Private Markets Week 2025Thyssenkrupp-CEO Miguel López im Gespräch

„Wir brauchen industrielle Champions in Europa“

Der Thyssenkrupp-CEO Miguel López wirbt für die Bildung großer Player in Europa. Den Mischkonzern will er zu einer dividendenstarken Finanzholding transformieren.

„Wir brauchen industrielle Champions in Europa“

„Wir brauchen industrielle Champions in Europa“

Thyssenkrupp-Chef drückt bei weiteren Abspaltungen aufs Tempo – Finanzholding soll attraktiver Dividendentitel werden

Von Heidi Rohde, zzt Kronberg

Nach dem erfolgreichen Börsengang der Marinesparte TKMS arbeitet der Mischkonzern Thyssenkrupp daran, weitere Konzerneinheiten zur „Kapitalmarktreife“ zu bringen, um die Transformation zu einer reinen Finanzholding voranzubringen. Wie CEO Miguel López auf der Private Markets Week der Börsen-Zeitung sagte, ist mit dem Spin-off der Tochter für die Thyssenkrupp-Aktionäre eine „Wertkristallisierung von rund 1 Mrd. Euro“ gelungen, wenn man die Marktkapitalisierung der Thyssenkrupp AG vor und nach dem TKMS-Börsenstart vergleiche. Darüber hinaus unterstrich der Manager, dass „wichtiger technischer Fortschritt“ in Europa immer wieder „Defense“ zu verdanken war. „Mit TKMS leisten wir unseren Beitrag, bei nicht-nuklearen Booten und Fregatten“.

Großer Fan

López machte sich für eine industrielle Konsolidierung stark. „Wir brauchen industrielle Champions in Europa“, erklärte der Thyssenkrupp-CEO. Er sei „ein großer Fan, um nicht zu sagen ein Believer“, von solchen großen Playern. Mit diesen könne Europa das aufholen, was in der Vergangenheit an Innovationskraft verloren gegangen sei. Wettbewerbsbehörden hätten allzu häufig einseitig auf „maximale Konkurrenz zum Wohle des Verbrauchers“ geschaut.

López gießt damit Wasser auf die Mühlen anderer Branchenvertreter, die derzeit grenzüberschreitende Allianzen bilden. So wurde just das europäische Satellitenbündnis der italienischen Leonardo mit Airbus und Thales unter Dach und Fach gebracht, worüber die Börsen-Zeitung als erstes berichtet hatte. Schon im vorigen Jahr hatten Leonardo und Rheinmetall ein Joint-Venture zum Bau eines neuen Kampfpanzers gegründet. Demgegenüber wackelt das gemeinsame Projekt von Franzosen, Spaniern und Deutschen für das Luftkampfsystem FCAS.

Politik am Zug

Zu den weiteren Spin-off-Kandidaten bei Thyssenkrupp zählt López neben Material Services auch die Autozuliefersparte. Aber auch wenn der Manager beim Umbau Tempo macht, betont er, die Aktivitäten hätten „unterschiedliche Reifegrade“.

Überdies sieht er die Politik am Zug. Ebenso wie es gelte, den europäischen Markt vor dem wachsenden Druck von „importiertem Billigstahl“ und verwandten Produkten zu schützen, benötige die Autoindustrie auch Klarheit in Sachen E-Mobilität. Derzeit sei die Produktion in Europa rückläufig, weil die Verbraucher keine sichere Entscheidungsgrundlage für den Kauf eines E-Autos oder Verbrenners hätten. Die Unsicherheit belastet das Geschäft der Autozuliefersparte von Thyssenkrupp.

Der Thyssenkrupp-CEO stellt den Investoren am Ende des Konzernumbaus eine „sehr schlanke Finanzholding“ in Aussicht, die die Töchter über den Aufsichtsrat steuert und sich dabei an der Börse als attraktiver „Dividendentitel“ positioniert. „Das bedeutet natürlich, dass die operativen Tochtergesellschaften entsprechende Dividenden erwirtschaften müssen“. López bezeichnet den Spin-off von TKMS als „Blaupause“ für künftige Abspaltungen. TKMS gehört weiterhin mehrheitlich zu Thyssenkrupp, handelbar sind derzeit daher nur 49% der Aktien beziehungsweise eigentlich nur 39%, weil 10% der Anteile bei der Krupp-Stiftung liegen.

„Ein sehr guter Fit“

Unterdessen zeigte sich der Manager optimistisch, dass es nach mehreren erfolglosen Trennungsversuchen gelingen wird, die angeschlagene Stahlsparte nunmehr mit einem neuen Partner zukunftsfähig aufzustellen. Die Gespräche mit dem indischen Stahlkonzern Jindal werden López zufolge sowohl von „der Politik als auch von den Gewerkschaften sehr positiv aufgenommen“. Er sei überzeugt, dass Jindal für Thyssenkrupp Steel „ein sehr guter Fit“ sei. Die Inder verfügten über eigene Bergbauminen und betrieben im Oman bereits eine Anlage, die zur Herstellung von grünem Stahl beitragen könne.

Großen Handlungsbedarf sieht der Thyssen-CEO in Europa derweil im Bereich der Energiekosten. Sie seien in Zentraleuropa „viel zu hoch“. Die angestrebte CO2-Reduktion diene zwar dem Klimaschutz, habe jedoch zu Energiepreisen geführt, „die nicht wettbewerbsfähig sind“. Dies sei eine „sehr große Resilienzfrage“, betonte López. Denn für die Stahlproduktion seien die Energiepreise „kriegsentscheidend“. Thyssenkrupp habe daher in Brüssel eine neue Allianz für die Herstellung von grünem Wasserstoff angestoßen.

Produktivität muss steigen

Mit Blick auf die Herausforderungen des historischen Kerngeschäfts mahnte der Vorstandsvorsitzende zugleich, dass sich Deutschland und Europa künftig „einem ganz anderen Anspruch an Produktivität stellen müssen“. Zwar behalte „Made in Germany“ als Qualitätssiegel einen hohen Stellenwert, jedoch sei der Qualitätssprung, den China in der Fertigung, der Automatisierung und Digitalisierung in den Fabriken von Thyssenkrupp gezeigt habe, beachtlich. Die Fabriken dort seien „moderner und produktiver als unsere hier in Deutschland“. Es sei deshalb an der Zeit, „dass wir die Ärmel hochkrempeln“. Bei „Energie, Arbeitskosten, Bürokratie“ löse China Probleme in der Hälfte der Zeit.