Konjunktur

Wirtschaft zeigt Frühlingsgefühle

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich im Februar in frühlingshaft guter Laune. Auch wenn Teile des Einzelhandels und der Dienstleister noch schwer unter dem Lockdown leiden, zeigt sich die Stimmungsaufhellung quer durch alle Bereiche.

Wirtschaft zeigt Frühlingsgefühle

ba Frankfurt

Der harte Winter scheint für die deutsche Wirtschaft bereits im Februar beendet zu sein: Trotz des immer noch geltenden Lockdowns hat sich die Stimmung in den Chefetagen überraschend deutlich aufgehellt. „Vor allem die starke Industriekonjunktur“ habe dazu beigetragen, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest den Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex um 2,1 auf 92,4 Punkte. Ökonomen hatten nur einen Wert von 90,5 Zählern erwartet, nachdem das wichtigste Frühbarometer für die hiesige Konjunktur im Januar auf revidiert 90,3 (zuvor: 90,1) Zähler gefallen war. Nicht nur, dass die aktuelle Geschäftslage positiver als im Januar eingeschätzt wurde, auch die pessimistischen Stimmen mit Blick auf die kommenden Monate seien deutlich weniger geworden. „Die deutsche Wirtschaft blickt wieder Richtung Aufschwung“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe zu Reuters.

Diese Einschätzung teilen auch die Ökonomen der Bundesbank. Im ersten Quartal allerdings, so heißt es im Monatsbericht Februar, dürfte die Wirtschaftsleistung „spürbar schrumpfen“. Es stehe aber nicht zu befürchten, „dass die Wirtschaftsaktivität auf den Tiefstand während des Lockdowns im Frühjahr 2020 abrutscht“. Denn während sich kaum von den Schutzmaßnahmen betroffene Bereiche wie die Industrie weiter erholten, würden sich die vom Lockdown Betroffenen wie der Einzelhandel oder das Gastgewerbe zunehmend an die Pandemiebedingungen anpassen. „Mit sinkenden Infektionszahlen, der breiteren Verfügbarkeit von Impfstoffen und sukzessiven Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen sollten die gegenwärtigen Bremsfaktoren aber nach und nach entfallen.“ Ab dem Frühjahr dürfte die Wirtschaft „wieder auf ein deutlich höheres Leistungsniveau zurückkehren und ihren Erholungskurs wieder aufnehmen“. Allerdings, so mahnt die Bundesbank, hänge viel vom weiteren Pandemieverlauf ab: „Insbesondere Mutationen des Virus bergen die Gefahr von weiteren Rückschlägen.“

Wie auch der Einkaufsmanagerindex zeigt die monatliche Ifo-Umfrage unter 9000 Unternehmen die anhaltende Zweiteilung der Entwicklung: Während Teile der Dienstleister und des Einzelhandels weiter unter den Schutzmaßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie leiden, geht es dem verarbeitenden Gewerbe vergleichsweise gut. Der entsprechende Index machte im Februar einen deutlichen Sprung nach oben – ein höherer Wert war zuletzt im November 2018 zu beobachten. Die Exporterwartungen seien deutlich gestiegen, die Auftragsbücher gut gefüllt, betonte Ifo-Experte Wohlrabe. „Die Industriebetriebe haben ihre Produktionspläne deutlich nach oben revidiert.“ Allen relevanten Branchen gehe es besser. Das liege nicht zuletzt an der guten Auslandsnachfrage, etwa aus China und den USA. Das Reich der Mitte war auch im Coronajahr 2020 der wichtigste Handelspartner Deutschlands und das zweitwichtigste Exportland nach den USA, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) gestern mitteilte (siehe Bericht auf dieser Seite).

25 Prozent weniger Autos

Wie eine weitere Destatis-Auswertung vom Montag zeigt, hat der erste Corona-Lockdown die Industrie noch empfindlich getroffen: Im April war die Industrieproduktion im Jahresvergleich noch um 29,7% gesunken, im Mai betrug das Minus 23,4% (siehe Grafik). Im Dezember lag der Rückstand zum entsprechenden Vorjahresmonat nur mehr bei 1,5%. im Gesamtjahr 2020 war die Produktion im produzierenden Gewerbe ohne Energie und Baugewerbe preis- und kalenderbereinigt 10,8% niedriger als 2019. Besonders stark zeigte sich der Produktionsrückgang bei den Herstellern von Kraftwagen und Kraftwagenteilen mit −25,0% im Vergleich zu 2019. Gemessen am Umsatz ist die Automobilindustrie Deutschlands wichtigster Industriezweig: Laut Destatis erbrachten die rund 809000 Erwerbstätigen in den 968 Betrieben der Automobilindustrie mit mehr als 50 Beschäftigten 2020 einen Umsatz von 379,3 Mrd. Euro – das sind knapp 23% des Gesamtumsatzes aller Industriebetriebe in Deutschland. Deutliche Rückgänge gab es auch im Maschinenbau und der Metallindustrie sowie den Produzenten von Bekleidung, Schuhen und Lederwaren. So weist auch Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, auf die immense Spreizung innerhalb der Industrie hin und nennt als Grundregel: „Je geringer die Distanz zur Automobilwirtschaft ist, desto größer das Leiden.“ Wegen der Umstellung auf die Elektromobilität werde vermehrt in Software statt Maschinen investiert, Leidtragender sei damit etwa der Werkzeugmaschinenbau.

Dennoch, so sind Ökonomen überzeugt, wird die Industrie weiter die Schwäche der Dienstleister ausgleichen können. Immerhin hellte sich im Februar das Geschäftsklima auch im Handel, am Bau und bei den Dienstleistern auf. Die Tourismusbranche hoffe auf die Sommersaison und erstmals seit mehr als einem Jahr habe sich bei Reisebüros und Reiseveranstaltern leichter Optimismus breitgemacht, berichtet Wohlrabe.