Preisanstieg bei Seltenen Erden alarmiert Industrie
Preis von Seltenen Erden alarmiert Industrie
Rohstoffindex verzeichnet deutlichen Anstieg im Mai – Maschinenbauer fordern Abbau und Verarbeitung in Europa
Die Preise für Seltene Erden sind im Mai sprunghaft gestiegen, nachdem China als global dominierender Produzent im April Exportkontrollen verhängt hatte. Der Schachzug im Handelskonflikt mit den USA trifft auch die europäischen Unternehmen hart. Allein die neue EU-Lagerhaltungsstrategie reicht aus Sicht des Maschinenbaus nicht, um die für zahlreiche Hochtechnologien unverzichtbaren Rohstoffe ausreichend verfügbar zu haben.
hei/das Frankfurt
Mit Exportkontrollen für Seltene Erden und Seltenerd-Magnete hat China im Handelskonflikt mit den USA nach Einschätzung von Experten einen Trumpf in der Hand, mit dem das Land der US-Regierung bereits Zugeständnisse abgerungen hat und der auch weiterhin sticht. Wie die Experten der DZ-Bank in einer aktuellen Analyse schreiben, sind Chinas Exporte bei Seltenen Erden im Mai „dramatisch eingebrochen“. Daher habe sich die Versorgungslage in den USA, aber auch in Deutschland, zugespitzt – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preise.
Wie die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft hierzulande auf Basis des von ihr ermittelten Rohstoffpreisindex mitteilt, sind die Preise für die unter dem Oberbegriff zusammengefassten Metalle im Mai auf Dollarbasis um 8% gestiegen. Die Preisausschläge für einzelne Stoffe gingen noch deutlich darüber hinaus. So verteuerte sich demnach Terbium um knapp ein Fünftel, Gadolinium um knapp 17% und Samarium um mehr als 15%.
Die Metalle sind für die Herstellung elektronischer Bauteile vor allem in der Elektronik-, Auto- und Rüstungsindustrie von zentraler Bedeutung. China habe einen starken geopolitischen Vorteil ausgespielt, da das Land einen Großteil der Förderung und nahezu die gesamte Verarbeitung dieser kritischen Rohstoffe dominiert, wie die DZ Bank hervorhebt. In der Volksrepublik werden nach unterschiedlichen Schätzungen an die 90% der weltweit benötigten Seltenen Erden für die industrielle Verwendung aufgearbeitet.
Da die Nachfrage nach Seltenen Erden unter anderen durch das politisch getriebene starke Wachstum der Rüstungsproduktion und durch den Hochlauf der Elektromobilität absehbar weiter anschwellen wird, sollte die EU dringend in neue Liefer- und Produktionsketten investieren, raten sowohl Marktbeobachter als auch Industrie.
Europa krisenfest machen
Der Maschinenbauverband VDMA warnt in diesem Zusammenhang, dass die EU-Lagerhaltungsstrategie nicht ausreicht, um Engpässe und Preissprünge zu verhindern. „Die aktuellen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von kritischen Rohstoffen aus China“ zeige, wie wichtig es sei, Europa krisenfest zu machen. „Der Aufbau von Rohstoffvorräten kann ein Baustein hierfür sein, ist aber nicht ausreichend“, sagt Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Nötig sei „ein ganzes Bündel von Maßnahmen“, unter anderem Anreize für die privatwirtschaftliche Lagerhaltung aber auch ein Rahmen für Investitionen in Kreislaufwirtschaft. „Letztlich müssen wir aber auch in Europa dazu kommen, Rohstoffe abzubauen und zu verarbeiten“.
Brodtmann fasst damit ein heißes Eisen an, denn Seltene Erden kommen zwar auf dem gesamten Globus vor und sind damit keineswegs selten. Allerdings treten sie kaum konzentriert auf und ihre Gewinnung ist daher oft wenig rentabel. Hinzu kommen enorme Umweltschäden bei Abbau und Weiterverarbeitung.
Zudem: Lagerstätten außerhalb Chinas befinden sich vorwiegend in den anderen BRICS-Staaten, „die sich im Falle eines Konfliktszenarios womöglich eher auf die Seite Chinas schlagen würden“, wie die Experten der DZ Bank warnen. Auch in der Ukraine gibt es vermutlich größere Vorkommen – die Lagerstätten liegen aber einerseits in russisch besetzten Gebieten, andererseits hat US-Präsident Donald Trump bereits Ansprüche angemeldet mit seinem Rohstoffabkommen.
Vorbild Japan
Wie eine ganze Volkswirtschaft ihre Abhängigkeit von Chinas Rohstoffen reduzieren kann, hat Japan gezeigt nach einem Lieferstopp von Seltenen Erden vor 15 Jahren. Während Japan früher 90% des Bedarfs beim Nachbarn orderte, sind es heute noch 60%. Die Lieferlücke hat unter anderem Australien geschlossen. Darüber hinaus haben japanische Unternehmen das Recycling vorangetrieben, alternative Technologien entwickelt und setzen auf strategische Rohstoffreserven. „Dies gelang allerdings nur durch milliardenschwere staatliche Förderung“, merken die Experten der DZ Bank an.
Dass Europa die Abhängigkeit von China reduzieren muss, haben auch die Brüsseler Gesetzgeber erkannt und im vergangenen Jahr den Critical Raw Materials Act verabschiedet – mit ähnlichen Maßnahmenbündeln wie in Japan. Passiert ist seitdem jedoch wenig. Deshalb behelfen sich viele Unternehmen selbst: mit weltweiten Einkäufen sowie dem Verzicht auf Seltene Erden in der Produktion, etwa bei Motoren für E-Autos.
Auch wenn sich aktuell eine gewisse Entspannung bei der Versorgung abzeichnet, nachdem die USA und China sich im Handelsstreit angenähert haben, warnt die DZ Bank vor einem Nachlassen der Bemühungen: „Deutschland sollte den Weckruf ernst nehmen.“ Denn China könne jederzeit wieder die Rohstoff-Lieferungen verknappen.