Windanlagenbauern droht Strömungsabriss

Zuschläge der Bundesnetzagentur in "Onshore"-Auktion gehen fast ausschließlich an kleine Betreiber - 2019 wird für Industrie schwer

Windanlagenbauern droht Strömungsabriss

Der überraschend hohe Anteil kleiner Bürgerenergiegesellschaften an der Zuteilung der ersten “Onshore”-Windausschreibung stellt die Branche vor große Probleme. Sollte sich dieses Ergebnis bei den Folgeausschreibungen wiederholen, droht den Windanlagenbauern im Jahr 2019 ein veritables Auftragsloch.ge/cru Berlin/Düsseldorf – Siemens, Nordex, GE, Senvion & Co. droht im Jahr 2019 eine Halbierung der hiesigen Absatzzahlen, wenn sich das Ergebnis der ersten Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land im weiteren Jahresverlauf wiederholen sollte. In der ersten Runde hatte die Bundesnetzagentur 70 Geboten mit einer Gesamtleistung von 807 Megawatt (MW) einen Zuschlag erteilt – wobei 96 % des Volumens an kleine Bürgerenergiegesellschaften vergeben wurden. Dieses Verteilung zulasten größerer Windparkbetreiber widerspricht den bisherigen Verhältnissen und war weder vom Bundesverband Windenergie (BWE) noch von der Sparte Power Systems des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) “in dieser extremen Form” erwartet worden, wie Power-Systems-Chef Matthias Zelinger in einer ersten Bewertung in Berlin erklärte. Schließlich sei das Modell der Bürgergesellschaften – mit all ihren Bevorzugungen – von der Politik doch als Ausnahme konzipiert gewesen.Eine dieser Besonderheiten ist die Möglichkeit, einen Zuschlag auch dann zu erhalten, wenn noch gar keine Genehmigung für die Windmühlen existiert. Unter Berücksichtigung der damit noch anstehenden langwierigen Behördengänge haben die Bürgerenergiegesellschaften 48, im Ausnahmefall bis zu 54 Monate Zeit, bis das zugeschlagene Windrad tatsächlich ans Netz geht. Damit droht den Windradbauern ein Strömungsabriss, weil sich die Neubauten in die Zukunft verschieben. Aus der bisherigen Förderung mit festen Vergütungssätzen resultiert ein Neubauvolumen für dieses und das nächste Jahr von zusammen rund 8 000 MW. Hälftig verteilt würden 2018 neue Windräder im Umfang von etwa 4 000 MW gebaut – wohingegen Zelinger nur noch 2 000 MW für 2019 befürchtet, wenn auch die zweite und dritte Ausschreibungsrunde (mit jeweils 1 000 MW Leistung) in diesem Jahr eine ähnlich “extreme” Verteilung zeigen sollte. Allerdings setze die hiesige Industrie nur rund ein Drittel ihrer neuen Produkte im Inland ab, während sie zwei Drittel exportiere, relativiert der Sparten-Chef die Bedrohung für die Firmen. 600 Mill. Euro InvestitionDie wachsende Konkurrenz unter den Betreibern von Windrädern macht künftig auch den an Land erzeugten Windstrom für Verbraucher günstiger. Bei der ersten “Onshore”-Auktion wird der Windstrom im Schnitt noch mit 5,71 Cent pro Kilowattstunde aus dem EEG gefördert, entschied die Netzagentur – womit “Onshore”-Wind deutlich teurer ist als der Strom aus künftigen Meereswindparks. Mitte April war die erste Ausschreibung für Windanlagen vor der deutschen Küste zu Ende gegangen. Den Zuschlag erhielten Parks mit einer durchschnittlichen Förderung von 0,44 Cent je Kilowattstunde. Das Investitionsvolumen der ersten Ausschreibungsrunde an Land beziffern BWE und VDMA auf 600 bis 700 Mill. Euro.Die Ausschreibung ist ein Ergebnis der jüngsten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Sie löst das bisherige Modell einer pauschalen Förderung mit festen Vergütungssätzen ab. Im Vergleich zur “Offshore”-Auktion, bei der nur die staatlichen Energiekonzerne Dong und EnBW mit drei sehr großen Projekten den Zuschlag erhielten, kamen bei der “Onshore”-Ausschreibung mit 70 Geboten deutlich mehr Interessenten zum Zuge. Die Beteiligung war groß, hätte aber sogar noch größer ausfallen können, wenn es nicht eine Übergangsregelung im EEG 17 gäbe: Viele genehmigte Anlagen haben sich für eine niedrige, feste Vergütung und gegen die Teilnahme an den Auktionen entschieden. Insgesamt seien 256 Gebote für gut 2 100 MW eingereicht worden, teilte die Behörde in Bonn mit. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, sprach von einem “erfreulich hohen Wettbewerbsniveau”. “Kostendruck nimmt zu””Der Kostendruck bei der Entwicklung von Onshore-Windparks nimmt deutlich zu. Bereits in der ersten Ausschreibungsrunde für Windenergie an Land sehen wir einen intensiven Wettbewerb, der weiter zunehmen wird und Entwickler von Windparks vor neue Herausforderungen stellt”, kommentiert Herbert Muders, Bereichsleiter Projektentwicklung “Onshore” der Aachener Stadtwerke-Kooperation Trianel, das Ergebnis der ersten Gebotsrunde für Windenergie. Der ausgeschriebene Gebotsumfang von 807 MW sei nahezu dreifach überzeichnet gewesen.Mit dem höchsten Gebotszuschlag von 5,78 Cent je Kilowattstunde liege die wettbewerblich ermittelte Vergütung bereits rund 8 % unter der aktuellen EEG-Festvergütung. Überraschend dabei sei der sehr hohe Anteil des Zuschlagvolumens für Bürgerenergiegesellschaften, sagte Muders weiter. Für die nächsten Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land erwarte Trianel einen sich deutlich verschärfenden Wettbewerbsdruck für die Entwicklung von Windenergieprojekten und weiter sinkende Vergütungen.—– Wertberichtigt Seite 8