Österreichischer Branchenführer will Mehrheit an Nürnberger übernehmen
Vienna Insurance Group will Nürnberger übernehmen
Österreichischer Marktführer startet Due Diligence – Entscheidung im Schlussquartal
tl Frankfurt
Die Vienna Insurance Group (VIG) will die Nürnberger Versicherungsgruppe übernehmen. Wie die VIG und die Nürnberger Beteiligungs-AG am 8. August mitteilten, befinden sich beide in Gesprächen über eine strategische Zusammenarbeit. Die Österreicher wollen mehr als 50% an der Nürnberger Beteiligungs-AG als Obergesellschaft der Nürnberger Gruppe übernehmen. Eine Entscheidung über eine mögliche Beteiligung soll voraussichtlich im vierten Quartal fallen.
Das kommt nicht ganz unerwartet. Denn auf der Hauptversammlung im Mai hatte der Vorstand der Nürnberger bereits angekündigt ergebnisoffen zu prüfen, ob die von ihm verfolgte „Strategie (der Unabhängigkeit)“ für die Zukunft im Unternehmensinteresse liegt oder der Weiterentwicklung bedürfe. Auch die möglichen Handlungsoptionen sollten untersucht werden.
Gespräche mit mehreren Versichern geführt
In den vergangenen Wochen habe das Unternehmen daher mit mehreren Versicherern Gespräche über einen Einstieg als Investor geführt, hieß es am Freitag. Fazit dieser Sondierungen war, die Gespräche nur mit der VIG fortzusetzen und die Due Diligence Prüfung zu beginnen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren „insbesondere die strategischen Optionen, die finanziellen Investmentindikatoren und die Zusagen zur Standortsicherung sowie zum Erhalt der Marke und Identität der Nürnberger.“
Schlingernde Schadensparte
Die Nürnberger steht schon länger unter Druck. Der Konzerngewinn schnurrte bereits 2023 deutlich zusammen, 2024 rutschte der Versicherer dann mit -77 Mill. Euro tief in die roten Zahlen. Ursache waren hohe Verluste in der Schaden-/Unfallsparte. Das Aktionariat der Nürnberger Beteiligungs-AG besteht laut Unternehmens-Homepage zu 66% aus Erst- und Rückversicherer (darunter als größter Munich Re), 5% Banken und Fondsgesellschaften und 29% Vertriebspartnern, Institutionellen und Privaten.
Standort und Identität sollen erhalten bleiben
Die VIG sieht die potenzielle Übernahme als Möglichkeit, ihre Präsenz in Deutschland auszubauen. Bisher ist sie dort nur über den kleinen Erstversicherer Interrisk und ihren Rückversicherer vertreten. „Als Marktführer in CEE ist die VIG in ihrer langjährigen Unternehmensgeschichte immer aufgeschlossen gegenüber Opportunitäten gewesen, lässt sich VIG-Chef Hartwig Löger zitieren. Die Nürnberger könne zur weiteren Diversifikation beitragen. „Auf Basis unserer Mehrmarkenstrategie und des in unserer Gruppe etablierten lokalen Unternehmertums bieten wir ideale Voraussetzungen zur Standortsicherung und zum Identitätserhalt für die starke Marke Nürnberger“, ergänzte er.
VIG ist in 30 Ländern vor allem Mittel- und Osteuropas vertreten. 2024 verbuchte sie Beitragseinnahmen von 15,2 Mrd. Euro. Die Marktkapitalisierung liegt bei etwas über 5 Mrd. Euro. Hauptaktionärin ist der Wiener Städtische Versicherungsverein mit 72%. Der Rest ist Streubesitz. Die Nürnberger-Aktie legte am Freitag 10% zu, die VIG-Aktie verlor leicht.