Kritische Infrastruktur

Regierung weitet Sicherheitsprüfung im Mobilfunk aus

Die Sorge, dass kritische Infrastruktur in Deutschland durch Bauteile chinesischer Telekomausrüster kompromittiert werden könnte, hat die Regierung zu einer verschärften Anwendung des Sicherheitsgesetzes veranlasst.

Regierung weitet Sicherheitsprüfung im Mobilfunk aus

ahe/hei Berlin/Frankfurt

Die Bundesregierung hat eine neue, weiter gehende Prüfung kritischer Komponenten in deutschen Mobilfunknetzen angestoßen, die eine Verbannung der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE nach sich ziehen könnte. So sollen nun erstmals auch bereits in den Netzen verbaute Komponenten nachträglich geprüft werden, hieß es. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte damit am Dienstag in Berlin Berichte verschiedener Medien und ließ wissen, die Komponenten sollten auf etwaige Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie eines möglichen Missbrauchs überprüft werden.

Welche Bauteile genau gemeint sind, blieb offen. Natürlich gehe es auch darum, nicht zu abhängig von bestimmten Anbietern zu werden, sagte der Sprecher. Dass sich diese Ex-post-Prüfung, die noch mehrere Monate dauern wird, speziell gegen die chinesischen Anbieter Huawei und ZTE richtet, wollte er allerdings ausdrücklich nicht bestätigen.

Die Grundlage für die Prüfung in den Kern- und Zugangsnetzen wurde seinen Angaben zufolge schon 2021 im IT-Sicherheitsgesetz geschaffen. Während die Telekomnetzbetreiber bisher nur dazu verpflichtet waren, auf Basis ihres Sicherheitskonzepts kritische Komponenten, die sie neu verbauen wollten – etwa im neuen 5G-Standard –, anzuzeigen, soll diese „Ex ante“-Prüfung nun durch eine „Ex post“-Genehmigung ergänzt werden. Damit würde die Anwendung des Gesetzes verschärft, denn es könnten auch Komponenten, die schon in 5G-Netzen eingebaut worden seien, untersagt werden. Sie müssten dann demontiert werden. Nach Angaben des Sprechers wird von der Bundesregierung zugleich geprüft, ob es bezüglich des Schutzes der kritischen Infrastruktur „weiteren gesetzlichen Handlungsbedarf“ gibt, um Sicherheitsrisiken künftig noch besser ausschließen zu können. Dies betreffe nicht nur die Telekommunikationsbranche, sondern auch die Energieinfrastruktur, hieß es in Berlin.

„Unsere Netze müssen absolut integer bleiben“, forderte auch Bundesfinanzminister Christian Lindner. „Wir können nicht abhängig sein von Komponenten einzelner Hersteller. Und erst recht darf nicht kritische Infrastruktur kompromittierbar sein durch Hintertüren“, sagte der FDP-Chef dem Sender Welt TV.

Die drei großen Telekomnetzbetreiber hierzulande, Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland, wurden vom Bundesinnenministerium gebeten, eine Liste besagter Bauteile bis Anfang April einzureichen. Danach dürfte eine Überprüfung mehrere Monate dauern. Es blieb zunächst unklar, ob die Anfrage nur Bauteile im neuen 5G-Netz betrifft. Bei dem neusten Mobilfunkstandard waren chinesische Anbieter beim Bau des sogenannten Kernnetzes, das als besonders sicherheitsrelevant gilt, bereits ausgeschlossen worden. Im Antennennetz (RAN) hat Huawei indes hierzulande einen Marktanteil von rund der Hälfte. Die Netzwerktechnik der Chinesen gilt als hochperformant und derjenigen anderer Anbieter teilweise überlegen. Die Netzbetreiber haben einen Ausschluss Huaweis in der Vergangenheit kritisch gesehen. Während Telefónica Deutschland bereits durchblicken ließ, dass bei einem eventuell notwendigen Austausch von Komponenten Schadenersatz fällig wäre, hieß es vom Innenministerium, eine Entschädigung der Mobilfunkfirmen sehe das Gesetz nicht vor.

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