Biosprithersteller

Verbio verdreifacht operativen Gewinn

Das Geschäft mit aus Raps, Weizen, Zuckerrüben und anderen Rohstoffen hergestelltem Biosprit boomt. Im vergangenen Geschäftsjahr hat es dem SDax-Konzern Verbio zu einer Verdreifachung des operativen Ergebnisses verholfen.

Verbio verdreifacht operativen Gewinn

kro Frankfurt

Der weltweite Hunger nach erneuerbaren Kraftstoffen und gestiegene Preise etwa für gebrauchte Pflanzen- und Tierfette haben dem Biosprithersteller Verbio im vergangenen Geschäftsjahr ein Rekordergebnis beschert. Der Ge­winn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hat sich in der Ende Juni abgelaufenen Periode mit gut 503 Mill. Euro mehr als verdreifacht, wie das Unternehmen mit Sitz in Zörbig in Sachsen-Anhalt am Dienstag mitteilte. Die Marge kletterte im gleichen Zeitraum von 16,2 % auf 27,8 %. An der Börse sorgte das für einen Kurssprung der Aktie von zeitweise fast 14 % auf 61,80 Euro.

Aus Sicht des Verbio-Gründers und Vorstandsvorsitzenden Claus Sauter hat sich durch den Krieg in der Ukra­ine der Blick auf seine Branche verändert. „Die europäische Gemeinschaft − insbesondere aber Deutschland − ist plötzlich gezwungen, sich energiepolitisch neu aufzustellen“, schrieb er in seinem Brief an die Aktionäre. Dabei spielten die aus regionalen Rohstoffen lokal produzierten erneuerbaren Energien eine maßgebliche Rolle. „Erstmals führen wir mit der Politik Gespräche auf Augenhöhe und werden als Teil der Lösung wahrgenommen“, so der CEO. Von den Auswirkungen des Kriegs auf die Rohstoff- und Energiepreise sei man letztlich aber genauso getroffen wie andere Industriezweige.

Teller-Tank-Streit geht weiter

In Deutschland leisten Biokraftstoffe heute mit fast 90 % den überwiegenden Beitrag zur erneuerbaren Mobilität (siehe Grafik). Grüner Strom spielt dagegen noch eine untergeordnete Rolle − vor allem im Straßenverkehr. „Insgesamt sehen wir, dass sich die Quote für die Beimischung von Biokraftstoffen europaweit weiter erhöht und immer mehr Länder von der volumetrischen Quote auf eine Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) umsteigen“, heißt es im Geschäftsbericht von Verbio. Deutschland war das erste Land weltweit, das 2015 eine THG-Quote für Biokraftstoffe eingeführt hatte. Seit dem 1. Januar dieses Jahres liegt die zur erfüllende Quote bei 7 % und soll bis 2030 auf 25 % ansteigen. Dies stellt „eine Vervielfachung des Marktbedarfs dar und ist eine Entwicklung, auf die Verbio seit dem Börsengang 2006 drängt“, schrieb CEO Sauter.

Auf der anderen Seite hatte der russische Einmarsch in die Ukraine und der damit zusammenhängende Ausfall von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Getreide in diesem Jahr auch wieder die „Teller-oder-Tank-Diskussion“ angeheizt, also die Frage, ob Nahrungs- und Futtermittel nicht lieber zur Sicherstellung der Ernährung denn zur energetischen Verwendung im Verkehr genutzt werden sollten. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wollte den Einsatz von Biokraftstoffen vor dem Hintergrund bis 2030 schrittweise auf null senken. Dieses De-facto-Verbot der Beimischung von Biokraftstoffen sei unverändert möglich, hieß es nun im Geschäftsbericht von Verbio. „Allerdings haben sich hier die Koalitionspartner anders positioniert, und die Verbio ist optimistisch, dass diese für die Branche verheerende, erneut unvorhersehbare Gesetzesänderung nicht kommt.“

An das Rekordergebnis vom vergangenen Geschäftsjahr dürfte das SDax-Unternehmen indes in der laufenden Periode nicht heranreichen. Bereits am Freitag hatte Verbio mitgeteilt, für 2022/2023 ein Ebitda von rund 300 Mill. Euro zu erwarten. Laut Hauck-Aufhäuser-Analyst Tim Wunderlich ist das dennoch eine starke Prognose, die seine Erwartungen um 35 % übersteige. Der Analyst erhöhte sein Kursziel für die Aktie daher von 85 auf 90 Euro − im Vergleich zum aktuellen Niveau wäre das ein Zuwachs von etwa 46 %. Das Nettofinanzvermögen soll zum Ende der Periode bei etwa 30 Mill. Euro liegen, wie Verbio mitteilt, nach gut 284 Mill. Euro Ende Juni.

Dividende bleibt unverändert

Trotz des Rekordergebnisses im abgelaufenen Geschäftsjahr will Verbio die Dividende wie im Vorjahr bei 20 Cent je Aktie belassen. Grund seien bevorstehende Investitionen in fortschrittliche Biokraftstoffe, in die Globalisierung des Geschäftsmodells und die Diversifikation der Endmärkte. Derzeit konzentriert sich Verbio in seiner geografischen Expansion vor allem auf Nordamerika und Indien. Im letztgenannten Markt, wo das Unternehmen vor kurzem die erste Biomethananlage in Betrieb genommen hat, seien die Herausforderungen besonders groß, da die Regierung „sehr starken Einfluss auf den Energiemarkt insgesamt ausübt“. Insgesamt haben sich die Investitionen von Verbio im vergangenen Geschäftsjahr mit knapp 122 Mill. Euro mehr als verdoppelt.

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