Vermögensverwaltungsbank

Für die UBS geht es in Frankreich um Milliarden

Die UBS steht im Verdacht, ihren Kunden während vieler Jahre geholfen zu haben, Gelder in Milliardenhöhe am Fiskus vorbei außer Landes zu bringen. Die Anklage plädiert auf qualifizierte Geldwäsche.

Für die UBS geht es in Frankreich um Milliarden

dz Zürich

Seit Jahren liefern sich die UBS und die französische Justiz einen Kampf epischen Ausmaßes. Es geht um Steuerflucht und verbotene Kundenwerbung und, wie immer bei der weltgrößten Vermögensverwaltungsbank, um sehr viel Geld. UBS steht im Verdacht, ihren Kunden während vieler Jahre geholfen zu haben, Gelder in Milliardenhöhe am Fiskus vorbei außer Landes zu bringen. Die Anklage plädiert auf qualifizierte Geldwäsche. Darüber hinaus hätten sich Mitarbeitende aus der Schweiz in Frankreich ohne lokale Berufslizenz und somit illegal an der Akquise reicher Kunden beteiligt. Auch das über einen langen Zeitraum hinweg.

Doch das Interesse an dem Prozess geht über das Geld und die UBS hinaus. Der Streit beinhaltet ein Stück weit auch die Aufarbeitung der unrühmlichen Geschichte, in welcher der Schweizer Finanzplatz vielen Steuerflüchtlingen aus der EU als Versteck gedient hatte. Die UBS stellt sich in ihrer Verteidigung auf den Standpunkt, die EU und ihre Mitgliedstaaten hätten mit der Unterzeichnung des Zinsbesteuerungsabkommens im Jahr 2004 darauf verzichtet, eine Vielzahl von Steuerschlupflöchern zu schließen, und so die Steuerflucht ihrer Bürger be­wusst in Kauf genommen.

Die UBS hat in diesem Streit bislang auf der ganzen Linie verloren. 2014 hatte die vom seinerzeitigen Präsidenten François Hollande ins Leben gerufene nationale Finanzstaatsanwaltschaft PNF Anklage erhoben. In der Folge wurde die Bank zur Zahlung einer Kaution in Höhe von 1,1 Mrd. Euro verpflichtet. Dagegen wehrte sie sich bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof – vergeblich.

Vor vier Jahren stiegen die Streitparteien dann direkt gegeneinander in den Ring. Scheinbar siegessicher, plädierte die UBS in der ersten Instanz auf Freispruch. Erneut bezog sie eine fast schon geschichtsträchtige Niederlage. Das im Februar 2019 eröffnete Urteil lautete auf eine Buße von 3,7 Mrd. Euro und auf 800 Mill. Euro Schadenersatz.

Postwendend verweigerte die Generalversammlung der UBS-Aktionäre ihrer Bankführung die Entlastung. Diese habe das ursprüngliche Angebot der französischen Justiz über einen finanziellen Vergleich ohne Schuldeingeständnis zu wenig geprüft und der Bank damit möglicherweise einen großen Schaden zugefügt, begründeten die Eigentümer ihr Misstrauensvotum.

Arrogantes Auftreten

Die UBS-Führung rechtfertigte ihre riskante Prozessstrategie mit dem Argument, die französischen Ermittler hätten für ihre Anschuldigungen praktisch keine schriftlichen Beweise vorgelegt, sondern sich ganz auf die Aussagen von Zeugen ge­stützt, die im Prozess nicht einmal selbst aufgetreten seien. Allerdings berichteten Prozessbeobachter auch von reichlich arroganten Auftritten der UBS-Anwälte, die das politisch aufgeladene Klima, in dem der Prozess stattfand, offensichtlich nicht richtig einzuschätzen wussten. Tatsächlich scheint die PNF als junge Ermittlungsbehörde unter einem besonderen Erfolgszwang gestanden zu haben. Präsident Hollande hatte die Schaffung von PNF angestoßen, nachdem sein Budgetminister Jé­rôme Cahuzac als Steuersünder mit einem UBS-Konto aufgeflogen war.

Fakt ist, dass die UBS ihr Rechtsteam im Blick auf den Prozess in der Berufungsinstanz grundlegend um­gestellt hat. Und mehr noch: Die Bank hat auch ihre Verteidigungsstrategie neu ausgerichtet und das Zinsbesteuerungsabkommen der EU ins Zentrum gerückt. In dem Abkommen einigten sich die EU-Staaten mit der Schweiz darauf, Zinserträge aus Ausländerkonten mit einer Quellensteuer zu belegen, so dass die Schweiz das steuerliche Bankgeheimnis für ihre ausländischen Kunden wahren konnte.

Klar war aber von Anfang an, dass das System nicht geeignet war, die Steuerflucht wirkungsvoll zu unterbinden. Beobachter, die in den damaligen Verhandlungen zum Abkommen eine Rolle spielten, sagen heute, die Richtlinie wäre so nie zustande gekommen, wenn EU-Staaten wie Luxemburg oder Großbritannien nicht intensive Interessenpolitik in eigener Sache betrieben hätten, um ihre Finanzplätze zu schützen.

Lücken ausgenutzt

Gerungen wurde um das bereits 1996 vorgestellte dreiteilige Monti-Paket, benannt nach dem damaligen EU-Kommissar Mario Monti, zur Be­kämpfung eines schädlichen Steuerwettbewerbs innerhalb der EU, von der die Zinsbesteuerung ein Bestandteil war. Die UBS verteidigte sich in Paris mit dem Argument, sie habe lediglich die Lücken im Abkommen ausgenutzt, welche die EU und ihre Mitgliedstaaten bewusst in Kauf genommen hätten. Es sei unzulässig, diese Tatsache im Nachhinein außer Acht zu lassen und von Geldwäsche zu reden.

Inwieweit diese Argumente bei den Richtern verfangen haben, wird man am Montag wissen. Sicher ist indessen, dass die UBS im Vergleich zur ersten Instanz mit einer deutlich geringeren Strafzahlung rechnen muss. Die Staatsanwaltschaft verlangt noch 3 Mrd. Euro. Die Reduktion der Buße basiert auf einem Urteil des Kassationshofes, nach dem für die Berechnung der Buße nicht mehr die ganze hinterzogene Geldsumme, sondern nur noch der dem Fiskus entgangene Betrag relevant ist. So oder so bleibt das Urteil für den Ruf der UBS und der Schweiz von erheblicher Bedeutung. Beobachter gehen davon aus, dass es noch bis zur letzten Instanz weitergezogen wird – für beide Parteien stehe zu viel auf dem Spiel.

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