MREL-Regulierung

Nicht alle Banken haben genügend Verlustpuffer

In einem Jahr gelten für Banken die finalen MREL-Vorschriften. Eine Studie der DZ Bank zeigt, welche Banken noch Defizite haben, und analysiert, ob sich Banken nun ohne Steuergeld abwickeln lassen.

Nicht alle Banken haben genügend Verlustpuffer

phh Frankfurt

Nächstes Jahr ist die Schonfrist abgelaufen: Ab Januar 2024 gelten für Banken die finalen MREL-Vorschriften des einheitlichen Abwicklungsausschusses (Single Resolution Board, SRB). Die Regulierung soll sicherstellen, dass Banken jederzeit genug Eigenmittel und wandelbares Fremdkapital für den Abwicklungsfall vorhalten. Im Schnitt macht das 20 bis 25 % der risikogewichteten Aktiva (RWA) einer Bank aus.

Ein aktuelles Research-Papier der DZ Bank zeigt, dass einige Banken diese Zielvorgabe noch nicht erreichen. Am größten ist der MREL-Fehlbetrag demnach bei griechischen Banken, wo er noch rund 7,5 % der RWA ausmacht. Es folgen slowenische (3,5 %), portugiesische (3%) und kroatische (2%) Häuser. Die meisten westeuropäischen Banken erfüllen bereits heute nahezu alle regulatorischen MREL-Anforderungen. Das SRB weist darauf hin, dass der Fehlbetrag vor allem auf kleinere Banken (63%) sowie größere, jedoch nicht systemrelevante Banken (33 %) entfalle.

Sie sind der Hauptgrund, weshalb es die MREL-Regulierung überhaupt gibt: Großbanken, die in der Finanzkrise in Schieflage gerieten, für ihre Rekapitalisierung aber nicht genug Eigenkapital hatten und mit Steuergeldern gerettet werden mussten. Damit sich diese Geschichte nicht wiederholt, mussten Banken unter regulatorischer Aufsicht Strategien entwickeln, um sich selbst abwickeln zu können.

MREL ist ein Baustein dieses Plans, steht für „Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities) und ist damit das verlustabsorbierende Kapital von Banken. Dazu zählen die Eigenmittel, also das harte Kernkapital (CET1), das zusätzliche Kernkapital (AT1) und das Ergänzungskapital (Tier 2). MREL-fähig sind zudem bestimmte strukturell nachrangige Anleihen, sogenannte Senior Preferred Notes und Senior Non-Preferred Notes, die notfalls in Eigenkapital gewandelt werden können.

Die MREL-Regulierung soll damit zweierlei sicherstellen: erstens, dass Banken Verluste selbst tragen können, und zweitens, dass sie sich anschließend wieder so weit rekapitalisieren können, dass sie wieder alle regulatorischen Mindestkapitalquoten erfüllen.

Gemischte Testergebnisse

Mit Blick auf die finalen MREL-Anforderungen steht die Bankenbranche im Schnitt gut da. Die DZ-Bank-Analysten simulieren seit Ende 2014 außerdem, wie sich ein pauschaler Verlust in Höhe von 5 % der Bilanzsumme und die anschließend erforderliche Rekapitalisierung auf die Kapitalquoten der Banken auswirken würden und wie groß der Restrukturierungsbeitrag der Gläubiger (Hair Cut) ausfallen würde. Diese bewusst hohe Verlustsimulation führen die Analysten anschließend noch mit deutlich niedrigeren Verlustannahmen durch, die auf den Stresstestergebnissen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) basieren.

Die gute Nachricht: In der Soft-Analyse kommt es bei der Mehrheit der beobachteten Banken zu keinem massiven Absinken der Kernkapitalquoten und damit auch zu keiner Verlustbeteiligung der Gläubiger. Nur bei acht Institutionen würde die Kernkapitalquote unter das Niveau von 10 % sinken.

Die schlechte Nachricht: Im Härtetest ergibt sich nach dem simulierten Verlust eine neue Kernkapitalquote, die in den meisten Fällen deutlich unter dem aufsichtsrechtlichen Mindestwert liegt oder sogar negativ ausfällt. Bei 17 der 63 untersuchten Banken wäre dem Research-Papier zufolge „alles weg“, also sowohl die Eigenmittel als auch das wandelbare Fremdkapital. Bei 20 Banken blieben immerhin die Senior-Preferred-Anleihen von einem Verlustbeitrag verschont. Bei allen Banken aber käme es bei den Senior-Non-Preferred-Bonds zu einem Schuldenschnitt. Die einzige Ausnahme sei die Hamburg Commercial Bank (HCOB), die den Analysten zufolge in Relation zur Bilanzsumme über sehr hohe Eigenmittel verfüge und auch im harten Stresstest gänzlich ohne Gläubigerbeitrag auskäme.

Im Vergleich zu früheren Stresstests fällt das jüngste Zeugnis damit schlechter aus. Bei 28 % der Banken war nach der Simulation „alles weg“, bei der vorherigen Umfrage war dies nur bei 14 % der Fall. Die DZ-Bank-Analysten warnen allerdings davor, dieses Ergebnis zu kritisch zu interpretieren. Das schlechtere Ergebnis führen sie unter anderem auf eine veränderte Zusammensetzung der untersuchten Banken zurück.

Zum anderen hätten einige Banken ihr MREL-Funding zuletzt auch bewusst reduziert, da sie die regulatorischen Mindestvorgaben bereits übererfüllten. Über Einlagen und das TLTRO-Programm der Europäischen Zentralbank verfügten Banken über gute Refinanzierungsmöglichkeiten. Das reduzierte MREL-Funding führen die Analysten deshalb auch auf den Zuwachs auf der Einlagenseite und die hohe TLTRO-Nachfrage zurück.

Die Refinanzierungsmärkte dürften für Banken künftig jedoch wieder komplizierter werden, denn das günstige Refinanzierungsprogramm TLTRO hat die Europäische Zentralbank inzwischen eingestellt. Zudem war einem Analystenbericht der Commerzbank zufolge das Einlagengeschäft zuletzt stark rückläufig, weshalb der generelle Refinanzierungsdruck zunehmen dürfte.

Vom Bonus zum Malus

Mit Blick auf die Einhaltung der MREL-Vorschriften dürfte das vor allem diejenigen Banken negativ treffen, die demnächst ein größeres Volumen an MREL-fähigen Anleihen refinanzieren müssen – und das sind vor allem deutsche Banken. Sie mussten im Verhältnis zu anderen europäischen Häusern zunächst weniger MREL-Anleihen emittieren, um die Mindestanforderungen zu erfüllen, da sie ausstehende Anleihen einfach anrechnen durften.

Die Kehrseite ist, dass deutsche Banken von allen europäischen Ländern dadurch aber auch über das kürzeste Fälligkeitsprofil verfügen. Dem Single Resolution Board zufolge haben mehr als 10 % der deutschen MREL-Anleihen eine Restlaufzeit von unter zwei Jahren. 35 % müssen innerhalb der nächsten fünf Jahre zurückbezahlt werden. Kein anderes Land hat in diesem Zeitraum einen strafferen Refinanzierungsplan.

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