„Wir investieren in Wirkung, nicht in Labels“
Im Gespräch: Edda Schröder
„Wir investieren in Wirkung, nicht in Labels“
Gründerin und Geschäftsführerin von Invest in Visions zum Finanzmarkt Afrika und den Zugang über Eltifs
wbr Frankfurt
Die Vorstellung, dass afrikanische Lodges mit Solarpanels betrieben werden, klingt für viele in Europa wie Zukunftsmusik – für die Finanzexpertin Edda Schröder ist es Realität. „Wenn ich mit dem Jeep durch die Savanne fahre und dann plötzlich eine Lodge sehe, die zu 90% solarversorgt ist – dann weiß ich: Das ist kein Konzept, das ist Realität.“ Es ist diese unmittelbare Verbindung zwischen Geldanlage, Finanzierung und Wirkung, die die Gründerin von Invest in Visions antreibt.
2006 gründete Schröder in Frankfurt die Investment-Boutique Invest in Visions. „Wir sind Impact Investor. Nicht aus Imagegründen, sondern aus Überzeugung. Alles, was wir tun, soll Wirkung entfalten“, sagt sie. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ sei in der Finanzbranche vielfach verwaschen worden. Für Schröder bedeutet Impact Investing nicht bloß ESG-Kriterien zu erfüllen, sondern konkret zu sehen, was mit dem Geld geschieht.
Zugang für Privatanleger
Ein wichtiger Schritt war 2011 die Auflegung des IIV Mikrofinanzfonds – dem ersten Produkt dieser Art, das auch für Privatanleger zugänglich war. Der Fonds refinanziert kleine Finanzinstitute in Schwellenländern durch den Erwerb von Darlehensforderungen. Diese wiederum vergeben Kleinkredite an Menschen, die sonst keinen Zugang zu klassischen Finanzdienstleistungen hätten – etwa Landwirte, oder Handwerker. Invest in Visions übernimmt dabei die Rolle eines spezialisierten Impact-Asset-Managers, der sowohl die Mittelverwendung sorgfältig prüft als auch eine Brücke zwischen privaten Anlegern und nachhaltigen Entwicklungszielen schlägt. Bis heute verwaltet Invest in Visions über eine Milliarde Euro Anlegerkapital.
Unabhängigkeit des Unternehmens
Im Jahr 2022 veräußerte Schröder einen Großteil ihrer Anteile an die FS Invest Holding, um langfristige Stabilität und Unabhängigkeit des Unternehmens zu sichern – ohne Verkauf an eine Bank oder vollständige Integration in einen Konzern. Sie hält weiterhin 25,1% der Anteile. Der Schritt war Teil einer strukturierten Nachfolgeregelung, mit dem Ziel, die Werte und Ziele von Invest in Visions über die Gründerin hinaus zu bewahren.
Der neueste Schritt ist nun ein Fonds, der mittelständische Solarunternehmen in Subsahara-Afrika finanziert. Der Fokus liegt auf realwirtschaftlich arbeitenden Betrieben mit tragfähigem Geschäftsmodell – keine Großprojekte von Konzernen oder multilateralen Entwicklungsbanken. Die Darlehen bewegen sich im Bereich von 500.000 bis 5 Mill. Dollar – ein Segment, das klassische Entwicklungsbanken oft nicht bedienen. Auch strukturell ist der neue Fonds wegweisend: Als Eltif (European Long-Term Investment Fund) aufgesetzt, ist er bereits ab einem Euro investierbar. Die überarbeitete Eltif-2.0-Verordnung, seit 2024 in Kraft, hat die Zugangshürden gesenkt. Mindestanlagebeträge und Portfolioobergrenzen wurden gestrichen, das Anlageuniversum erweitert. Der Markt reagiert: 2024 stieg das Eltif-Fondsvolumen um 38% auf über 20 Mrd. Euro.
Potenzial in Afrika gewaltig
Für Schröder war die Erweiterung in Richtung Klimawirkung der nächste Schritt: „Wir bleiben im Impact-Bereich, aber wir erweitern unser Wirkungsfeld in Richtung Klima.“ Sie sieht Afrika nicht die Krisenregion, sondern eine wachsende Mittelschicht mit unternehmerischem Ehrgeiz und einem enormen Bedarf an Energie – und finanziellen Mitteln.
„Viele unterschätzen Afrika. Sie denken in alten Bildern, statt in Potenzialen“, so Schröder. Während in Europa langwierig über Netzausbau debattiert werde, „lösen Menschen dort ihre Stromversorgung selbst – mit Panels, Speichern und einem Handy.“ Diese technologische Selbstständigkeit ist für viele in Europa überraschend. „Das Handy ist in Afrika kein Gerät, es ist Infrastruktur: Bezahlen, Steuern, Messen, Planen“, sagt Schröder. Die Digitalisierung in Subsahara-Afrika sei nicht eine nachholende Bewegung, sondern entwickle sich oft unabhängig und pragmatisch.
Für Investoren bedeutet das: Die Verbindung von Technologie, Unternehmertum und Energieinfrastruktur schafft soziale Wirkung und wirtschaftliches Potenzial. Zahlungsdaten und Nutzungsverhalten werden zu wertvollen Indikatoren für Bonität und Nachfrageentwicklung – eine datenbasierte Grundlage, auf der Finanzierungsentscheidungen präziser getroffen werden können. Schröder spricht dabei von einer „neuen Logik der Kreditvergabe“.
Afrika sei damit kein Zukunftsmarkt mehr, sondern ein Gegenwartsmarkt mit eigenständiger Dynamik. Wer diese Entwicklung versteht und ihr mit passgenauen Finanzierungsinstrumenten begegnet, kann Rendite und Wirkung erzielen.
Um den besonderen Bedingungen vor Ort gerecht zu werden, arbeitet Invest in Visions mit eigens entwickelten Bewertungsmodellen. Denn: Afrika hat nicht weniger Risiko als andere Märkte – nur andere Risiken.
Invest in Visions startet einen Eltif-Fonds für Solarprojekte in Afrika und adressiert Finanzierungslücken im Mittelstand. Digitale Zahlungssysteme und neue Risikomodelle eröffnen Investoren Zugang zu wachstumsstarken Märkten – jenseits von Großprojekten, nah an unternehmerischer Realität.