Markus Wiegelmann

„Im vierten Quartal lief alles sehr gut“

Der Finanzchef der BayernLB, Markus Wiegelmann, spricht über das Geschäftsjahr 2022 und verrät, warum die Bank das beste Ergebnis seit der IFRS-Umstellung im Jahr 2007 einfahren konnte.

„Im vierten Quartal lief alles sehr gut“

Joachim Herr.

Herr Wiegelmann, lassen Sie mich raten: Die BayernLB hat 2022 wie in den Jahren zuvor Ihre Prognose für das Ergebnis vor Steuern übertroffen. Zuletzt hatten Sie mehr als 600 Mill. Euro in Aussicht gestellt.

Wir haben die 600 Mill. Euro sogar sehr deutlich überschritten und ein Ergebnis vor Steuern von mehr als 1 Mrd. Euro erzielt. Im vierten Quartal lief alles sehr gut.

Oh! Mehr als 1 Mrd. Euro hatte die BayernLB zuvor nur einmal erreicht. Stimmt’s?

Seit unserer Umstellung auf IFRS im Jahr 2007 und insbesondere seit der Neuausrichtung der Bank 2019 ist das sogar unser bisher bestes Ergebnis. Das vierte Quartal war mit rund 700 Mill. Euro besonders stark.

Haben dazu auch die angekündigten Sondereffekte beigetragen?

Ja. Der Verkauf von Immobilien in München, die wir nach dem Abbau von Arbeitsplätzen und wegen der seit der Corona-Pandemie veränderten Arbeitsgewohnheiten nicht mehr benötigen, hat ungefähr 300 Mill. Euro zum Ergebnis beigetragen.

Haben Sie da noch Objekte in petto?

Nein, was wir zur Veräußerung definiert haben, ist jetzt weg. Das sind die Gebäude außerhalb unseres Kerncampus.

Wann wird die BayernLB von dort wegziehen?

Einen Umzug haben wir wegen des geopolitischen Umfelds auf unbestimmte Zeit verschoben. Wir sind jetzt dabei, die Gestaltung der Arbeitsplätze auf unserem Campus zu optimieren.

Wenn es so weit ist: Wird die Landesbank ein neues Gebäude kaufen oder mieten?

Diese Frage ist aktuell kein Thema.

Zurück zum Ergebnis: Warum ist es im vierten Quartal so hoch gewesen?

Wir hatten einen sehr starken Zinsüberschuss, da wir zum einen von der Zinswende profitieren. Zum anderen haben wir im Gesamtjahr 2022 aus dem EZB-Tender Bonifikationen von mehr als 100 Mill. Euro vereinnahmt.

Erhalten Sie auch in diesem Jahr noch solche Provisionen für die Teilnahme an Refinanzierungsgeschäften der EZB?

Ja, aber nur noch kleinere Beträge. Den Großteil der EZB-Tender haben wir bereits zurückgezahlt.

Und die anderen Gründe für das hohe Ergebnis im Schlussquartal?

Wir haben eine vergleichsweise geringe Risikovorsorge gebildet, weil unser Portfolio sich sehr robust entwickelt. Und schließlich konnten wir einen Teil der Rückstellungen für die Restrukturierung der Kernbank auflösen.

Ohne Sondereffekte hätte die BayernLB 2021 ein Ergebnis vor Steuern von 540 Mill. Euro erzielt. Wie hoch wäre es im vergangenen Jahr gewesen?

Ungefähr 700 Mill. Euro. Im Durchschnitt erwirtschaften wir im Monat somit aktuell ein operatives Ergebnis von fast 60 Mill. Euro.

Bisher hatten Sie mit rund 50 Mill. Euro kalkuliert – ohne Bankenabgabe und Einlagensicherung.

Ja. Zeitweise lagen wir wegen der niedrigen Zinsen sogar unter 45 Mill. Euro. In diesem Jahr trauen wir uns einen Tick mehr als 60 Mill. Euro zu.

Welche Gründe gibt es für diese offenbar dauerhafte Verbesserung? Zahlt sich der Umbau der Bank aus?

Die Kostenersparnis in der Kernbank ist einer der drei wesentlichen Gründe. Vor allem aber ist es das Wachstum in unserem Immobiliengeschäft und das unserer Direktbank DKB – sowohl auf der Volumen- als auch auf der Ertragsseite. Drittens ist es die Zinswende. Wir profitieren davon für unsere Kapitalanlagen und erzielen aus der Retailrefinanzierung der DKB wieder eine Passivmarge.

Was heißt das?

Wir hatten uns wie alle Banken sehr schwergetan, die negativen Zinsen an unsere Kunden weiterzugeben. Darunter hat die Zinsmarge gelitten. Dank der Zinswende bekommen wir jetzt Geld zu günstigeren Konditionen verglichen mit den Konditionen, zu denen wir Geld verleihen.

Nochmals zu den Kosten: Um wie viel sind die in der Kernbank gesunken?

Seit 2019 hat sich unsere operative Kostenbasis um rund 150 Mill. Euro verringert.

Wie hoch waren sie vorher?

Deutlich über 700 Mill. Euro. Wir sprechen also über eine Kostenreduzierung von rund 20%.

Welche Folgen hätten rasche nächste Zinsschritte der EZB für die DKB?

Insgesamt erwarten wir für die DKB von der Zinswende stärkere positive Effekte als für die Kernbank. Die DKB profitiert stark von der Renaissance der Retailrefinanzierung. Gleichzeitig ist sie stärker von der Entwicklung des Marktes und des Wettbewerbs abhängig. Da eine deutlich höhere Verzinsung der Einlagen ab einem gewissen Grad auch negative Effekte hätte, haben wir uns zu einem erheblichen Teil gegen solche Zinsänderungen abgesichert. Zudem verfügt die DKB mit ihren mehr als 5,3 Millionen Kunden über viele Girokonten. Das ist eine gute Grundlage.

Denn das Geld auf den Girokonten wird nicht verzinst – noch nicht. Wie wird es mit den Zinsen weitergehen?

Wir unterstellen einen moderaten Anstieg der Einlagenverzinsung.

Die Zinswende bremst die Immobilienwirtschaft. Bekommt das auch die BayernLB zu spüren?

In der privaten Baufinanzierung der DKB merken wir das schon. Da sind die Volumina eher rückläufig. In der gewerblichen Finanzierung läuft das Neugeschäft aktuell weiterhin zufriedenstellend. Die BayernLB und die DKB finanzieren weiterhin Wohnungsgesellschaften, Büroimmobilien und Logistikobjekte, haben eine gute Verbindung zu den Kunden und begleiten sie etwa auch bei der Dekarbonisierung. Wir finanzieren also Investitionen mit dem Ziel, die Kohlendioxid-Emissionen zu verringern.

Anderes Thema: Wirkt sich die Konjunkturschwäche auf die Kreditrisikovorsorge aus?

Nach wie vor sehen wir wenige Ausfälle im Geschäft mit Firmen-, Immobilien- und Privatkunden. Die pauschale Risikovorsorge, die sogenannten Post Model Adjustments, haben wir aber als Puffer ins Jahr 2023 mitgenommen.

Zuletzt hatten Sie dafür einen Betrag von rund 300 Mill. Euro genannt. Wie viel sind es jetzt?

Es sind etwa 350 Mill. Euro pauschale Vorsorge wegen des Rezessionsszenarios vom Dezember. Seitdem fällt die Prognose etwas besser aus. Für eine mögliche Rezession sind wir aber gewappnet.

Fachleute rechnen mit einer Zunahme von Unternehmensinsolvenzen. Sie auch?

Im Moment haben wir in unseren Kundengruppen keine Anhaltspunkte dafür. Wir konzentrieren uns auf die Zukunftssektoren Mobilität, Energie, Technologie, Bau- und Grundstoffe sowie Maschinen- und Anlagenbau. Hier entwickeln sich unsere Kunden stabil und investieren viel. Die Nachfrage nach unseren Produkten steigt.

Die Commerzbank will unprofitables Geschäft mit einzelnen Firmenkunden aufgeben. Entspannt sich damit der Wettbewerb?

Die Situation hat sich nicht verändert. Wir schauen auf uns und punkten mit unserer Kompetenz, Erfahrung und unseren Services. Geschäfte mit geringsten Margen sind für uns nicht attraktiv. Jetzt ist Geld wieder etwas wert, und die Margen spiegeln die Risiken besser wider. Deshalb machen wir relativ viel Neugeschäft.

Bekommen die Gesellschafter, der Freistaat Bayern und die bayerischen Sparkassen, nach dem Gewinnanstieg eine höhere Dividende?

Für 2021 haben wir 75 Mill. Euro gezahlt. Für 2022 werden wir eine deutlich höhere Dividende vorschlagen. Dadurch profitieren unsere Eigentümer auch von der positiven Ergebnisentwicklung und Kapitalstärke der Bank.

Wie messen Sie die?

In den letzten acht Jahren haben wir im Durchschnitt ein Ergebnis vor Steuern von 700 Mill. Euro erzielt. So haben wir aus eigener Kraft unsere Kapitalbasis gestärkt. 2015 hatten wir ein hartes Kernkapital von rund 8 Mrd. Euro, jetzt sind es mehr als 11 Mrd. Euro.

Und wie hoch ist die CET-1-Quote, also die harte Kernkapitalquote? Ende 2021 waren es 17,3 %.

Wir gehen von einer ähnlichen Größenordnung aus. Den genauen Wert geben wir am 5. April in unserer Jahrespressekonferenz bekannt. Übrigens hat die gestärkte Eigenkapitalbasis auch unser Rating verbessert.

Nämlich wie?

Seit 2011 haben wir von Moody’s vier Upgrades erhalten, und stehen jetzt bei Aa3 mit positivem Ausblick. Damit zählen wir zu den bonitätsstärksten Banken in Europa.

Ihre Direktbank DKB hat vor kurzem ein großes Ziel gestrichen. Ende nächsten Jahres sollten es 8 Millionen Kunden sein. War die Vorgabe zu ambitioniert?

Jeden Monat kommen netto rund 25 000 Kunden dazu. Dazu tragen ehrgeizige Ziele bei. Es ist wichtig, dass die DKB strategiekonform weiter wächst und dass die Kunden bleiben und zufrieden sind. Die Geschwindigkeit des Wachstums ist weniger relevant.

Das Ziel 8 Millionen Kunden hätten Sie ja nicht ausrufen müssen.

Die Finanzkennzahlen der DKB stimmen. Das ist mir lieber als das reine Wachstumstempo. Mit der Entwicklung der DKB sind wir insgesamt sehr zufrieden. Wenn eine Fußballmannschaft 4:1 gewinnt, kann man viel über das Gegentor sprechen. Aber entscheidend ist der Sieg.

Wie weit sind Sie mit der Transformation der BayernLB von einer Universalbank zu einem Spezialfinanzierer?

Wir liegen voll im Plan und verfügen über viel Expertise in den definierten Branchen und Sektoren, um mit unseren Kunden auf Augenhöhe zu diskutieren und sie mit passenden Finanzlösungen zu begleiten.

Wann werden die letzten der 900 Mitarbeiter, die freiwillig gehen, die Bank verlassen?

Das wird in diesem Herbst der Fall sein.

Und alle anderen ziehen für Ihr Programm „Fokus 2024“ mit?

Unsere regelmäßigen Umfragen zeigen, dass auch unsere Mitarbeitenden die Notwendigkeit der Veränderungen klar erkennen und hinter dem strategischen Zielbild stehen. Die Richtung stimmt aus ihrer Sicht. Der Anspruch an die verbleibenden Mitarbeitenden ist allerdings gewachsen, da die Arbeit jetzt auf weniger Schultern verteilt wird. Das ist schon eine Herausforderung.

Kommen damit alle klar?

Insgesamt habe ich ein positives Bild, auch wenn für den einen oder anderen das Tempo der Veränderung sehr hoch sein mag. Dies ist uns bewusst, und hier haben wir als Führungskräfte die wichtige Aufgabe, unsere Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen.

Oder Sie nehmen den Fuß etwas vom Gas …

Nein, wir können nicht langsamer werden. Wir wollen und müssen die Bank für die Zukunft weiter fit machen.

Das Interview führte

BZ+
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