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Unternehmen gehen Digitalisierung langsamer an

Dass die digitale Transformation bei richtiger Umsetzung für mehr Effizienz im Betriebsablauf sorgt, ist deutschen Firmen durchaus bewusst. Laut einer Umfrage wollen die Verantwortlichen ihre Investitionen im kommenden Jahr dennoch krisenbedingt zurückfahren.

Unternehmen gehen Digitalisierung langsamer an

kro Frankfurt

Unternehmen in Deutschland treten bei der digitalen Transformation angesichts zahlreicher wirtschaftlicher Krisen laut einer Umfrage vorerst auf die Bremse. Von gut 600 vom Digitalverband Bitkom befragten Firmen plant ein Drittel, im kommenden Jahr weniger Geld für die Digitalisierung als im Vorjahr in die Hand zu nehmen. In diesem Jahr trifft das lediglich auf ein gutes Fünftel zu. Gleichzeitig geht der Anteil jener, die im kommenden Jahr mehr in die Digitalisierung investieren wollen, deutlich von 43 % auf 18 % zurück.

„Gerade der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Unterbrechung der Lieferketten, die Energiekosten und die Inflation haben natürlich für einen Dämpfer gesorgt“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg bei der Vorstellung der Ergebnisse. Allerdings sei die Reaktion der Unternehmen gerade in der jetzigen Krisensituation der falsche Weg. „Ich glaube, dass man hier feststellen kann, dass Digitalisierung das beste Mittel für Widerstandsfähigkeit und Resilienz gegenüber Krisen jeder Art ist“, sagte Berg.

Grundsätzlich scheinen sich die Teilnehmer darüber auch im Klaren zu sein. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sagen mittlerweile 94 %, dass das Thema für ihr Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat −10 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2020.

Wettbewerbsfähiger

61 % stimmen zudem der Aussage zu, dass die Digitalisierung ihre Firma wettbewerbsfähiger gemacht hat. Und 51 % sehen ihre Attraktivität als Arbeitgeber dadurch erhöht − aus Sicht von Berg ist gerade das „ein ganz wichtiger Faktor. Wir hören immer wieder, dass Talente sich sehr intensiv danach umschauen, wie sich die Unternehmen eigentlich digital entwickeln.“

Den meisten Firmen fällt es bislang allerdings noch schwer, digitale Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln. Ein Drittel sieht bisweilen komplett davon ab. Als größtes Hemmnis führen die Teilnehmer dabei aber nicht, wie man vermuten könnte, den Mangel an ausgebildeten Fachkräften, die hohen Datenschutzanforderungen oder fehlende finanzielle Mittel an. Stattdessen wird schlicht die fehlende Zeit als wichtigste Hürde genannt.

„61% der Unternehmen sagen, sie haben keine Zeit, um ihr Unternehmen in die Zukunft zu bringen“, sagte Berg. „Das finde ich schon erstaunlich.“ Schwer verständlich sei für ihn auch, dass die Teilnehmer die deutsche Wirtschaft insgesamt im weltweiten Vergleich bei der Digitalisierung vornehmlich im Mittelfeld verorten (siehe Grafik). 27 % zählen Deutschland daneben zu den Nachzüglern, 8 % würden die Bundesrepublik gar als „abgeschlagen” be­zeichnen. „Das digitale Mittelfeld kann doch nicht unser Anspruch sein“, echauffierte sich Berg. „In Sachen Digitalisierung muss doch jeder wirklich eine Schippe drauflegen können.“

Politik ist gefordert

Hier sei auch die Politik gefordert. Mit 96 % würden demnach fast alle Teilnehmer der Aussage zustimmen, dass die Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Gigabit-Netze be­schleunigt und baurechtliche Hürden abgebaut werden müssen. 94 % finden zudem, dass „Fördermittel für Innovationen nicht mehr mit der Gießkanne verteilt“ werden sollten. „Das wird seit Jahren deutlich kritisiert“, erklärte Berg.

„Wenn man über 200 Mrd. Euro in die Forschung und Entwicklung steckt in den letzten sechs Jahren und dann doch trotzdem nicht merklich digital souveräner wird, dann glaube ich, läuft was in die falsche Richtung.“

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