Verwaltungsratspräsident

Credit Suisse verspielt das Vertrauen

Mit Axel Lehmann leitet wieder ein Sanierungsexperte den Verwaltungsrat von Credit Suisse. Im Vergleich zu seinem über den Bruch von Quarantäneregeln gestolperten Vorgänger ist er jedoch unbekannt.

Credit Suisse verspielt das Vertrauen

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Eine Schnellreparatur von Credit Suisse sei nicht möglich – so die Botschaft, mit der der als Sanierer angetretene António Horta-Osório Anfang November vor die Investoren trat. Doch selbst dafür hätte dem portugiesisch-britischen Manager die Zeit gefehlt, denn keine drei Monate später hat der Skandal um seinen Verstoß gegen Schweizer Quarantäne Bestimmungen (vgl. BZ vom 10.12.21) ihn in der Nacht zum Montag aus dem Amt gefegt.

Die Schweizer Großbank, die nach den im vergangenen Jahr angehäuften milliardenschweren Verlusten im Geschäft mit dem Hedgefonds Archegos und dem Lieferkettenfinanzier Greensill einen Kulturwandel versprochen hat, versucht sich derweil in Schadensbegrenzung, indem sie stante pede einen Nachfolger präsentiert, der als erfahrener Versicherungsexperte gleichermaßen als Garant für gepflegte Langweile wie gekonntes Risikomanagement gelten darf. Credit Suisse will ihr Image als Drama-Queen der Branche offensichtlich trotz des neuerlichen Wechsels an der Spitze hinter sich lassen.

Doch das Signal verfehlt seine Wirkung an den Märkten. Der erst vor wenigen Monaten in den Verwaltungsrat von Credit Suisse gewählte Axel Lehmann kommt von der UBS und ist wie Konzernchef Thomas Gottstein gebürtiger Eidgenosse. Das ist der Stoff, aus dem sich das Narrativ einer Bank weben lässt, die Kapital aus dem spekulativen Investment Banking ziehen will, um die Vermögensverwaltung und das Geschäft in ihrem wohlhabenden Heimatmarkt auszubauen.

Der Nachteil der Personalentscheidung: Kaum jemand außerhalb der Schweiz kennt den 62-Jährigen, der die Hälfte seines Berufslebens in der Versicherungswirtschaft verbracht hat. Insbesondere bei internationalen Investoren, für die die Credit Suisse lange als Alternative zu den großen US-Investmentbanken populär war, dürfte dies für Verunsicherung gesorgt haben. Woher sollen sie wissen, wofür der Mann steht, auch wenn eine mehrjährige Tätigkeit als Chefrestrukturierer des Zurich-Konzerns auf eine gewisse Sanierungsexpertise hindeutet.

Präsident alter Schule?

Schwerer noch wiegt womöglich, dass Marktteilnehmer vermuten, dass Lehmann sich auf eine passivere Interpretation seiner Rolle als Verwaltungsratspräsident zurückziehen könnte. Wird er den Präsidenten alter Schule geben, dem deutschen Aufsichtsratschef ähnlicher als dem amerikanischen Chairman? So scheinen es zumindest die Analysten der Citigroup zu deuten, dass er nur wenige Stunden nach seiner Ernennung in einem Reuters-Interview seinem CEO Gottstein ostentativ den Rücken stärkt, indem er ihn als zentral für die Transformation bezeichnet und verspricht, dass es in absehbarer Zeit keine großen Veränderungen im Management geben werde.

Ohnehin schien sich die Begeisterung der Investoren für den eingeschlagenen Transformationsprozess bislang in Grenzen zu halten. Mit der Wahl, das Schicksal der Bank allein in schweizerische Hände zu legen, hat das Institut aber womöglich eine große Chance vertan. Der Charme der bisherigen Combo aus dem Schweizer Gottstein und dem Lloyds-Sanierer Horta-Osório hatte darin gelegen, dass sie auch auf internationalem Parkett die Vorzüge einer bodenständigeren Strategie glaubwürdig vermitteln konnten.

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