Hongkong

Chinas IPO-Regulierung verstört Finanzbranche

Die in Hongkong ansässigen Finanzmarktteilnehmer sorgen sich über politisch motivierte und extrem unpräzise Zulassungsvorschriften für chinesische Anwärter auf ein Initial Public Offering (IPO) an den Börsen in New York und der wirtschaftsrechtlich ebenfalls als Ausland geltenden Sonderverwaltungszone Hongkong.

Chinas IPO-Regulierung verstört Finanzbranche

nh Schanghai

Chinas geplante Neuregelung der Genehmigungsvoraussetzungen für das Listing von heimischen Unternehmen an ausländischen Börsen stößt auf erhebliche Kritik beim in Hongkong ansässigen Interessenverband der Finanzindus­trie für den asiatischen Raum, der Asia Securities Industry und Financial Markets Association (Asifma). Wie aus nun bekannt gewordenen Inhalten eines Briefes der Asifma an Chinas Wertpapieraufsichtsbehörde China Securities Regulatory Commission (CSRC) hervorgeht, sorgen sich die in Hongkong ansässigen Finanzmarktteilnehmer über politisch motivierte und extrem unpräzise Zulassungsvorschriften für chinesische Anwärter auf ein Initial Public Offering (IPO) an den Börsen in New York und der wirtschaftsrechtlich ebenfalls als Ausland geltenden Sonderverwaltungszone Hongkong.

Politischer Zündstoff

Anlass des Briefes dürfte eine zu Wochenbeginn ausgelaufene Konsultationsfrist zu einem neuen Richtlinienvorschlag der CSRC sein, mit dem sie erstmals auch in die direkte Verantwortung für die Genehmigung von Börsengängen chinesischer Adressen im Ausland eintritt. Die CSRC begründet den neuen Regulierungsschritt damit, dass Aktienverkäufe von bestimmten chinesischen Firmen im Ausland sicherheitspolitischen Bedenken unterlägen. Zum neuen Regelwerk gehören jede Menge kapitalmarktfremde und politisch überfrachtet wirkende Bestimmungen, wie etwa ein IPO-Verbot für chinesische Firmen, die sich oder deren führende Anteilseigner sich „Verstöße gegen die Ordnung der sozialistischen Marktwirtschaft“ in China geleistet haben.

Da zahlreiche chinesische Technologiefirmen und Start-ups auch ausländische Kapitalgeber, darunter Investmentbanken, Private-Equity-Firmen und Fondsgesellschaften aufweisen, lässt sich der Kontext für die Begründung von IPO-Sperren beliebig ausweiten. Gleichzeitig fürchtet die Finanzbranche, dass sie als Emissionsbegleiter und Berater von chinesischen IPO-Anwärtern in einen politischen Zwiespalt gerät, der negativ auf ihre Geschäfte oder künftige Lizenzerteilungen auf dem chinesischen Festland abfärbt.

In Hongkong aktiven Finanzinstituten drohen damit erheblich gesteigerte operationelle Kosten und Rechtsrisiken im Aktienkapitalmarktgeschäft mit chinesischen Firmen. Darüber hinaus muss die Branche befürchten, dass das über Jahre hinweg extrem lukrative Geschäft mit der Begleitung von chinesischen Börsengängen im Ausland immer weiter auszutrocknen droht, nachdem China den IPOs von heimischen Techfirmen einen Riegel vorgeschoben hat, der nicht nur die Wall Street, sondern auch den Hongkonger Markt betrifft. Dort ist der IPO-Markt vor allem wegen Pekinger Regulierungsoffensiven seit Jahresmitte 2021 regelrecht verkümmert (siehe Grafik).

Die chinesische Regierung hatte im vergangenen Jahr eine aufsehenerregende Regulierungskampagne gegen die überwiegend in New York und/oder Hongkong gelisteten großen heimischen Internet- und Technologiefirmen lanciert. Diese werden mit einer Vielzahl von neuen Datenschutz- und Cybersecurity-Auflagen konfrontiert, die der „Wahrung der nationalen Sicherheit“ dienen sollen und auf dem zunehmend auch in der Technologiesphäre geführten Streit zwischen China und den USA gründen.

Anfang Juli kam es dann zu einem regelrechten Eklat, als Chinas Regulatoren den kurz zuvor mit einem 4,4 Mrd. Dollar schweren IPO an die New Yorker Nasdaq gegangenen Fahrdienstriesen Didi Global mit drakonischen Strafen wegen der Verletzung von Cybersecurity-Regeln an­gingen und die Didi-Aktie dramatisch abstürzen ließen.

Dabei wurde offenbar, dass Didi gegen den Willen der Regierung ihr Wall-Street-IPO durchgezogen hatte, von der CSRC mangels gesetzlicher Befugnisse daran allerdings nicht gehindert werden konnte. Peking hat die Didi-Affäre zum Anlass genommen, chinesische Börsengänge im Ausland grundsätzlich neu zu regulieren.

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