Transformationsfinanzierung

Von der Krise zur Transformation

Damit die digitale und grüne Transformation der Wirtschaft gelingt, bedarf es neben leistungsfähigen Banken einer Vielfalt von Finanzierungsinstrumenten.

Von der Krise zur Transformation

Die deutsche Wirtschaft ist in einer tiefgreifenden Transformation begriffen, die einen hohen Investitionsbedarf bedingt und nur mit vielfältigen Finanzierungsinstrumenten gelingen kann. Die Flut im Sommer hat uns schmerzlich die Dringlichkeit in Erinnerung gerufen, Klimaneutralität voranzutreiben und zu erreichen. Um unsere in Deutschland gesetzlich festgelegten Ziele bei der Treibhausgasverminderung zu erreichen, müssen wir die jährlichen Einsparungen bis 2030 und darüber hinaus rund verdoppeln.

Hoher Investitionsbedarf

Die Europäische Kommission hat die jährlichen Mehrinvestitionen für Europa kürzlich auf 350 Mrd. Euro nach oben korrigiert. Ebenfalls sehr deutlich hat die Coronakrise den dringenden Aufholbedarf in Sachen Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft offenbart. So liegt Deutschland mit Blick auf die Anwendung digitaler Technologien im europäischen Vergleich nur noch auf Rang 18. Um hier zu anderen großen und hoch entwickelten Ländern aufzuschließen, müssen die jährlichen Investitionen verdoppelt bis verdreifacht werden. Wenn auch noch die Rolle öffentlicher und privater Investitionen einer Klärung bedarf, ist offensichtlich, dass hier enorme Investitionssummen Finanzierung suchen. Im stark bankbasierten Finanzsystem in Europa werden die Banken hier eine zentrale Rolle spielen. Ausreichen wird das nicht. Deshalb stellt sich die Frage, wie das Bankensystem in Europa nach der Coronakrise aufgestellt ist und welche Finanzierungsinstrumente sonst noch erforderlich sind.

In der Coronakrise haben die Banken entscheidend zur Stabilisierung der Lage beigetragen, indem sie durch einen offenen Kreditkanal Liquiditätsengpässe überbrückt haben. Sie haben Unternehmen über bestehende Kreditlinien und die Vergabe neuer Bankkredite dringend benötigte Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Dadurch haben sie schwere Folgeschäden für die Wirtschaft abgewendet. Die Banken konnten dabei auf große wirtschaftspolitische Unterstützung bauen. Eine ganze Reihe von Maßnahmen hat die Kreditvergabefähigkeit der Banken gestärkt. So war die Nutzung staatlicher Kreditgarantien in allen großen Euro-Ländern trotz sichtbarer Unterschiede beträchtlich.

Noch ist unklar, welche Belastungen aus der Krise auf die Banken verzögert zukommen können. Bislang spiegelt sich die historische Wirtschaftskrise in den Zahlenwerken der Banken nur begrenzt wider. Die umfangreichen wirtschaftspolitischen Stützungsmaßnahmen haben die befürchtete Insolvenzwelle im Unternehmenssektor verhindert oder zumindest verschoben. Die Quote der notleidenden Kredite nahm in der EU 2020 leicht ab und lag am Ende des Jahres bei vergleichsweise niedrigen 2,6%. Jedoch erwarten laut der regelmäßigen Risikobefragung der EU-Bankenbehörde EBA viele Banken noch eine Verschlechterung der Assetqualität; im Falle kleiner und mittlerer Unternehmen rechnen mehr als 70% der Institute damit. Das mahnt zur Vorsicht, besonders für den Zeitraum nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen. Deswegen ist es gut, dass die Banken durch Risikovorsorge und gute Kapitalisierung über Puffer zur Kompensation künftiger Kreditausfälle verfügen. Auch wenn ein Restrisiko bleibt, bin ich insgesamt optimistisch, dass die europäischen Banken die Folgen der Coronakrise gut beherrschen können. Die bereits zuvor bestehenden strukturellen Herausforderungen für die Banken sind aber immer noch vorhanden.

Vor allem die strukturell schwache Profitabilität der europäischen, besonders aber der deutschen Banken bleibt die Achillesferse. Denn sie macht die Banken verwundbar und anfällig für Schocks, da sie leichter in die Verlustzone geraten. Der Aufbau des notwendigen Eigenkapitals für wachsenden Finanzierungsbedarf ist schwieriger, und die Bereitschaft zur Übernahme neuer Risiken wird gedämpft. Das ist gerade mit Blick auf die Transformation der Wirtschaft und ihren Investitionsbedarf eine Herausforderung: Gerade für deutsche Unternehmen sind Kreditinstitute bei der Investitionsfinanzierung der erste Ansprechpartner. Sie haben 2019 36% des Investitionsvolumens des hiesigen Mittelstands finanziert. Daher ist es abgesehen vom Eigeninteresse der Banken auch aus volkswirtschaftlicher Sicht wünschenswert, dass sich Ertragsstärke und Kosteneffizienz der Banken verbessern.

Auf die Vielfalt kommt es an

Damit die digitale und grüne Transformation gelingt, bedarf es neben leistungsfähigen Banken einer Vielfalt von Finanzierungsinstrumenten. Viele Technologien, die für den Wandel gebraucht werden, sind noch nicht „bankable“. Hier sind kluge Alternativen gefragt. Vor allem der Reifegrad einer Technologie entscheidet, welche Finanzierungsmodelle und Förderinstrumente adäquat sind. In der Forschungs- und Entwicklungsphase sind Technologien durch Unsicherheit geprägt.

Häufig ist unklar, ob verwendbare Ergebnisse erzielt und welche Technologiepfade sich letztlich durchsetzen werden. Externe Finanzierungen sind in dieser Phase daher zumeist staatliche Zuschüsse. Sind die Technologien dann in der Markteinführungsphase oder steht diese unmittelbar bevor, sind die Risiken für externe Geldgeber schon deutlich kleiner. Externes Eigenkapital und Venture Capital für Start-ups sind dann geeignete Finanzierungsinstrumente. Sie können beispielsweise durch die Refinanzierung der Eigenkapitalgeber gefördert werden. Bei grünen Technologien kann die Förderung von erstmaligen, großtechnischen Anwendungen eine wichtige Hilfestellung zur Marktentwicklung bieten. In der Diffusionsphase, in der die Durchdringung der Wirtschaft erfolgt, entfällt die Risikokomponente aus der Nutzung der Technologie praktisch vollständig. Investitionskredite sind dann geeignete Finanzierungsinstrumente. Mit Hilfe von zinsverbilligten Krediten können hier Investitionsanreize gesetzt werden. Ähnliche Überlegungen gelten auch für Infrastrukturfinanzierungen. Faktoren wie die Heterogenität der Akteure, die große Spanne von kleinen bis sehr großen Finanzierungsvolumina, große Unterschiede bei den Nutzungsdauern oder fehlende Möglichkeiten, Sicherheiten aus dem Vorhaben zu stellen, führen dazu, dass auch bei diesen Investitionsvorhaben sowohl Bank- als auch Kapitalmarktfinanzierungen von Bedeutung sind.