EU-Banken trotzen Unsicherheit
EU-Banken trotzen Unsicherheit
Commerzbank sieht robustes zweites Quartal – Wachsende Risikoselektion
wbr Frankfurt
Der europäische Bankensektor zeigt sich im zweiten Quartal 2025 insgesamt robust – trotz geopolitischer Spannungen, Handelsrisiken und geldpolitischer Unsicherheiten. Eine Studie der Commerzbank zeigt eine stabile Lage – jedoch mit wachsender Spreaddynamik und anhaltendem Druck auf die Kreditqualität. Entscheidend sei nun eine stärkere Differenzierung im zweiten Halbjahr.
Enge Spreads
Die Risikoaufschläge europäischer Bankanleihen haben sich nach der April-Volatilität auf das Niveau vom Februar zurückgebildet. Die Commerzbank spricht von Dekompression. Trotz global wachsender Konkurrenz durch US-Großbanken sei die Kapitalausstattung europäischer Institute weiterhin solide, selbst unter Stressbedingungen.
In den großen Märkten Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien sind die Spreads derzeit relativ eng – ein Hinweis darauf, dass Investoren makroökonomischen Risiken ein höheres Gewicht beimessen als nationalen Unterschieden. Dennoch erwartet die Commerzbank in der zweiten Jahreshälfte eine leichte Spreadausweitung.
Während sich die Qualität der Unternehmenskredite in der EU im vierten Quartal nach Beobachtung der Commerzbank leicht verbessert hat und im ersten Quartal weitgehend stabil blieb, sieht das Haus bei deutschen Unternehmenskrediten einen Trend zur Verschlechterung. Unter den Kernmärkten der EU könnte Deutschland im zweiten Quartal Probleme mit der Qualität von Unternehmenskrediten bekommen.
NPL-Quoten steigen weiter
Die steigende Risikovorsorge und Kreditausfälle der Unternehmen haben die deutschen NPL-Quoten der Unternehmen nun auf das Niveau anderer europäischer Länder gebracht. Für das erste Halbjahr 2025 wird laut Daten von Creditreform ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland um 9,4% gegenüber dem ersten Halbjahr 2024 erwartet. Das entspreche einem Zehnjahreshoch. Ein zusätzlicher Stressfaktor blieben Gewerbeimmobilienkredite.
Übergang in die Normalisierung
Die Wende in der Geldpolitik setzt die Kreditmargen weiterhin unter Druck. Doch bis Ende März sind nach Einschätzung der Analysten die Margen nur langsam zurückgegangen (zumindest teilweise aufgrund der strengeren Kreditvergabestandards). Unter den großen Ländern der EU haben italienische und spanische Kreditgeber am meisten von der ersten Zinserhöhung profitiert. Daher verfügen sie nach wie vor über den größten Spielraum für eine Lockerung der Kreditbedingungen. Ihr Geschäft werde weiterhin durch eine solide Kreditnachfrage gestützt, sodass sie wahrscheinlich noch einige Zeit hochrentabel bleiben können. In Italien scheint diese Dynamik jedoch weniger robust zu sein als in Spanien, schreibt die Commerzbank.
Kapitalpolster sind intakt
Die Bank erwartet für das zweite Quartal weiterhin gute Ergebnisse, aber nicht auf dem Niveau des ersten Quartals. Europäische Banken bleiben stabil – mit intakten Kapitalpolstern, soliden Handelsquellen und gezielter Risikoabsicherung. Investoren und Banken müssten im Jahresverlauf selektiver werden, weil sich die wirtschaftlichen, regulatorischen und marktspezifischen Bedingungen zunehmend unterscheiden – je nach Land, Kredittyp oder Geschäftsmodell.