Thomas Bayerl, Meag

„Bei Illiquiden kommt Kontrolle vor Kauf“

Das Segment Illiquid Debt ist bei Investoren zunehmend beliebt, bietet es doch ein deutliches Renditeplus. Doch erfordert es tiefe Marktkenntnisse, erläutert Thomas Bayerl, der Leiter für Illiquid Debt bei der Meag.

„Bei Illiquiden kommt Kontrolle vor Kauf“

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Private Debt und Illiquid Assets Debt, sprich wenig liquide Kredit­­finan­zierungen, sind vor allem bei insti­tutionellen Investoren eine zunehmend beliebte Assetklasse. Aus gu­tem Grund, bieten sie doch gerade im Null- und Niedrigzinsumfeld eine höhere Rendite als herkömmliche Anleihen, so dass auch in diesem schwierigen Umfeld für Investoren noch eine auskömmliche Rendite möglich ist. Auch der zur Munich Re gehörende Vermögensverwalter Meag ist seit Jahren bei Illiquid Debt aktiv. „Wir denken vom Kredit her, es geht immer um Kreditfinanzierungen“, erklärt Thomas Bayerl, Head of Illiquid Assets Debt bei der Meag, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „In welcher Verpackung, d. h. als Inhaber- oder Namensschuldverschreibung, der Kredit erfolgt, ist zunächst einmal zweitrangig.“

Das Spektrum der Adressen, an welche die Meag Kredite als Infrastrukturfinanzierung ausreicht, ist laut Bayerl recht breit: „Es reicht von Public Private Partnerships wie zum Beispiel Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten bis hin zu volumenabhängigen Projekten.“ Die Kreditfinanzierungen würden immer zusammen mit einem Sponsor abgeschlossen, der in der Regel auch der Eigenkapitalgeber ist. Oft werde als Hülle für das Fremdkapital eine Namensschuldverschreibung ge­wählt. Dieses Format sei für viele institutionelle Anleger gut investierbar. Allerdings sind diese Schuldverschreibungen nicht mit „normalen“ Schuldverschreibungen gleichzusetzen, denn das Vertragswerk dahinter umfasst mehrere 100 Seiten.

Assets wachsen kräftig

Bevor Kreditengagements bei illiquiden Anlagen getätigt würden, schaue die Meag sehr genau hin. So durchlaufe jede Anlageopportunität vor dem Kauf drei Prüfungen: Unter finanziellen und ökonomischen Ge­sichtspunkten, unter ESG-Aspekten und im Hinblick auf das technische Assessment. Bei Letzterem nutze man auch das Expertenwissen der Meag-Mutter Munich Re. Die jeweiligen Sektoren, in die man Kredite ausreiche, würden nebst potenziellen Risiken sehr genau geprüft. „Denn gerade bei illiquiden Investments kommt Kontrolle vor Kauf“, erklärt Bayerl. „Sonst liegt ein Asset später wie Blei im Depot, wenn es nicht läuft.“

Im Sektor Illiquid Assets Debt verfüge die Meag über langjährige Erfahrung. „Seit 2010 tätigen wir Direktinvestitionen im Bereich Infrastruktur-Equity“, sagt Bayerl. „2014 kam Illiquid Debt hinzu.“ Kunden seien zum einen Konzerninvestoren wie Munich Re und Ergo sowie zum anderen institutionelle Investoren wie vor allem Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke und auch einige Banken. Doch wie viel Geld muss ein Investor mitbringen, um über die Meag in diese Assetklasse zu investieren? „Wir haben keine Angst vor großen Zahlen“, antwortet Bayerl augenzwinkernd. „Ein gewisses Mindestvolumen von rund 200 Mill. bis 250 Mill. Euro sollte schon gegeben sein, damit das Ganze angesichts der Fixkosten auch wirtschaftlich Sinn macht.“ Insgesamt verwalte die Meag im Bereich Illiquid Debt rund 9 Mrd. Euro. Dabei seien die verwalteten Gelder über die Jahre kräftig gewachsen. Bei den Gebühren gebe es je nach Kundenwunsch verschiedene Modelle. „Meistens erhalten wir eine fixe Fee“, erläutert Bayerl. Hinzu kämen noch Kosten für die Depotbank und AIFM (die Auflegung eines alternativen Investmentfonds).

Und wie lange legen Institutionelle ihr Geld in dieser Assetklasse an? „Das hängt vom Kundenwunsch ab“, sagt Bayerl. „Viele institutionelle Investoren streben eine Duration von länger als zehn Jahren an. Insbesondere Lebensversicherungen sind häufig an einer sehr langen Duration interessiert.“ Andere Adressen, die sehr lang laufende Verpflichtungen hätten, strebten ebenfalls eine sehr lange Kapitalbindungsdauer an.

Offizielle Ratings gebe es für Illiquid Debt natürlich nicht. Daher arbeite man seit vielen Jahren mit dem Ratingmodell der Rating Service Unit (RSU). Seit 2003 agiere die RSU als eigenständiges Unternehmen, entstanden sei sie aus einem Kooperationsprojekt von acht Landesbanken und der DekaBank. „Das Rating ersetzt nicht eine eigene Analyse“, erläutert Bayerl. „Für uns ist zudem insbesondere das Management von Risiken wichtig.“ Investments erfolgten entsprechend dem Kundenwunsch, in der Praxis zu 80 bis 90% im Investment-Grade-Bereich. „Nur wenige unserer Investoren würden unterhalb von Investment Grade anlegen wollen.“

Natürliche prüfe man alle Kredite zu Beginn sehr genau und schaue während der Laufzeiten auch genau auf die Entwicklung der Bonitäten. „Wichtig ist insbesondere die langfristige Schuldendienstfähigkeit“, sagt Bayerl. Es gebe in den Kreditverträgen auch Covenants. Doch sollten bestimmte Ereignisse bestenfalls erst gar nicht eintreten. Wenn sich Dinge nicht wie gewünscht entwickelten, suche man möglichst frühzeitig das Gespräch mit dem Kreditnehmer. Bei den illiquiden Krediten investiere man zwar weltweit, überwiegend aber in der Eurozone und fast ausschließlich im Euro. Wichtig sei Rechtssicherheit, wie sie in der Regel in den OECD-Ländern vorgefunden wird. „In Russland und in der Ukra­ine sind wir nicht investiert und waren es auch vor Beginn des Krieges nicht“, sagt Bayerl.

Signifikantes Renditeplus

Welche Rendite ist nun mit dieser Assetklasse zu erzielen? „Grob gerechnet mit dem aktuellen Zinsniveau sind es im Investment-Grade-Bereich rund 3 bis 4% pro Jahr“, erläutert Bayerl. Gemessen am europäischen Asset-Swap-Satz ergebe sich im Durchschnitt eine Kreditmarge von 170 bis 250 Basispunkten im Jahr. Als die Zinsen in Europa sehr stark gefallen waren, lag die Kreditmarge über Asset-Swap zwischen 250 und 300 Basispunkten, nun ist diese mit dem Zinsanstieg wieder zurückgegangen.

Viele Pensionskassen und Lebensversicherungen hätten gegenüber ihren Kunden Verpflichtungen in einer gewissen Zinshöhe von zum Beispiel 2 bis 2,5% im Jahr. Durch Engagements in der Assetklasse Illiquid Debt könnten sie diese Verpflichtungen besser erfüllen. „Da dieses Segment höhere Renditen als herkömmliche Anleihen bietet, profitieren potenziell auch die Versicherungsnehmer oder die Anspruchsberechtigten gegenüber Pensionskassen von solch einem Engagement.“ Insgesamt erfordere die Assetklasse aber sehr tiefe Marktkenntnisse, Erfahrung sowie eine sehr genaue Analyse und ein detailliertes Hinschauen.

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