Bezugsrechtshandel

Kapital­schritt lässt Credit Suisse alt aussehen

Eine unglücklich arrangierte Kapitalerhöhung lässt die Credit Suisse schlechter dastehen als nötig. Der Kursabsturz im Bezugsrechtshandel wäre vermeidbar gewesen, glauben Kapitalmarktkenner.

Kapital­schritt lässt Credit Suisse alt aussehen

Von Daniel Zulauf, Zürich

Und plötzlich sind die Anrechte zum Bezug neuer Credit-Suisse-Aktien wieder richtig begehrt. Schon unmittelbar vor dem Wochenende hatte ziemlich unvermittelt eine starke Nachfrage nach den seit Wochenfrist an der Schweizer Börse unter dem Kürzel CSGN1 gehandelten Anrechten eingesetzt und den Kurs der Credit-Suisse-Aktien nach einer zwei Wochen langen Serie täglicher Allzeittiefstände nach oben gezogen.

Am vorletzten Tag des an sechs Tagen möglichen Bezugsrechtshandels notierten die Papiere am Montag zwischenzeitlich auf einem Höchststand von 0,19 sfr. An den Vortagen war rund ein Drittel aller Anrechte zu einem durchschnittlichen Kurs von gerade einmal 0,1 Rappen gehandelt worden. Wer die Papiere zu diesem Preis aufgesammelt hat, kann am kommenden Donnerstag Credit-Suisse-Aktien zum Preis von lediglich 2,87 sfr beziehen, was immerhin fast 10 % unter dem Höchstkurs vom Montag (3,17 sfr) lag.

Wer schon Credit-Suisse-Aktien besitzt, kann die neuen Aktien am Donnerstag sogar für lediglich 2,52 sfr ordern, vorausgesetzt, er hat die Bezugsrechte in den vergangenen Tagen nicht bereits veräußert. Allen Aktionären wurde Ende November ein Anrecht pro bestehende Aktie zugesprochen. Wer sie behalten hat, kann sich am Donnerstag für sieben Anrechte zwei neue Credit-Suisse-Aktien zum Vorzugspreis zuschreiben lassen. Gerade private Aktionärinnen und Aktionäre verzichteten aber offensichtlich auf dieses Angebot und verkauften die Bezugsrechte lieber.

Fehlsignale ausgesandt

Die Gründe dafür sind vielfältig. Die am nächsten liegende, aber nicht unbedingt beste Erklärung ist der schlechte Zustand der Bank. Ende November musste sie bekannt geben, dass Kunden Einlagen im Wert von über 80 Mrd. sfr abgezogen haben – offenbar aus Angst, dass der Bank die Liquidität ausgehen könnte. Doch es gibt auch das Argument, dass das Management mit der am 24. November angekündigten Kapitalerhöhung fatale Fehlsignale ausgesandt habe.

Im Vordergrund steht zunächst der niedrige Ausgabepreis von 2,52 sfr für die neuen Aktien. Zum Zeitpunkt der Ankündigung der Kapitalerhöhung über insgesamt 4 Mrd. sfr notierten die Credit-Suisse-Aktien noch bei rund 4 sfr. Der (theoretische) Wert des damals noch nicht handelbaren Bezugsrechtes betrug somit ganze 0,33 sfr. Das ist mehr als das Dreifache der ordentlichen Vorjahresdividende von 0,10 sfr.

Kapitalmarktkenner wie der Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Basel, Heinz Zimmermann, gehen davon aus, dass viele Investoren Anrechte wie steuerfreie Dividenden betrachten. Der Anreiz, die Anrechte zu verkaufen, nimmt mit dem Wert des Anrechtes zu.

Dabei hatte das Management das exakte Gegenteil erreichen wollen und möglichst viele Bestandsaktionäre motivieren wollen, die neuen Aktien zu zeichnen. Nicht zuletzt die in der Regel besonders treuen privaten Aktionäre. Möglicherweise wäre diese Rechnung mit einem höheren Ausgabepreis besser aufgegangen.

Aber das Management wollte sichergehen, dass alle Anrechte ausgeübt und die Kapitalerhöhung sicher über die Bühne gehen kann. Darum vereinbarte es mit einem Konsortium von nicht weniger als 19 Banken eine sogenannte Festübernahmegarantie. Die Banken garantierten, die neuen Aktien zum Preis von 2,52 sfr aufs eigene Buch zu nehmen, sollten sich keine anderen Käufer finden. Selbstredend hatten diese Syndikatsbanken kein Interesse an einem höheren Ausgabepreis der neuen Credit-Suisse-Aktien.

Das theoretische Gesamtrisiko des Bankenkonsortiums für den Fall, das kein einziger Bestandsaktionär an der Kapitalerhöhung teilnimmt, beläuft sich auf 2,24 Mrd. sfr. In der Praxis ist dieses Risiko aber natürlich um ein Vielfaches kleiner. Trotzdem musste die Credit Suisse tief in die Tasche greifen für die Festübernahmegarantie. Langjährige Marktbeobachter sprechen von einer Gebühr von deutlich über 100 Mill. sfr.

Für den Preis der teuren Festübernahmegarantie hätte das Management der bei der Kapitalerhöhung selbst als Global Coordinator agierenden Credit Suisse von den involvierten Banken Deutsche Bank, Morgan Stanley, RBC Capital und Société Générale eine deutlich bessere Leistung einfordern können, ist ein Marktkenner überzeugt. So hätte der anfängliche Angebotsüberhang bei den Anrechten mit der geeigneten Kurspflege aufgefangen und der Kurseinbruch abgefedert werden können.

Vordergründig ist die Kapitalerhöhung der Credit Suisse gelungen. Die anvisierten 4 Mrd. sfr werden Ende Woche in die Kassen fließen. Die erratische Kapitalbeschaffungsaktion hat jedoch viele treue Aktionärinnen und Aktionäre der Schweizer Großbank düpiert. Das sagt mehr über das Nervenkostüm der Credit-Suisse-Führung aus als über den Zustand der Bank.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.