„ESG Book“

Neue Plattform für Nachhaltigkeitsdaten

Die Datenplattform „ESG Book“ soll nach dem Willen einer Initiative rund um die Analysefirma Arabesque Angaben von Unternehmen zur Nachhaltigkeit sammeln. Einen verbindlichen Standard setzt das Vorhaben nicht.

Neue Plattform für Nachhaltigkeitsdaten

jsc Frankfurt

Auf der Suche nach Rohdaten zur Nachhaltigkeit steht der Finanzbranche und einer breiten Öffentlichkeit bald eine weitere Quelle zur Verfügung: Das „ESG Book“ soll als zentrale Sammelstelle für Angaben zur Nachhaltigkeit ab Januar öffentlich einsehbar sein, wie die federführende Gesellschaft Arabesque am Mittwoch angekündigt hat. Zuvor hatte das Analysehaus mit einer Allianz an Finanzadressen und Initiativen die Gründung der Datenbank bekannt gegeben, die bis Januar allerdings nur für ausgewählte Kreise zugänglich sein soll.

Relevanz soll die Datenbank dabei durch einen kostenlosen Zugang bekommen: Weder für Unternehmen, die ESG-Angaben einspeisen, noch für Nutzer soll die Plattform etwas kosten. Das Geschäftsmodell sieht allerdings vor, dass ergänzende Dienstleistungen und Analysen zahlungspflichtig sind. Arabesque vergleicht das Geschäftsmodell mit dem Streamingdienst Spotify: „Die Musik ist kostenlos, aber gute Playlists und die Downloads haben einen Preis“, erklärte ein Sprecher.

Um Unternehmen zu ködern, stellt die Initiative ein flexibles Modell in Aussicht. Die Datenbank soll mit verschiedenen Rahmenwerken kompatibel sein. „ESG-Daten aus unterschiedlichen Frameworks könnten gleichzeitig auf der Plattform gesammelt und gemeldet werden.“ Unternehmen behielten die Kontrolle über ihre ESG-Informationen, indem sie Daten unabhängig vom jährlichen Berichtszyklus offenlegen und pflegen könnten. Arabesque-Chairman Georg Kell sprach von einer „Zäsur im Umgang von Unternehmen mit ESG-Daten“. Die Initiative beruft sich auf den UN Global Compact, eine Selbstverpflichtung mit zehn Prinzipien zur Beachtung von Menschenrechten, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung.

Die Gruppe Arabesque, die insbesondere in London operiert, hat sich auf eine maschinelle Auswertung von Informationen spezialisiert und verfügt über eine Assetmanagement-Sparte. An der Tochter S-Ray, die ihren Sitz in Frankfurt hat, sind laut einer Mitteilung von Ende 2019 auch der Versicherungskonzern Allianz, die Commerzbank und Helaba über ihre Töchter AllianzX, Commerz Real und Helaba Digital beteiligt, ebenso die DWS und das Land Hessen. Die Allianz und die DWS-Haupteignerin Deutsche Bank sind zudem auch in der Liste der Unterstützer für das „ESG Book“ aufgeführt (siehe Kasten).

Auf der Suche nach Rohdaten

Der Ruf nach verlässlichen Rohdaten zur Nachhaltigkeit ist zuletzt stetig lauter geworden. Das internationale Aufsehergremium IOSCO hat die Bedeutung ebenso hervorgehoben wie der Sustainable-Finance-Beirat der scheidenden Bundesregierung. In einer jährlichen Umfrage der Fondsgesellschaft Russell Investments erklärt eine wachsende Zahl der Vermögensverwalter, sich primär auf eigene ESG-Analysen zu verlassen und nicht bloß die Daten der Ratingagenturen abzufragen.

Die EU entwickelt unterdessen die einheitliche Plattform European Single Access Point (ESAP), die neben herkömmlichen Finanzdaten auch ESG-Angaben sammeln soll. In Frankfurt und Montreal arbeitet künftig der International Sustainability Standards Board (ISSB) an Nachhaltigkeitsstandards für die Berichterstattung von Unternehmen. Die Klimadateninitiative CDP wiederum ruft Firmen dazu auf, sich den Prinzipien für wissenschaftsbasierte Klimaziele (Science-Based Targets) anzuschließen und Informationen entsprechend bereitzustellen. „Unternehmen, Investoren und Aufsichtsbehörden sind mit einem zunehmenden Bedarf nach zugänglichen, vergleichbaren und transparenten ESG-Daten konfrontiert“, erklärte am Mittwoch unterdessen Sanda Ojiambo, CEO und Exekutivdirektorin des UN Global Compact.

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