Wie zehn Startup-Initiativen der Münchener UnternehmerTUM nacheifern
Im Podcast: Philipp Herrmann
„Meine Benchmark ist UnternehmerTUM in München“
Bryck-CEO will Gründer- und Startup-Zentrum in Nordrhein-Westfalen aufbauen – Verband begrüßt Initiative und fordert noch mehr
Von Philipp Habdank und Nadine Klees, Frankfurt
Früher tourte er durch das Silicon Valley und arbeite in Berlin. Heute wirkt er im Pott, um die Startup-Szene in Nordrhein-Westfalen weiterzuentwickeln. Philipp Herrmann und die Bryck Startup Alliance sind einer der Gewinner des vor kurzem entschiedenen Exist Leuchtturmwettbewerbs. „Das war ein bundesweiter Wettbewerb, um eine Förderung von insgesamt 10 Mill. Euro über fünf Jahre“, sagt Bryck-CEO Herrmann im Private-Markets-Podcast „Beyond Billions“. Neben dem gewonnenen Fördergeld seien weitere 20 Mill. Euro an privatwirtschaftlichem Kapital aktiviert worden. Die Initiative ist damit nun offiziell eine von zehn deutschen „Startup Factories“.
Die Bryck Startup Alliance ist ein Zusammenschluss von drei Universitäten des Ruhrgebiets aus Dortmund, Bochum und Duisburg-Essen sowie dem Initiativkreis Ruhr. Das ist ein Wirtschaftsbündnis aus 70 regionalen Unternehmen um den Immobilienkonzern LEG, die beiden Energiekonzerne E.on und RWE sowie den Chemiekonzern Evonik. „Wir sind also wirklich ein Zusammenschluss der wesentlichen Spieler aus dem Ruhrgebiet“, sagt Herrmann.
RAG-Stiftung pusht Startup-Szene in NRW
Die Startup-Szene in Nordrhein-Westfalen beschreibt er mit ehrlicher Industriearbeit, großen Playern und vor allem viel altem Kapital, das aktiviert werden kann. Das Thema Energie sei in der Region absolut gesetzt, aber auch Wohnen soll in der Startup-Szene eine wichtige Rolle spielen. Hinter Bryck steht die RAG-Stiftung, die einer der größten deutschen institutionellen Investoren ist, der in die privaten Kapitalmärkte investiert.
52% der Anteile an dem Joint Venture hält die Bryck GmbH und damit indirekt die RAG-Stiftung. 24% liegen Herrmann zufolge bei den Universitäten, die sich wiederum in einem vorgelagerten Joint Venture zusammengeschlossen haben. Weitere 24% kontrolliert der Initiativkreis, also die 70 privatwirtschaftlichen Unternehmen. Als Vorbild diente das schon 2002 von BMW-Erbin Susanne Klatten initiierte UnternehmerTUM, das jährlich mehr als 100 Gründungen hervorbringt. „Meine Benchmark ist das UnternehmerTUM in München“, sagt Herrmann.
Hälfte des deutschen VC-Volumens fließt nach München
Das bayerische Modell ist sehr erfolgreich. Laut einer aktuellen Analyse der Unternehmensberatung EY haben deutsche Startups über Finanzierungsrunden im ersten Halbjahr 4,6 Mrd. Euro von Investoren erhalten. Mit 2,1 Mrd. entfiel fast die Hälfte davon auf Münchener Jungunternehmen, wie beispielsweise Helsing. Das Drohnen-Startup sicherte sich 600 Mill. Euro und wird inzwischen mit 12 Mrd. Euro bewertet.
Es verwundert nicht, dass die Bundesregierung dieses Konzept als Teil ihrer Initiative „Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland“ (kurz: WIN) ausweiten will, um deutschlandweit solche Gründungszentren zu bauen. Ein Baustein dieser Initiative war der Exist Leuchtturmwettbewerb, über den sich deutschlandweit 26 Konsortien aus Hochschulen und privaten Finanzierungspartnern um den Status als „Startup Factory“ bewerben konnten. Zehn haben gewonnen.
Die Zehn Gewinner
Zoho Factory
Boost
Unite Berlin-Brandenburg
Goe Future
Bryck Startup Alliance
Nxtgn
Impossible Founders
the Bridge (künftig SouthwestX)
Futury - The Furure Factory
Gateway Factory
Deutscher Startup-Verband fordert mehr
Ziel dieser Fabriken ist es, in der jeweiligen Region durch den Schulterschluss von Fördergeldern, lokalen Unternehmen und Investorengeldern mehr Startups auf die Rampe zu schieben und das deutsche Startup-Ökosystem auszubauen. Christoph Stresing, Geschäftsführer vom Bundesverband Deutsche Startups findet die neuen Fabriken „sehr positiv“. Auf diese Weise werde vorsortiert und das Fördergeld fließe nicht wie mit der Gießkanne in die breite Masse. Für erfolgreiche Gründungen brauche es allerdings auch das entsprechende Ökosystem – Universitäten und Investoren. Das sei hier gegeben.
Ein großes Problem der deutschen Startup-Szene lösen die neuen Fabriken allerdings nicht. Das sagt auch Stresing. Deutschland sei ein super Forschungsland und in Frühphasenfinanzierung recht gut aufgestellt. Allerdings gebe es in der Spätphase – wenn Jungunternehmen größer werden und mehr Kapital benötigen – weiterhin viel Luft nach oben. „Dreistellige Millionenbeträge können europäische Venture-Capital-Firmen oft noch nicht stemmen“, sagt er. Dann kämen außereuropäische Investoren ins Spiel.
Dreistellige Millionenbeträge können europäische Venture-Capital-Firmen oft noch nicht stemmen.
Christoph Stresing, Geschäftsführer vom Bundesverband Deutsche Startups
„Wir stoßen mit viel Geld etwas an und die Wertschöpfung findet dann oft außerhalb Europas statt“, beklagt Stresing. Das sehe man beispielsweise an den Börsengängen von abgewanderten Unternehen, die dann nicht in Deutschland aufs Parkett gehen. Die große Frage laute, wie die volle Wertschöpfung hierbehalten werden könne. Daher plädiert Stresing für Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, leichter privates Geld zu investieren. „Das Kapital ist zwar grundsätzlich da, aber es wird nicht zukunftsorientiert allokiert“, kritisiert er.
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