Lebensmittelkonzern

Nestlé verschreckt Anleger

Nestlé ist im ersten Quartal organisch um 1,4% gewachsen. Analysten und Investoren zeigten sich vom Rückgang der verkauften Menge um 2% enttäuscht. Der Kurs des weltgrößten Lebensmittelkonzerns gab zeitweise um fast 5% nach.

Nestlé verschreckt Anleger

Rückgang der Verkaufsmenge
von Nestlé verschreckt Anleger

Kurs gibt zeitweise fast 5 Prozent nach – Geringes Wachstum

md Frankfurt

Nestlé, der weltgrößte Lebensmittelkonzern, ist im ersten Quartal aus eigener Kraft um 1,4 (i.V. 9,3)% gewachsen. Der Anstieg fiel geringer aus, als Analysten im Schnitt erwartet hatten. Vor allem die um 2,0 (0,5)% gesunkene Verkaufsmenge, das sogenannte interne Realwachstum (RIG), sorgte unter Investoren für lange Gesichter. Im Schlussviertel 2023 hatte die verkaufte Menge zugelegt; im Markt hatte sich daraufhin Hoffnung breitgemacht, dass die Zeit der rückläufigen Verkaufsmengen zu Ende sei.

Die Nestlé-Aktie gab an der Schweizer Börse zeitweise um 4,7% auf 89,52 sfr nach. Ein solch starker Kursverlust ist für ein Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung (umgerechnet 243 Mrd. Euro), das zudem in einer Branche mit verhältnismäßig geringer Ergebnisvolatilität tätig ist, ungewöhnlich.

Preiserhöhungen stoßen an Grenzen

Das Wachstum kam nur dank der Preiserhöhungen um 3,4 (9,8)% zustande. Da aber Nestlé sein organisches Wachstum seit 2022 fast ausschließlich aus Preiserhöhungen speiste, ist das Potenzial für Anhebungen, das von den meisten Verbrauchern akzeptiert wird, nach Ansicht von Marktbeobachtern weitgehend ausgeschöpft. Tatsächlich fiel das Plus der Preise bei weitem nicht mehr so stark aus wie in den vorigen Quartalen.

„Die Preiserhöhungen haben auf die Nachfrage gedrückt“, sagte Konzernchef Mark Schneider laut dpa-afx. Im zweiten Quartal sehe man nun aber einen starken Aufschwung im Volumen, der sich „Monat für Monat“ verbessert habe. Die Preise würden zwar über die gesamte Gruppe gesehen weiterhin erhöht werden, allerdings in einem weitaus moderateren Ausmaß als bisher.

Das Verkaufsvolumen wurde zudem von Lieferengpässen in der Gesundheitssparte belastet, die wegen eines internen IT-Problems zutage traten. Hier gingen die Verkäufe um 3,6% zurück. Das IT-Problem sollte laut Nestlé bis Ende des ersten Halbjahres behoben sein.

Prognosen bestätigt

Für den Rest des Jahres gibt sich Nestlé zuversichtlich. Das Management erwartet weiter ein organisches Wachstum um 4% und einen leichten Anstieg der zugrunde liegenden operativen Ergebnismarge. Beim zugrunde liegenden Gewinn je Aktie zu konstanten Wechselkursen wird ein Anstieg zwischen 6% und 10% erwartet. Da der Konzern vom ersten Quartal nur die Umsätze berichtet, lassen sich kaum Schlüsse hinsichtlich der Ergebnisentwicklung ziehen.

„Wir hatten einen gedämpften Start erwartet“, wird CEO Mark Schneider in der Mitteilung zitiert, „und sehen nun im zweiten Quartal einen starken Aufschwung beim internen Realwachstum.“ Der publizierte Umsatz sank im Jahresvergleich um 5,9% auf 22,09 Mrd sfr. Wechselkurseffekte – also der starke Franken – schmälerten die Erlöse den Angaben zufolge um 6,7%; Nettoveräußerungen verringerten den Umsatz um 0,6%.

Vor allem Nordamerika bereitet Sorgen

Insgesamt sei das organische Wachstum von Europa und den aufstrebenden Märkten getragen worden, wohingegen Nordamerika als Bremsklotz wirkte. Dazu Schneider: „In Nordamerika haben wir unsere Produktinnovationen und unsere Marketinginitiativen intensiviert, vor allem im Tiefkühlgeschäft, welches im ersten Quartal an Boden einbüßte.“

Alle Regionen des Konzerns verzeichneten – mit Ausnahme von China – einen Rückgang der Verkaufsmengen. Vor allem im wichtigen US-Markt hielten sich die Konsumenten nach dem Auslaufen des Lebensmittelhilfe-Programms beim Einkaufen stärker zurück, so dass die Verkaufsmenge im Regionenvergleich mit 5,8% am stärksten abnahm. Insbesondere das Geschäft mit Tiefkühlwaren und Snacks sei in Nordamerika schwach gewesen. Nestlé spricht auch von einem „intensiven Preiswettbewerb“ und dem Abbau von Lagerbeständen im Einzelhandel.

„Bemerkenswerter Fehlschlag“

Von Jefferies hieß es, der Mengenrückgang sei ein „bemerkenswerter Fehlschlag“. Laut Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy habe das Unternehmen aber schon im Februar entsprechende Andeutungen gemacht. Aus seiner Sicht wird das Warten auf eine Belebung des internen Realwachstums immer mehr zur Geduldsprobe. Von RBC-Analyst James Edwardes Jones hieß es, Nestlé habe zwar vor einem schwierigen ersten Quartal in Nordamerika gewarnt, doch sei er von der Intensität überrascht. Nestlé sei das erste von ihm beobachtete Unternehmen, das im ersten Quartal die durchschnittlichen Umsatzerwartungen verfehlt habe.

Chinesische Problemmarke „Wyeth“ wird nicht verkauft

Einzige Region mit einem Plus der Verkaufsmenge (+2,1%) war China. Dort sei Nestlé mit einer völlig anderen Lage als in Europa konfrontiert gewesen, sagte Schneider. „Dort war etwa die Inflationsrate viel tiefer, was auch dazu führte, dass wir die Preise weniger stark erhöhen mussten“, erklärte er gemäß dpa-afx. Ein wunder Punkt in China war jedoch – erneut – das Geschäft mit Babynahrung der Marke Wyeth. „Wegen der niedrigen Geburtenrate ist der Wettbewerb dort sehr hoch“, sagte der CEO. Einem Verkauf der Marke erteilte Schneider aber eine Absage: „Wir stehen voll und ganz hinter dieser Marke.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.