Impfstoffe

Schwerer Rückschlag für Curevac

Der von Curevac gegen Corona entwickelte Impfstoff hat in der zulassungsrelevanten Studie nicht das erhoffte Ergebnis gezeigt. Der Bund verteidigt seinen Einstieg beim Tübinger Biotechunternehmen.

Schwerer Rückschlag für Curevac

swa Frankfurt – Curevac hat in der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Covid-19 eine herbe Niederlage erlitten. Das Tübinger Biotechunternehmen teilt mit, dass ihr Vakzin einer Zwischenanalyse zufolge in der zulassungsrelevanten Studie nicht die erhoffte Immunabwehr ausgelöst hat. Es habe sich eine vorläufige Wirksamkeit von 47% gegen eine Covid-19-Erkrankung jeglichen Schweregrades gezeigt, heißt es.

Das Unternehmen begründet den Misserfolg mit der inzwischen hohen Zahl an Virusmutationen, die zum Teil eine höhere Ansteckungsgefahr und schwerere Krankheitsverläufe mit sich bringen. „Wir hatten auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft, haben aber gesehen, dass es bei dieser beispiellosen Bandbreite an Varianten eine Herausforderung darstellt, eine hohe Wirksamkeit zu erzielen“, sagt CEO  Franz-Werner Haas. Curevac werde die Studie bis zur finalen Analyse fortsetzen. „Die endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern“, ergänzt der Manager.

An der Börse löste die Nachricht einen Kurssturz aus. Curevac ist seit August 2020 an der Nasdaq notiert. Die Titel verloren gestern zum Handelsauftakt knapp 50% auf 48 Dollar. Der Marktwert schrumpfte auf 9 Mrd. Dollar. Das Unternehmen war zu 16 Dollar je Aktie an die Börse gegangen. Der Start war fulminant mit einem Kurssprung von 250% auf 55,90 Dollar am ersten Handelstag.

Der Bund hatte in einer Finanzierungsrunde vor dem IPO über die staatliche Förderbank KfW 300 Mill. Euro investiert und sich anfangs mit 23% beteiligt. Weitere Investoren in der auf 560 Mill. Euro ausgelegten Finanzierungsrunde waren der Pharmakonzern GSK mit 150 Mill. Euro sowie der Staatsfonds von Katar. Beim Börsengang hatte Curevac zusätzlich 193 Mill. Euro eingesammelt und dann im Januar 2021 über eine Kapitalerhöhung zu 90 Dollar je Aktie knapp 520 Mill. Dollar ins Unternehmen geholt. Der Anteil des Bundes verwässerte auf 16%. Größter Aktionär ist nach wie vor SAP-Gründer Dietmar Hopp mit 47%.

Der Einstieg des deutschen Staates hatte Kritik ausgelöst, die mit dem Fehlschlag erneuert wird. „Der Fall Curevac zeigt wieder einmal, dass Politiker keineswegs die besseren Investoren sind“, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr, zur Nachrichtenagentur Reuters. „Der Staat ist ohne Not in das Unternehmen eingestiegen, das ja im letzten Frühjahr auch genügend private Investoren gefunden hatte. Auch diese verlieren jetzt Geld, aber es ist ihr eigenes, nicht das der Steuerzahler.“ Da der Bund sein Paket vor dem Börsengang geschnürt hat, ist das Investment indes auch nach dem Kursverfall deutlich im Plus und bringt gemessen am aktuellen Marktwert fast 1,5 Mrd. Dollar auf die Waage.

Der Bund verteidigt den Einstieg bei Curevac und steht zu dem Engagement. „Mit der Beteiligung an Curevac verfolgte und verfolgt die Bundesregierung gesundheits- und industriepolitische Ziele“, erklärte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage von dpa-afx. Es gehe nicht nur darum, mehr Impfstoffproduktion in Deutschland und Europa anzusiedeln, sondern auch um Forschungsaktivitäten. Für die mRNA-Technologie, die auch in den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna zum Einsatz kommt, gebe es vielfältige Anwendungsbereiche, etwa in der Krebsbekämpfung, betonte eine Sprecherin.

Die Bundesregierung befürchtet keinen Rückschlag für die deutsche Impfkampagne. Nach Verzögerungen in der Impfstoffentwicklung war das Vakzin von Curevac nicht mehr in den Lieferplänen für das laufende Jahr enthalten. Die Europäische Union hatte mit dem Unternehmen die Lieferung von bis zu 405 Millionen Dosen vereinbart und eine Vorabzahlung geleistet. Curevac hatte geplant, 2021 noch bis zu 300 Millionen Dosen herzustellen, im kommenden Jahr sollte auf bis zu eine Milliarde hochgefahren werden.

Der Misserfolg von Curevac könnte in der Dosierung begründet sein. Die geringe Wirksamkeit liege „sehr wahrscheinlich an der Dosis“, sagte Peter Kremsner von der Universitätsklinik Tübingen, der die Curevac-Impfstudie leitet, zu Reuters. Eine höhere Dosierung sei aber wegen zu erwartender Unverträglichkeiten nicht möglich gewesen. Man müsse neidlos zugestehen, dass Biontech und Moderna die besseren Impfstoffe haben.