Britischer Autofinanzierungsskandal

Banken fürchten hohe Entschädigungen

Der Supreme Court entscheidet im britischen Autofinanzierungsskandal. Das kann Entschädigungen in Milliardenhöhe nach sich ziehen.

Banken fürchten hohe Entschädigungen

Banken fürchten hohe Entschädigungen

Supreme Court entscheidet im britischen Autofinanzierungsskandal

hip London

In den Rechtsabteilungen der britischen Banken, die im Autofinanzierungsgeschäft aktiv sind, wird an diesem Wochenende das Licht lange brennen. Denn am späten Freitagnachmittag verkündet der Supreme Court sein Urteil, das darüber entscheiden wird, ob Millionen von Autokäufern Entschädigungszahlungen fordern können. Binnen sechs Wochen will die Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority) entscheiden, ob ein Entschädigungsprogramm aufgelegt werden muss.

Der Court of Appeals hatte im Oktober vergangenen Jahres im Sinne der Kläger entschieden. Die südafrikanische Firstrand Bank und Close Brothers legten Rechtsmittel ein und sprachen bei einer dreitägigen Anhörung im April von einem „ungeheuerlichen Irrtum“ des Gerichts.

Zahlreiche Institute betroffen

Es geht um Kommissionen, die Banken Autohändlern für den Abschluss von Finanzierungsvereinbarungen zahlten, ohne dass dies den Kreditnehmern offengelegt worden wäre. Alle drei Kläger hatten vor 2021 ein Auto erworben. Der Court of Appeals kam zu dem Schluss, dass die Händler sie entweder gar nicht oder unzureichend über die Kommissionen informiert hätten. Deshalb seien diese Zahlungen unrechtmäßig gewesen.

Zu den Banken, die von dem Urteil betroffen sein könnten, gehören neben den bereits genannten Bank of Ireland UK, Barclays, Lloyds Banking Group, Paragon und Santander UK. Barclays stieg 2019 aus dem Geschäft mit Autofinanzierungen aus.

Erinnerungen an PPI

In der City wird spekuliert, dass die Kosten an die des branchenweiten Skandals um den Verkauf nutzloser Restschuldversicherungen (Payment Protection Insurance, PPI) heranreichen werden. Auf Sammelklagen spezialisierte Kanzleien laufen sich bereits warm. Die Entschädigungen für PPI beliefen sich auf insgesamt mehr als 38 Mrd. Pfund. Damals war in der City scherzhaft von „Helikoptergeld“ und „Quantitative Easing für alle“ die Rede. Nun kursieren Zahlen wie 44 Mrd. Pfund.

Die FCA ermittelt schon lange in der Sache. Sie beziffert die zwischen 2007 und 2010 gezahlten Kommissionen auf 8,1 Mrd. Pfund. Die Aufsicht forderte die Institute bereits auf, ausreichend Risikovorsorge zu betreiben. Lloyds Banking Group, zu der Black Horse gehört, der größte unabhängige Autofinanzierer des Landes, legte bereits 1,15 Mrd. Pfund zurück. Manche Analysten halten das für ausreichend. Andere sind nicht so zuversichtlich.

Zins beeinflusst Höhe der Kommission

Wie die FCA dem Supreme Court im vergangenen Jahr darlegte, gab es Kommissionsvereinbarungen in annähernd 99% der seit 2007 abgeschlossenen rund 32 Millionen Autofinanzierungen. Die drei Kläger hatten ihre Fahrzeuge von Gebrauchtwagenhändlern erworben. Keiner kostete mehr als 10.000 Pfund.

Der Regulierer hatte das Urteil des Court of Appeals als zu weitgehend kritisiert. In einem weiteren anhängigen Verfahren geht es um die sogenannten Discretionary Commission Agreements (DCA). Bei solchen Finanzierungen beeinflussen die von den Autokäufern geforderten Zinsen die Höhe der den Händlern gezahlten Kommission. 2021 verbot die Aufsicht die bis dahin gängige Praxis.

Rückwirkende Gesetzesänderung denkbar

Im Mai teilte der Financial Ombudsman Service mit, dass um die 20.000 diesbezügliche Beschwerden eingelaufen seien. Wie der „Guardian“ berichtet, erwägt man im Schatzamt eine rückwirkende Gesetzesänderung für den Fall, dass sich der Oberste Gerichtshof hinter die Kläger stellt. So könne man die Entschädigungen in Grenzen halten.