Vorsorgen beim Investieren in Cryptocurrencies und Digital Assets

So wie Airbnb die Hotelbranche und Uber das Taxigewerbe belebt haben, wirbeln sogenannte Cryptocurrencies wie Bitcoin schon länger die Finanzwelt durcheinander. Das Zeitalter der Massendigitalisierung macht auch vor dem lieben Geld nicht halt....

Vorsorgen beim Investieren in Cryptocurrencies und Digital Assets

So wie Airbnb die Hotelbranche und Uber das Taxigewerbe belebt haben, wirbeln sogenannte Cryptocurrencies wie Bitcoin schon länger die Finanzwelt durcheinander. Das Zeitalter der Massendigitalisierung macht auch vor dem lieben Geld nicht halt. Covid-19 hat diese Entwicklung noch beschleunigt: Der digitale Zahlungsverkehr ist schon da, das digitale Geld kommt, da sind digitale Anlagen (Digital Assets) nicht fern. Bei Letzteren handelt es sich um Wertpapiere, die in einer neuen technologischen Form, d.h. blockchainbasierten Token, dargestellt werden. So sind inzwischen viele Milliarden US-Dollar digital veranlagt.

Das veränderte Anlageverhalten in Wechselwirkung mit dem veränderten Anlageangebot, so wie die Tokenisierung von Equity, Bonds oder anderen Vermögenswerten, fordern das herkömmliche Recht heraus – welche Konsequenzen hat das für den einzelnen Investor? Diese Frage stellt sich besonders in Übergangssituationen – z.B. Insolvenz, Tod oder Scheidung –, in denen es darum geht, Digital Assets unter den Berechtigten (Gläubiger, Erben, Ehepartner) aufzuteilen. In diesen Fällen muss der Investor die Anlagen sein „Eigen“ nennen, um sie übertragen zu können.

Die Schweiz ist wahrscheinlich weltweit führend in der Regulierung von Digital Assets. So wird ab Mitte 2021 ein umfangreiches Regulierungspaket eingeführt, von dem sich der Schweizer Gesetzgeber mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Token verspricht.

Trotz der progressiven Regulierung können in der Schweiz Token nicht Gegenstand von Eigentumsrechten sein, da ihnen die „Körperlichkeit“ fehlt. In Deutschland ist dies zivilrechtlich noch nicht geklärt. Seit August 2020 liegt allerdings ein Gesetzentwurf zur Einstufung von elektronischen Wertpapieren als Sache im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches vor. Das höchste Gericht in England wiederum erkennt mittlerweile Digital Assets als immaterielle Wirtschaftsgüter an, genauso wie auch die Bundes­gerichte und Steuerbehörden der USA.

Hier sei angemerkt, dass Digital Assets in der Praxis oftmals nicht durch die wirtschaftlich berechtigte Person, sondern durch einen Dritten (z.B. einen Wallet Provider) verwahrt werden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, in welcher Rechtsordnung sich der Schlüssel befindet. Je nach Jurisdiktion ist die Übertragbarkeit gesetzlich, indirekt durch staatliche Reglementierung des Wallet Providers oder vertraglich geregelt.

Gesetz mit Modellcharakter

Nicht zuletzt, um Anlegern mehr Rechtssicherheit zu gewähren, haben sich die etablierten Verwahrer bereits staatlich registrieren lassen, wodurch die Nutzung ihrer Angebote wie auch die Verwahrung der Anlagen unter gesetzliche Schutzvorschriften fallen.

Exemplarisch sei hier das angepasste Schweizer Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs genannt, das neu den Konkursfall der Wallet Provider regelt. Es hat Modellcharakter für Deutschland, wo ein solches Gesetz bislang fehlt. Ob die verwahrten Digital Assets in die Konkursmasse fallen oder ausgesondert, also der wirtschaftlich berechtigten Person übertragen werden können, hängt in der Schweiz davon ab, wer über den Zugangsschlüssel verfügt. Ist dieser ausschließlich dem Anleger bekannt, kann nur er allein über die Digital Assets verfügen. In diesem Fall liegt keine Fremdverwahrung vor, und der Kunde behält auch im Konkursfall Verfügungsmacht über seine digitale Anlage.

Bei Multi-Signature-Zugriffen, wenn der Schuldner nur einen Teilschlüssel hält, gilt ebenfalls die Regel der sogenannten „ausschließlichen und tatsächlichen Verfügungsgewalt“, d.h., auch hier fallen die Digital Assets nicht in die Konkursmasse. Das sind kleine Unterschiede mit großem Einfluss auf das Vermögen der Investoren. Mit der Entscheidung über die Schlüsselverwahrung bestimmen Anleger gleichzeitig über ihr Verfügungsrecht an der Anlage.

Besonders in Zeiten von Covid-19 ist es wichtig, vorzusorgen und die Rechtsnachfolge sicherzustellen. Wer sein Vermögen in Digital Assets anlegt, sollte deshalb bei der ­Vorsorgevollmacht und beim Verteilen des Nachlasses an die Erben auf die Art der Schlüsselverwahrung achten.

Digital Assets vererben

Allerdings herrscht hier weitgehend Vertragsfreiheit. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Anbieter unterscheiden sich deutlich in der Regelung der Rechtsnachfolge. Manche erlauben nur Drittverwahrung und schließen die Übertragbarkeit und Rechtsnachfolge aus. Andere erlauben Selbst-Verwahrung und ermöglichen es den Anlegern, weiter über die Anlage zu verfügen. Die AGB definieren regelmäßig auch das auf die Verwahrung anwendbare nationale Recht und geben vor, wie und wo Streitfälle zu lösen sind. Sollen die Digital Assets eines Tages vererbt werden, sind die AGB der Anbieter daher unbedingt zu beachten, denn Vorsorgen ist besser als Nachsorgen.

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