Nachhaltigkeit

Frankfurt School rechnet mit grüner Geldanlage ab

Die Wirkung der nachhaltigen Kapitalanlage wird aus Sicht von Michael Grote, Professor an der Wirtschaftshochschule Frankfurt School, weit überschätzt. Finanzmärkte seien allein nicht in der Lage, einen großen Wandel anzuschieben.

Frankfurt School rechnet mit grüner Geldanlage ab

jsc Frankfurt

Die nachhaltige Kapitalanlage ist aus Sicht der privaten Hochschule Frankfurt School mit zu hohen Erwartungen konfrontiert: Während sich Finanzbranche, Aufseher, Politik und Anleger auf das Thema stürzten, sei die konkrete Wirkung des Vorhabens zweifelhaft, sagte Michael Grote, Professor für Corporate Finance, am Donnerstag auf einer Online-Pressekonferenz der Hochschule in Frankfurt. Es liege nicht in der Funktionsweise von Kapitalmärkten, den Planeten zu retten und den Kapitalismus zu verändern. „Nachhaltige Geldanlagen be­kämpfen den Klimawandel nicht.“ Es bestehe eine „Illusion von Aktion“.

Die meisten Anleger seien nicht bereit, für gesellschaftlich gewollte Ziele auf Rendite zu verzichten, wie Grote in einer Analyse mit seinem Forscherkollegen Matthew Zook von der University of Kentucky festhält. „Anleger machen das vor allen Dingen, um ein warmes Gefühl zu bekommen“, sagt Grote. Damit ergäbe sich kein Finanzierungsvorteil.

Die Renditeunterschiede zwischen nachhaltigen und herkömmlichen Fonds seien auf lange Sicht tatsächlich marginal. Auch zeige die Forschung kaum einen Unterschied zwischen grünen und gewöhnlichen Anleihen. Immerhin 5 bis 18 Basispunkte Differenz sind im Green-Bond-Segment möglich, wenn die Papiere von staatlichen oder staatsnahen Institutionen ausgereicht werden oder in Euro notiert sind, wie ein Team an der Frankfurter Goethe-Universität und des Instituts Safe um die Ökonomin Julia Kapraun ausweist. Auf das Papier verweist auch Grote. Insgesamt aber seien Finanzierungsvorteile zu gering, um Investitionsentscheidungen von Unternehmen wesentlich zu verändern.

Darüber hinaus sei es nicht primäres Ziel der Finanzbranche, eine positive Wirkung zu erzielen. So reflektierten ESG-Ratings vor allem finanzielle Risiken, die mit der Nachhaltigkeit zusammenhingen – die konkrete Wirkung stehe nicht im Fokus. Produktanbieter wiederum sähen zuallererst Geschäftschancen. „Es geht hier vor allem um eine Business Opportunity, es geht nicht darum, die Welt zu verbessern.“ Viele grüne Projekte in der Wirtschaft wären auch mit herkömmlicher Finanzierung entstanden, ESG-Instrumente böten keinen zusätzlichen Vorteil.

Aus sich heraus schaffe der Kapitalmarkt somit keinen tiefgreifenden Wandel. Die Unternehmen müssten vielmehr durch Vorgaben und CO2-Prei­se zum Umdenken bewegt werden, argumentiert Grote. Anleger wiederum seien mit einer gezielten Spende für gewünschte Ziele oft besser beraten als nur mit der Investition in irgendein grünes Finanzprodukt. Allerdings sei im Segment des Wagniskapitals ein Investment mit zugleich hoher Wirkung vorstellbar.

Völlig wirkungslos sei die nachhaltige Kapitalanlage aber nicht, räumt der Forscher ein: Geldgeber forderten von Unternehmen Informationen zur Nachhaltigkeit ein, um die regulatorisch geforderte Transparenz herzustellen. Damit komme das Thema in der Wirtschaft an. Das Verständnis sei mittlerweile auch im Mittelstand gewachsen.