseinig geworden. Die Vivendi-Tochter wird von Orange die Bezahlfernsehsender OCS und das dazugehörige Filmstudio Orange Studio übernehmen. Beide Unternehmen unterzeichneten jetzt eine entsprechende Kaufabsichtserklärung. Sie wollen nun mit Vertretern der Belegschaft über die geplante Übernahme sprechen und die Wettbewerbsbehörden informieren, heißt es weiter. Canal+ hält bereits seit dem Jahr 2012 eine Beteiligung an OCS in Höhe von 33,34% und soll nun zum alleinigen Aktionär werden.

Angaben zu Preis und zeitlichen Abläufen machten Orange und die Vivendi-Tochter nicht. Canal+ müsse ihren Informationen zufolge nichts für die Übernahme zahlen, berichtet die Wirtschaftszeitung „Les Echos“. Stattdessen zahle der Telekomkonzern Canal+ Geld. Am Ende der von der Geschäftsbank des ehemaligen Vivendi-Chefs Jean-Marie Messier organisierten Verhandlungen sei es Orange jedoch gelungen, bessere Konditionen herauszuholen, als Canal+ ursprünglich bereit gewesen sei, zuzugestehen.

Zwei Jahre verhandelt

Orange und Canal+ haben zwei Jahre lang über den Verkauf von OCS verhandelt. Im November hieß es noch, der Telekomkonzern müsse 100 bis 150 Mill. Euro an die Bezahlfernsehsender-Gruppe zahlen. Jetzt sollen es weniger als 100 Mill. Euro sein. Orange soll offenbar für künftige Bargeldmittelabflüsse von OCS aufkommen und für einen bestimmten Zeitraum Garantiesummen zahlen, dafür übernimmt Canal+ wohl die Mitarbeiter von OCS.

Der Telekomriese hatte OCS (Orange Cinéma Séries) 2008 gegründet. Es ist der zweitgrößte Bezahlfernsehsender-Anbieter in Frankreich nach Canal+. Obwohl die Orange-Tochter ein Abkommen mit dem zu Warner Bros Discovery gehörenden US-Sender HBO hatte, so dass sie dessen Serien wie „Games of Thrones“ und „Die Sopranos“ exklusiv in Frankreich ausstrahlen konnte, soll sie seit ihrer Gründung Verluste in Höhe von bis zu 500 Mill. Euro angehäuft haben.

Der Vertrag mit HBO ist gerade Ende des Jahres 2022 ausgelaufen. Ohne die Serien des US-Senders dürften sich die Verluste von OCS erhöhen. Dennoch sollen sich Mediawan, die Film- und Hörfunkgruppe von Xavier Niel, Matthieu Pigasse und Pierre-Antoine Capton, sowie Warner und andere französische Investoren ebenfalls für die Orange-Tochter mit ihren rund 3 Millionen Kunden interessiert haben. HBO wiederum wollte eigentlich in diesem Jahr seinen Streamingdienst HBO Max in Frankreich lancieren. Doch Warner Bros Discovery will nun die Inhalte von HBO und Discovery+ zusammenlegen und einen neuen Streamingdienst gründen, der erst im Jahr 2024 auch in Europa starten soll.

Die Orange-Aktie gab Montag an der Börse von Paris minimal um 0,1% auf 9,89 Euro nach, während das Papier von Vivendi leicht um 0,3% auf 9,48 Euro zulegte.

Wertberichtigt Seite 2

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