Weltweite Risikokapital-Investitionen steigen
Weltweite Risikokapital-Investitionen steigen trotz Handelskonflikten
KPMG-Studie: Höchster Wert seit elf Quartalen – Zahl der Transaktionen sinkt – Getrübter Ausblick auf laufendes Kalenderviertel
md Frankfurt
Die weltweiten Risikokapital-Investitionen haben sich im ersten Quartal dieses Jahres robust entwickelt. Das zeigt der neue „Venture Pulse“ von KPMG, für den regelmäßig der globale Wagniskapitalmarkt ausgewertet wird. Den Angaben zufolge erreichten die Investitionen zwischen Januar und Ende März mit 126,3 Mrd. Dollar den höchsten Wert seit elf Quartalen – trotz anhaltender geopolitischer Unsicherheiten, angespannter Handelsbeziehungen und eines weiter schwächelnden IPO-Marktes.
Mittel fließen in KI-Unternehmen
Der Anstieg sei vor allem auf Großinvestitionen in künstliche Intelligenz zurückzuführen, u.a. durch die Rekord-Finanzierungsrunde von 40 Mrd. Dollar in das KI-Unternehmen OpenAI. Auch andere US-Startups konnten sich laut KPMG bedeutende Finanzspritzen sichern. „KI-Unternehmen verzeichnen derzeit einen Großteil der globalen Risikokapital-Investitionen für sich – ein Trend, der sich fortsetzen wird. Besonders branchenspezifische Lösungen und industrielle Anwendungen stehen bei Investoren in Europa hoch im Kurs“, sagt Florian Merkel, Head of Venture Services und Director im Bereich Tax bei KPMG in Deutschland.
„KI-Unternehmen verzeichnen derzeit einen Großteil der globalen Risikokapital-Investitionen für sich – ein Trend, der sich fortsetzen wird.“
Während das weltweite Finanzierungsvolumen deutlich zugelegt habe, sei die Zahl der Transaktionen zum vierten Mal in Folge gefallen: 7.551 abgeschlossene Deals markieren nach Angaben der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft ein historisches Tief und verdeutlichen die zunehmende Zurückhaltung vieler Investoren außerhalb des boomenden KI-Sektors. Der Trend gehe klar in Richtung selektiver, großvolumiger Investments in etabliertere Startups.
Deutschland verteidigt Platz 2 in Europa
Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten – ausgelöst unter anderem durch Zollmaßnahmen der USA – zeige sich der europäische Wagniskapitalmarkt resilient. Rund 18 Mrd. Dollar seien im ersten Quartal in insgesamt 1.883 Finanzierungsrunden investiert worden – ein stabiler Wert im Vergleich zum Vorquartal. Deutschland habe mit 2,17 (i.V. 2,94) Mrd. Dollar bei 189 Deals seine zentrale Rolle innerhalb Europas festigen können. Damit liege die Bundesrepublik hinter dem Vereinigten Königreich (5,5 Mrd. Dollar) und deutlich vor Frankreich (1,7 Mrd. Dollar). Ein Wehrmutstropfen bleibe allerdings: Die Anzahl der Deals in Deutschland habe erneut deutlich abgenommen; sie sei im historischen Vergleich äußerst gering.

Viele der abgeschlossenen Deals seien Folgeinvestitionen bestehender Investoren gewesen. Insbesondere Startups in der Frühphase (Seed und Pre-Seed) konnten gemäß der Studie kaum Investoren finden, was teilweise auf den Rückzug von Kapitalgebern zurückgeführt wird, die ihre Investitionen risikoärmer gestalten wollten. Auch der unsichere Ausgang der Bundestagswahl im Februar habe dazu geführt, dass Investitionsentscheidungen zurückgehalten wurden, da Venture-Capital-Geber die Auswirkungen der veränderten Regierungsprioritäten auf das Risikokapital-Ökosystem abwarten wollten.
„KI, Deeptech und Verteidigung attraktiv“
Trotz der Unsicherheiten blieben Fintechs und Startups aus den Bereichen KI und Deeptech sowie Verteidigung für VC-Investoren in Deutschland recht attraktiv. Neue Förderinitiativen der EU sowie von nationalen Regierungen könnten das Vertrauen in das europäische KI-Ökosystem zusätzlich steigern und dem Markt weiter Auftrieb geben, lautet ein Fazit der Studie.
Die größte Finanzierungsrunde in Deutschland erzielte im ersten Quartal laut KPMG das Immobilienunternehmen Reneo, das sich auf die Dekarbonisierung von Immobilien spezialisiert hat (624 Mill. Dollar), gefolgt von Amboss, einer Wissensplattform für Ärzte (257 Mill. Dollar). Immer mehr Unternehmen hätten sich in der Spätphase auf IPO-Vorbereitungsprogramme konzentriert, in der Hoffnung auf Exit-Möglichkeiten Ende 2025 und 2026.
Unsicherheiten schrecken ab
Außerhalb des KI-Segments rund um die Themen Automatisierung, Verteidigungstechnologien und Cybersicherheit rechnen Experten für das zweite Quartal mit eher zurückhaltender Investitionstätigkeit. Die Sorge vor einem anhaltenden Handelskonflikt und die allgemeine geopolitische Unsicherheit schrecken laut der Erhebung viele Investoren ab. Sie warten ab, bis mehr Klarheit herrsche.