Pensionsfonds-Debakel

Bank of England nimmt Gegen­parteien ins Visier

Die britische Finanzaufsicht beschränkt sich bei der Aufarbeitung des Pensionsfondsdebakels nicht auf die Hauptverantwortlichen. Sie fordert Banken auf, von ihren Gegenparteien mehr Transparenz zu verlangen.

Bank of England nimmt Gegen­parteien ins Visier

hip London

Die Bank of England will auch Banken in die Pflicht nehmen, um Ereignisse wie das Pensionsfondsdebakel zu vermeiden, das sie Anfang Oktober zu einer Intervention am Bondmarkt gezwungen hatte. „Die Ereignisse der vergangenen Wochen, Monate und Jahre haben uns erneut an die systemischen Risiken erinnert, die von schlecht gemanagtem Leverage im Nichtbanken-Finanzsystem ausgehen“, sagte Sarah Breeden, die als Executive Director für die Finanz­stabilitäts­strategie der Notenbank zuständig ist. „Allzu oft hat exzessive Risikobereitschaft im Verbund mit unzureichendem Liquiditätsrisikomanagement die Konditionen in der Realwirtschaft bedroht – ein Problem, das sich im aktuellen Umfeld hoher Volatilität und sich verschärfender Finanzierungsbedingungen besonders relevant anfühlt.“

Neben der Pensionsfondskrise führte sie auch den Kollaps von Long-Term Capital Management und Archegos an. Aus diesen Episoden müssten Lehren gezogen werden, forderte Breeden, und zwar nicht nur von den Nichtbanken, sondern auch von ihren Gegenparteien, der Markt­infrastruktur, ihren Regulierern, Bankaufsehern, Notenbanken und Aufsichtsbehörden weltweit.

Die Notenbank hatte Stützungskäufe von Staatsanleihen (Gilts) mit getätigt, weil Pensionsfonds, die auf gehebelte LDI-Strategien (Liability-Driven Investment) gesetzt hatten, in Bedrängnis geraten waren, nachdem die Renditen 30-jähriger Gilts binnen weniger Tage um 130 Basispunkte nach oben geschossen waren. Innerhalb von zwei Wochen kaufte die Bank of England für 13,9 Mrd. Pfund Staatsanleihen auf, obwohl ihre Geldpolitiker eigentlich mit dem Abverkauf der seit der Finanzkrise zusammengekauften Gilts beginnen wollten.

LDI-Fonds sammelten Breeden zufolge in der Zwischenzeit 40 Mrd. Pfund ein und verkauften Gilts für 30 Mrd. Pfund, „was beides zu einem wesentlich niedrigeren Verschuldungsgrad beigetragen hat“. Was Breeden in ihrer Rede vor Verbandsmitgliedern von ISDA und AIMA nicht erwähnte: Dem Finanzstabilitätskomitee der Notenbank war das Liquiditätsproblem bekannt, wie dem Finanzstabilitätsbericht vom November 2018 zu entnehmen ist. Doch es hielt einen Anstieg der Renditen von 100 Basispunkten an einem Handelstag oder in einer Woche für extrem unwahrscheinlich. Auch Unternehmen mit Pensionskassen war das Risiko bestimmter LDI-Strategien nicht verborgen geblieben. Die Modekette Next hatte die Bank of England schriftlich gewarnt.

Mehr Transparenz verlangt

Breeden wies nun darauf hin, dass für Banken und zentrale Kontrahenten (CCP) nicht erkennbar sei, wie lang der Schuldenhebel eines Investors ist, wenn er auf mehrere Gegenparteien zurückgreift. „Banken und CCPs brauchen deshalb vielleicht Zugang zu mehr Informationen über die Risikopositionen und Bilanzen ihrer gehebelten Gegenparteien, um konzentrierte und versteckte Exposures vollständig zu verstehen“, sagte sie. Zudem zeigten die jüngsten „außerordentlichen Ereignisse“, dass die Vergangenheit nicht immer eine gute Richtschnur für die Zukunft liefere. Banken und CCPs müssten „bei der Identifizierung von Stressszenarien, die das Kreditrisiko ihrer Gegenparteien am besten illustrieren, kreativ sein“, forderte sie. Auch sollten Kreditinstitute von ihren Gegenparteien mehr Transparenz über versteckte Fremdfinanzierungen verlangen. Auf Hedgefonds spezialisierte Finanzdienstleister wiederum müssten Zugang zu Daten zum Leverage des gesamten Fonds haben, nicht nur zu dem Teil, zu dem sie beigetragen haben. Banken wie Nichtbanken müssten ihre Stresstests weiterentwickeln, um ein Verständnis für Marktveränderungen und strukturelle Verschiebungen zu entwickeln, durch die sich Korrelationen und Normen verändern können.

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