Service-Probleme 2023 ungelöst

Deutsche Bank stellt einigen Postbank-Kunden Entschädigung in Aussicht

Die Deutsche Bank kann das Postbank-Chaos nicht bis Jahresende lösen. In Pfändungsanliegen stellt das Institut schnellen Schadenersatz in Aussicht.

Deutsche Bank stellt einigen Postbank-Kunden Entschädigung in Aussicht

Postbank-Chaos bleibt 2023 ungelöst

Die Deutsche Bank verfehlt das selbst gesteckte Ziel zum Abbau der Rückstände – Schnelle Entschädigung für Pfändungsanliegen angekündigt

phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt

Anders als von Konzernchef Christian Sewing erhofft, wird die Deutsche Bank ihr Service-Problem bei der Postbank nicht mehr in diesem Jahr komplett lösen. Das räumte die Bank heute ein. Bestimmten Kunden möchte sie aber leichteren und schnelleren Schadenersatz ermöglichen.

Die Deutsche Bank wird das Postbank-Chaos nicht mehr wie von ihr erhofft in diesem Jahr in den Griff bekommen. Bestimmten geschädigten Kunden will sie nun allerdings den Schadenersatz erleichtern. Einem Sprecher zufolge "kam es in den vergangenen Monaten bei Bearbeitung von Pfändungsanliegen zu Verzögerungen, die bei Kunden der Postbank zu unverschuldetem Mehraufwand oder Zusatzkosten geführt haben – beispielsweise durch Kosten für Rücklastschriften".

Online-Antrag auf Schadenersatz

Für Kunden, die im Rahmen ihrer Pfändungsanliegen Schadenersatz gegen die Bank geltend machen möchten, habe die Deutsche Bank einen online-basierten Bearbeitungsprozess eingerichtet, um berechtigten Kundenansprüchen schnell nachkommen zu können. Das Verfahren sei digital, so dass ein Besuch einer Filiale nicht nötig sei, sagte ein Sprecher. Der Schadenersatzanspruch sei auf maximal 1.000 Euro begrenzt.

Um den Schadenersatzanspruch geltend zu machen, müssen dem Sprecher zufolge folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der betroffene Kunde muss aktiver Nutzer eines Postbank-Girokontos sein. Ihm muss in diesem Jahr ein finanzieller Schaden durch verzögerte Bearbeitung in Zusammenhang mit einer Pfändung, Insolvenz oder des Pfändungsschutzes entstanden sein. Und der Schaden muss durch Belege nachweisbar sein. Sofern diese Anforderungen erfüllt sind, werde die Bank nach Einreichen der Anträge die Schadenersatzansprüche in der Regel bis Ende des Folgemonats erstatten.

Nicht bloß Pfändungsanliegen

Die Pfändungsanliegen gehören aktuell zu den besonders kritischen Problemen. Sie sind aber keineswegs der einzige Grund für Beschwerden, die Postbank-Kunden im Zusammenhang mit der in diesem Jahr erfolgten IT-Migration zur Deutschen Bank vorbringen.

Eine genaue Beschwerdezahl nennt die Bank weiterhin nicht. Jedenfalls war sie so groß, dass sich die Finanzaufsicht BaFin gezwungen sah, die Bank dafür öffentlich zu rügen und ihr einen Sonderprüfer ins Haus zu schicken, der die Abarbeitung der Rückstände im Back Office überwachen soll.

Eigene Deadline gerissen

Wie CEO Christian Sewing im September auf einer Veranstaltung in Frankfurt sagte, wollte die Bank den Rückstau eigentlich bis Ende des Jahres abarbeiten. Er verband dieses Versprechen mit der Entschuldigung, der eigenen Verantwortung nicht gerecht geworden zu sein. Das selbst gesteckte Ziel für die Behebung des Problems wird die Bank allerdings verfehlen. Das "Handelsblatt" hatte darüber zuerst berichtet.

800 zusätzliche Arbeitskräfte

Einem Sprecher zufolge ist die Bank beim Abarbeiten der Kundenanfragen seit Sommer weit vorangekommen – auch weil die Bank mehr als 800 zusätzliche Arbeitskräfte dafür abgestellt habe. Die Abarbeitung der verbleibenden Rückstände sei jedoch komplex und würde in Teilen mehr Zeit in Anspruch nehmen. "Einen Teil dieser Fälle werden wir deshalb Anfang 2024 abschließend bearbeiten", so der Sprecher weiter.

Dem Vernehmen nach soll dies im Verlauf des ersten Quartals geschehen. Das Postbank-Problem wird die Deutsche Bank auch im neuen Jahr an verschiedenen Stellen beschäftigen. Mit dem heutigen Angebot für geschädigte Kunden mit Pfändungsanliegen ist das Schadenersatzthema für die Bank nicht erledigt. Weitere der insgesamt rund 12 Millionen Postbank-Kunden können über den Standardprozess Beschwerden einreichen.

Sicher ist schon jetzt, dass das Postbank-Debakel der Deutschen Bank Millionen kosten wird. Bei der Vorstellung der Ergebnisse hatte James von Moltke gesagt, dass dafür im dritten Quartal weniger als 10 Mill. Euro verbucht worden seien. Weitere 30 bis 35 Mill. Euro sollen im Schlussquartal folgen. Im Raum steht zudem auch eine mögliche Geldbuße, die von der BaFin bislang allerdings noch nicht verhängt wurde.

Millionenschaden für die Bank

Die im Zusammenhang mit den Postbank-Problemen stehende gebildete Vorsorge bezifferte der Finanzchef im dritten Quartal auf 25 Mill. Euro. Im Schlussquartal werde eine ähnliche Summe anstehen. Dabei könnte es sich allerdings um einen buchhalterischen Effekt handeln. Anders als bei den bereits verbuchten Kosten können Moltke zufolge auf die aus technischen Gründen gebildete Vorsorge nach Abarbeitung des Rückstaus auch wieder entsprechende Zuschreibungen folgen.

EY soll Verantwortlichkeiten klären

Das Thema hat innerhalb der Bank nun eine hohe Priorität. Wie das "Handelsblatt" berichtet, soll die Deutsche Bank eine Taskforce eingesetzt haben, die Vorstandschef Sewing zweimal pro Woche über die Fortschritte bei der Abarbeitung der Probleme informieren soll.

Der Aufsichtsrat habe dem Bericht zufolge zudem den eigenen Wirtschaftsprüfer EY beauftragt zu prüfen, wer für die Service-Versäumnisse der Postbank verantwortlich ist. Möglicherweise könnte die Bank so einen Teil der entstandenen Kosten durch entsprechende Bonikürzungen wieder hereinholen.

Wertberichtigt Seite 2
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