Robinhood kommt mit vollem Brokerage nach Europa
Robinhood kommt mit vollem Brokerage nach Europa
US-Pionier hat Trading-Lizenz der litauischen Notenbank erhalten – Über Bitstamp-Akquisition besteht schon flächendeckender Kryptohandel
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Die deutschen Brokerage-Anbieter müssen sich auf neue Konkurrenz einstellen: Denn mit Robinhood drängt der Pionier der Neobroker nun endgültig auf den europäischen Markt. Nachdem Mitte 2024 Bitstamp für den EU-weiten Kryptohandel akquiriert wurde, hat die litauische Notenbank Robinhood Mitte April 2025 eine volle Brokerage-Lizenz (Mifid 2) erteilt. Sie diente als Sprungbrett für so einige Fintechs wie zum Beispiel Revolut bei ihrer europaweiten Expansion. Insgesamt 14 Broker sind über Litauen lizenziert. Die litauische Robinhood-Gesellschaft leitet Laurynas Spangevičius. Er war zuvor für Revolut Bank Lithuania tätig.
Es muss ohne Orderflow-Modell gehen
Damit endet die Zeit der halbherzigen Versuche von Robinhood-Gründer Vlad Tenev, in Europa mit dem kommissionsfreien Wertpapierhandel Fuß zu fassen. Ab Frühjahr 2026 gelten mit dem Verbot von Payment for Orderflow (PFOF) sowieso andere Spielregeln. Das wird Robinhood wie alle anderen Broker auch dazu zwingen, ihr Geschäftsmodell anzupassen. Ein komplett gebührenfreier Aktienhandel dürfte sich kaum refinanzieren lassen, wenn es keine Einnahmen aus dem Verkauf des (in den USA noch erlaubten) Orderflow geben kann.
Robinhood wird mit guten Konditionen antreten müssen, um gegen Neobroker wie Trade Republic und Scalable Capital Marktanteile zu gewinnen. Beide befinden sich schon im europäischen Rollout und haben eine gute Kundenbasis.
Anleger lieben die grüne Marke
Im Zusammenhang mit den jüngsten Störungen im Aktienhandel hatten einige Nutzer über Social Media aber deutlich gemacht, dass sie mit einem Wechsel des Depots nur auf den Start von Robinhood warten. Die Marke mit dem (an den Sherwood Forest angelehnten) markanten Grün gilt vor allem bei jungen Kunden als sexy und wächst in den USA bei den Assets under Custody (AuC) weiter deutlich.
Welches Modell wird für den börslichen Handel gewählt?
Der volle Rollout des Brokerage in Europa ist 2026 zu erwarten, kombiniert mit dem erweiterten Kryptohandel. Für das Setup wird Robinhood dann noch Marketmaker gewinnen müssen, die in dem noch offenen Modell des börslichen Handels für Liquidität sorgen.
Seit gut einem Jahr ist Robinhood mit dem Brokerage in Großbritannien präsent. Dort hatte das Unternehmen schon 2022 mit dem Kauf von Ziglu den Kryptohandel begonnen. Und auch wenn eine EU-weite Mifid-Lizenz vorliegt, so müssen Anbieter doch immer lokale Versionen ihrer App zur Verfügung stellen und im Einklang mit den nationalen Aufsehern tätig sein. In den Niederlanden ist schon seit Jahren eine „Robinhood Europe B.V.“ registriert. Über Bitstamp, die auch eine Londoner Niederlassung hat, haben die Amerikaner zudem eine Niederlassung in Luxemburg – ein Finanzplatz, an dem viele Gesellschaften ihre Investmentprodukte zulassen.
Selbstentscheidern steht neuerdings Beratung offen
Die Ambitionen von Robinhood gehen aber weiter: In den USA ist der Neobroker ins Retail- und Private-Banking vorgestoßen. Mit der Akquisition von TradePMR erbringt Robinhood auch Beratungsleistungen. Damit wird die Wertschöpfungskette über die reinen Selbstentscheider hinaus verlängert. Außerdem können damit auch wachsende Depotgrößen betreut werden.
Nach diesem Muster könnten die Amerikaner auch in Europa vorgehen und zum Beispiel über Partnerschaften Banking-Funktionalitäten per API anbieten. Selbst der Wertpapierhandel ließe sich ergänzend über einen B2B-Dienstleister wie Upvest darstellen. Aber für die volle Wertschöpfungstiefe muss man etwas Eigenes haben. Dafür hat Robinhood in die litauische Brokerage-Lizenz nebst Passporting-Option investiert.
Bei der strategischen Weiterentwicklung des Geschäftsmodells ist Robinhood innovativ geblieben. Nicht zuletzt durch den Handel mit Meme Coins sind die Kalifornier im Kerngeschäft Wertpapierhandel stets gut gewachsen. Die Einführung der „Gold“-Abodienste, die Kunden für 5 Dollar im Monat zusätzliche Services anbieten, hat die Einnahmeströme verstetigt. So sind die ersten 1.000 Dollar für den Wertpapierkredit gebührenfrei. Über den Baustein „Strategies“ erhalten US-Anleger Zugang zu kuratierten ETF-Portfolios. Dafür sind Managementgebühren von 0,2% bis maximal 250 Dollar im Jahr fällig. Gold-Abonnenten werden ihre Kontoguthaben mit 4% verzinst. Außerdem können sie sich in Steuersachen beraten lassen.
So komfortabel wie Amazon Prime
Dabei wird das Abomodell analog zu Amazon Prime stetig mit weiteren pfiffigen Diensten angereichert. So bietet Robinhood jetzt über einen Partner Gold-Kunden an, innerhalb von 24 Stunden nach Bestellung in der App Bargeld direkt an die Haustür zu liefern. Das ist zum einen bequem. Zum anderen hatte Vlad Tenev selbst darauf hingewiesen, dass damit ein ganz besonderes Bedürfnis adressiert werden soll: In manchen US-Metropolen scheuen die Bürger aus Angst vor Überfällen den Gang zum Geldautomaten.

Robinhood kommt in den USA dem Zielbild der Super-App immer näher. Ihre globalen Ambitionen untermauern die Amerikaner mit dem bevorstehenden Rollout des EU-weiten Wertpapierhandels. CEO Vlad Tenev muss sich aber etwas einfallen lassen, um hier mit dem ab 2026 greifenden Orderflow-Verbot klarzukommen.