Energiewende

Deutsch-norwegische Energiepartnerschaft kommt voran

Das Partnerland der Hannover Messe soll Deutschland künftig im großen Stil mit Wasserstoff versorgen und zugleich Endlager für hier entstehendes Kohlendioxid werden. Für ersteres wollen nun die Gasnetzbetreiber Gascade und Gassco zusammenarbeiten. Für zweiteres vertiefen Open Grid Europe und Equinor ihre Kooperation.

Deutsch-norwegische Energiepartnerschaft kommt voran

Deutsch-norwegische Energiepartnerschaft kommt voran

Gasnetzbetreiber aus Kassel und Kopervik wollen bei Wasserstoff-Pipeline in der Nordsee zusammenarbeiten – Deutlicher Anstieg der Nachfrage erwartet

kro Frankfurt

Die deutsch-norwegische Partnerschaft für eine klimaneutrale Energieversorgung in der Zukunft hat sich auf der Hannover Messe auch auf unternehmerischer Ebene vertieft. Auf einer Konferenz unterzeichneten die beiden Gasnetzbetreiber Gascade aus Kassel und Gassco aus dem südnorwegischen Kopervik eine Absichtserklärung zur Schaffung einer Wasserstoff-Transportroute zwischen Deutschland und Norwegen.

Der Essener Gas-Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe (OGE) hat parallel dazu mit dem von Norwegen kontrollierten Erdölkonzern Equinor eine Absichtserklärung für eine Vertiefung der Zusammenarbeit im Bereich Carbon Management unterschrieben. Dabei will OGE das Transportnetz für hierzulande entstehendes CO2 stellen, dessen Verpressung am norwegischen Meeresboden künftig durch Equinor erfolgen soll.

„Norwegen ist unser Partner der Wahl in der Nordsee“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf der vom Land Niedersachsen und dem Bundeswirtschaftsministerium initiierten Konferenz „Renewable Dialogue – North Sea Energy Hub“. Das Land habe sich gerade in der durch den russischen Überfall auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise als verlässlicher Energielieferant erwiesen. Anfang vergangenen Jahres hatten die beiden Staaten Erklärungen für eine verstärkte Zusammenarbeit im künftigen Energie- und CO2-Management unterzeichnet.

„Aquaductus“ als deutsches Verbindungsstück

Darin ging es unter anderem um den Plan einer umfangreichen Wasserstoff-Versorgung für Deutschland durch Norwegen bis zum Jahr 2030 und den damit zusammenhängenden Aufbau einer europäischen Infrastruktur. Konkret sieht der Plan den Transport des Energieträgers unter anderem via Pipeline in der Nordsee vor, was laut einer im November veröffentlichten und von Gassco sowie der deutschen Energie-Agentur durchgeführten Machbarkeitsstudie aus technischer Sicht ab 2030 möglich sein soll. In der Studie hatten die Autoren zwei Konzepte für den Transport erörtert – eine Entscheidung hierfür soll laut dem Bundeswirtschaftsministerium Ende des Jahres getroffen werden.

Gascade entwickelt in der Nordsee eine Wasserstoff-Pipeline namens „Aquaductus“, die im Rahmen der Kooperation mit Gassco benachbarte Pipelines miteinander verbindet und eine nachgelagerte Verbindung nach Deutschland herstellen soll. Die Pipeline landet im Raum Wilhelmshaven in Niedersachsen an, von wo aus eine Onshore-Pipeline weiter nach Bunde an der deutsch-niederländischen Grenze führt. Gassco entwickelt auf norwegischer Seite die Transportinfrastruktur für den Wasserstoffexport. Mit dem Projekt „stärken wir die Angebotsseite und geben eine Antwort auf die Frage, woher der für die Energiewende benötigte Wasserstoff kommen soll – und zwar in großen Mengen und zu wettbewerbs­fähigen Konditionen“, ließ sich Gascade-Chef Christoph von dem Bussche in einer Mitteilung zitieren.

Deutschland muss importieren

Die Bundesregierung hatte ihre Nationale Wasserstoffstrategie im Juli 2023 nochmal überarbeitet und einen deutlich beschleunigten Markthochlauf in Aussicht gestellt. Im Jahr 2030 sollen sich die heimischen Elektrolysekapazitäten demnach auf mindestens 10 Gigawatt (GW) statt nur auf 5 GW belaufen. Da der dann prognostizierte Bedarf aber deutlich darüber liegt und die heimischen Produktionskapazitäten begrenzt sind, müssen künftig zusätzlich erhebliche Mengen an Wasserstoff und Wasserstoffderivaten (wie Ammoniak oder E-Fuels) importiert werden. Für den Transport sollen in Deutschland bis 2027/2028 insgesamt 1.800 Kilometer an umgerüsteten oder neu gebauten Wasserstoffleitungen als Startnetz entstehen. Das in den darauffolgenden Jahren entstehende Kernnetz soll dann 9.700 Kilometer umfassen. Die Kosten dafür werden auf knapp 20 Mrd. Euro geschätzt.

Der Aufwand könnte sich lohnen: Laut der Bundesregierung soll die heimische Wasserstoff-Nachfrage im Jahr 2045 bis zu neun Mal so hoch ausfallen wie derzeit. Der größte Bedarf wird dabei der Industrie, also etwa Chemieunternehmen und Stahlherstellern zugerechnet. Aber auch im Transportsektor soll der Energieträger künftig häufiger zum Einsatz kommen. BDI-Präsident Siegfried Russwurm hatte zum Auftakt der Hannover Messe eine schnelle Konkretisierung und Umsetzung der Wasserstoffstrategie gefordert.


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