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Zahl an Insolvenzen sinkt deutlich

Trotz Coronakrise hält der Trend in Deutschland zu weniger Insolvenzen an. Beobachter führen das vornehmlich auf die pandemiebedingten Sonderregeln wie die zeitweise ausgesetzte Insolvenzantragspflicht zurück. Doch das maue Gründungsklima trägt auch dazu bei.

Zahl an Insolvenzen sinkt deutlich

kro Frankfurt − Seit Jahren nimmt die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland ab. Daran hat bis zuletzt auch die Corona-Pandemie nichts geändert, was vor allem an den staatlichen Hilfsmaßnahmen und einer zeitweise ausgesetzten Insolvenzantragspflicht liegen dürfte. So wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts im ersten Halbjahr 7408 Unternehmensinsolvenzen gezählt. Das waren 17,7 % weniger als im ersten Halbjahr 2020 und fast 23 % weniger als in den ersten sechs Monaten des Vorkrisenjahres 2019.

Zu den meisten Firmenpleiten kam es im Baugewerbe mit 1219 Fällen. Direkt danach folgte der Handel, einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, mit 1120 Verfahren. Im Bereich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden gab es dagegen lediglich einen Fall. Die voraussichtlich entstandenen Forderungen der Gläubiger haben sich trotz des Rückgangs insgesamt jedoch verdoppelt. Belief sich die Summe im ersten Halbjahr 2020 noch auf 16,7 Mrd. Euro, waren es nun 31,8 Mrd. Euro. Der Anstieg sei darauf zurückzuführen, dass im ersten Halbjahr 2021 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten als in der Vorjahreszeit, hieß es von der Behörde.

Gründungen gehen zurück

Aus Sicht von Insolvenzexperten hängt die rückläufige Zahl an Firmenpleiten in Deutschland aber nicht ausschließlich mit den coronabedingten Konjunkturhilfen zusammen. Stattdessen seien auch langfristige Faktoren für die Entwicklung verantwortlich − allen voran die deutlich gesunkene Zahl der Gewerbeanmeldungen, wie der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter (VID) erklärte. Hier kam es in den vergangenen 15 Jahren zu einem Rückgang von fast einem Drittel. Weil junge Unternehmen in den ersten fünf Jahren nach ihrer Gründung besonders insolvenzanfällig seien, wirke sich das also auch direkt auf das Insolvenzgeschehen aus. „Die Entwicklung der Gewerbeanmeldungen ist ein Indikator dafür, dass unsere Gesellschaft nicht nur immer älter, sondern auch weniger risikofreudig wird“, sagte Verbandschef Christoph Niering. Hier brauche es in Deutschland noch ein besseres Gründungsklima, um die Bereitschaft zu unternehmerischem Risiko zu steigern.

Eine Stellschraube sei etwa der verbesserte Schutz der individuellen Altersvorsorge für Selbständige. Im aktuellen Koalitionsvertrag hatten sich die regierenden Parteien das Thema bereits auf die Fahnen geschrieben. „Die neue Regierung sollte an dieses Vorhaben anknüpfen und dessen Umsetzung voranbringen, um insbesondere Betroffenen, die durch die Pandemie in eine untragbare Überschuldung geraten sind, einen schnellen Neustart zu ermöglichen“, sagte Niering.