InterviewChristophe Pouchoy. LFDE

„Die USA wollen nicht, dass China die Kontrolle hat“

Der LFDE-Fondsmanager Christophe Pouchoy hat sich mit dem Echiquier Space auf Investments in die Luft- und Raumfahrtbranche spezialisiert. Der Sektor wächst rasant. Im vergangenen Jahr machte der Fonds ein Plus von fast 70%.

„Die USA wollen nicht, dass China die Kontrolle hat“

Im Interview: Christophe Pouchoy

„Die USA wollen nicht, dass China die Kontrolle hat“

LFDE-Fondslenker sieht drei strukturelle Wachstumstreiber für Weltraum-Investments – Geopolitische Spannungen treiben neuen Wettlauf ins All an

Der LFDE-Fondsmanager Christophe Pouchoy hat sich mit dem Echiquier Space auf Investments in die Luft- und Raumfahrtbranche spezialisiert. Der Sektor wächst rasant. Im vergangenen Jahr erzielte der Fonds ein Plus von fast 70%. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Pouchoy, wo die größten Chancen liegen.

Herr Pouchoy, ein neues Bundesministerium für Raumfahrt, ein Testflug vom Münchener Start-up Isar Aerospace, das Thema Luft-und Raumfahrt rückt hierzulande stärker in den Fokus der Anleger. Herr Pouchoy, Sie investieren bereits seit vier Jahren in diesem Sektor. Was sind Ihre Erfahrungen?

2024 war das Jahr, in dem wir die erste erfolgreiche Mondlandung eines amerikanischen Unternehmens seit der Apollo-17-Mission 1972 durch das börsennotierte Unternehmen Intuitive Machines erlebten. Außerdem wurde im Jahr 2024 die erste Stufe der Starship-Rakete geborgen. 2024 war auch das Jahr des erfolgreichen Starts der Vega-C- und Ariane-6-Raketen für die europäische Raumfahrt. Insgesamt war das ein gutes Jahr mit vielen technologischen Errungenschaften, aber auch in Bezug auf die finanzielle Performance des entsprechenden Ökosystems. Unser Fonds Echiquier Space liegt im Jahr 2024 fast 70% im Plus.

Was meinen Sie mit der finanziellen Performance des Ökosystems?

Das neue Interesse am Weltraum-Ökosystem wurde durch die Wahl von Donald Trump weiter angetrieben. Schon seine erste Amtszeit als Präsident war in dieser Hinsicht sehr positiv. Wir haben einen Anstieg der öffentlichen Budgets für die Weltraumverteidigung gesehen, und wir sehen auch ein größeres Interesse an der Erforschung des Weltraums.

Was sind die Wachstumstreiber bei Weltraum-Investitionen?

Zusätzlich zu den höheren öffentlichen Mitteln für die Weltraumforschung und -verteidigung gibt es einen weiteren strukturellen Wachstumsfaktor: die Zunahme kommerzieller Anwendungen. Bildsatelliten, Kommunikationssatelliten, die Nutzung der Geopositionierung für Aktivitäten auf der Erde wie Wettervorhersagen, das Bauwesen und die Präzisionslandwirtschaft. Was sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts geändert hat, ist, dass der private Sektor in dieses Ökosystem eintrat, mit neuen Unternehmern, die die Art und Weise, wie das gesamte Ökosystem funktionierte, revolutionieren wollten.

Wie?

Es gab zuvor keinen wirklichen Fokus auf Kosten, Rentabilität, Rendite und Investitionen. Was sich mit der neuen Raumfahrt zu Beginn des 21. Jahrhunderts geändert hat, ist, dass die privaten Unternehmen, die in die Weltraumwirtschaft eingetreten sind, den Fokus auf die Kosten legten. Sie wollten die Kosten senken, damit die Anwendungen, die sich aus den Weltraumaktivitäten und den Weltraumdaten ergeben, für den Endverbraucher erschwinglich werden. Das ist auch für uns als Finanzinvestoren sehr wichtig, denn wir wollen unseren Anlegern nicht nur einen bloßen Traum verkaufen, sondern dies auch mit finanziellen Leistungen verknüpfen.

Haben Sie ein Beispiel für diese Kostensenkungen?

Der wichtigste Wachstumsmotor in den letzten 20 Jahren war die Senkung der Startkosten. Die Kosten, um ein Kilogramm Nutzlast ins All zu befördern, haben sich gezehntelt. Vor etwa 20 Jahren waren das 25.000 Dollar pro Kilogramm, jetzt sprechen wir von vielleicht 2.500 Dollar pro Kilogramm – Tendenz fallend. Mit den neuen wiederverwendbaren Trägerraketen werden diese Kosten hoffentlich noch weiter sinken. Und umso weiter man die Kosten für den Start senkt, desto mehr verbessert sich die Rendite für alle Anwendungen, die sich aus den Raumfahrtaktivitäten ergeben. Das ist der erste strukturelle Wachstumstreiber für diesen Sektor.

Wie groß ist der Anteil der kommerziellen Raumfahrt?

Wir schätzen, dass heute 78% des gesamten adressierbaren Raumfahrtmarktes aus kommerziellen, gewinnorientierten Aktivitäten besteht. Öffentliche Budgets sind im Raumfahrt-Ökosystem inzwischen viel weniger wichtig. Neben den sinkenden Kosten ist der Anstieg der kommerziellen Anwendungen der zweite strukturelle Wachstumstreiber.

Was ist mit der staatlichen Raumfahrt?

Vor etwa zehn Jahren begann ein neuer Wettlauf in den öffentlichen Programmen zur Erforschung des Weltraums. Zurück zum Mond, ein Wettlauf zum Mars, ein neuer Wettlauf zur Besiedlung des Mondes. Der Wettbewerb zwischen den USA, China, Russland, Indien, Japan und dem Nahen Osten ist in vollem Gange. Der dritte Wachstumsfaktor sind die Militärausgaben für die Weltraumverteidigung. Und dieser Bereich wächst ziemlich schnell.

Was für Anlagemöglichkeiten gibt es in diesen Bereichen für Investoren?

Wir teilen das Weltraum-Ökosystem in vier Kategorien ein. Die Grundlagentechnologien umfassen alle kritischen Geräte, Software, Halbleiter und digitalen Infrastrukturen, die man braucht, damit Raumfahrt richtig funktioniert. Zweitens gibt es die Unternehmen, die auf der Erde innerhalb des Weltraum-Ökosystems arbeiten und die Endprodukte, wie Raketen und Satelliten liefern oder den Weltraum nutzen, um ihre Aktivitäten auf der Erde zu verbessern. Diese profitieren ebenfalls von den niedrigeren Startkosten und vom Zugang zu mehr Bandbreite für die Satellitenkommunikation. Unternehmen wie John Deere, Verisk, Trimble oder Hexagon nutzen die Geo-Positionierung oder die Analyse von Geodaten , um ihre Arbeitsabläufe zu verbessern. Dann gibt es Unternehmen, die zwischen der Erde und dem Weltraum tätig sind, die Satelliten in den Weltraum befördern oder Satellitenkonstellationen betreuen, zum Beispiel: SatCom.

Und was ist der vierte Bereich?

Die vierte Kategorie umfasst Unternehmen, die sich hauptsächlich auf Aktivitäten im Weltraum konzentrieren. Unternehmen, die sich mit der Erforschung des Weltraums beschäftigen und zum Beispiel Ausrüstungen und Rover-Fahrzeuge für den Mond oder den Mars liefern. Wir haben Unternehmen, die einige sehr innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte durchführen, die Organe biologisch herstellen, die über Weltraumbergbau nachdenken, die sich um die Reinigung des Weltraums kümmern. Insgesamt haben wir etwa 200 börsennotierte Unternehmen identifiziert, in die Anleger investieren können. Natürlich erwirtschaften nicht alle 100% ihrer Einnahmen im Weltraum-Sektor.

In welchem Bereich sehen Sie mittel- und langfristig die größten Chancen?

Die Weltraumkonnektivität ist sehr wichtig. Sie haben gesehen, wie Starlink wächst und Umsatz macht. Amazon hat gerade bekannt gegeben, dass sie die ersten Satelliten in die Umlaufbahn gebracht haben. In zwei, drei Jahren wollen sie die zweitgrößte Konstellation von Kommunikationssatelliten hinter Starlink haben. Weltraumkonnektivität dient nicht nur dazu, Konnektivität in den so genannten weißen Flecken auf der Erde bereitzustellen, wo es kein 4G- oder 5G-Signal gibt, sie ist sehr wichtig, um die Kommunikation zwischen den Staaten und zwischen den Unternehmen zu sichern. Die EU startet das 10-Mrd.-Euro-Projekt Iris, um satellitengestützten Internetzugang bereitzustellen. Weltraumverteidigung und Erdbeobachtung sind ebenfalls schnell wachsende Segmente.

Was hat diesen neuen Wettlauf im All ausgelöst? Sind das die geopolitischen Risiken und Kriege?

Geopolitischen Spannungen spielen eine große Rolle. Die USA wollen nicht, dass China die Kontrolle über den Weltraum hat, weder im Orbit noch auf dem Mond. Daher ist es sehr wichtig für die USA, mit China, Russland und Indien im Weltraum gleichzuziehen. Deshalb gibt es einen neuen Wettlauf. Was die Militarisierung des Weltraums angeht, so gibt es zwar internationale Verträge, die die Stationierung von Waffen auf dem Mond oder auf Planeten verbieten, aber wenn man nicht vor Ort ist, um dies zu überwachen, weiß man nie, ob ein anderes Land Waffen im Weltraum einsetzt. Abseits der Militarisierung will China bis 2036 ein Unternehmen auf dem Mond ansiedeln. Aus diesem Grund haben die USA 2017 das Artemis-Programm gestartet und die NASA beauftragt, einen Weg zu finden, Astronauten zum Mond zurückzuschicken.

Elon Musk und seine Starlink-Satelliten sind essenziel für die Verteidigung der Ukraine. Angesichts einer wankelmütigen US-Regierung keine sehr komfortable Position. Sehen Sie Alternativen in diesem Bereich?

Es gibt andere Unternehmen, auch europäische, die über die Kommunikationsmöglichkeiten verfügen, um Starlink zu ersetzen. Deshalb wird darüber diskutiert, den Vertrag mit Starlink zu beenden und ihn an europäische Unternehmen zu vergeben, um sicher zu stellen, dass die Ukraine den Zugang zur Weltraumkommunikation nicht verliert. Dies zeigt, wie wichtig es ist, Zugang zum Weltraum und insbesondere zur Satellitenkommunikation zu haben. Die Iris-Konstellation wird nicht vor 2031 fertig sein, bis dahin müssen wir uns auf die bestehende Satellitenkonstellation verlassen, d. h. auf SES, Intelsat, Eutelsat-OneWeb und US-Unternehmen.

Elon Musk glaubt, dass sich die Menschheit zu einer multiplanetaren Spezies entwickeln wird. Wie realistisch ist diese Vision?

Donald Trump hat bei seiner Antrittsrede als Präsident gesagt, dass wir die US-Flagge auf dem Mars sehen werden. Es gibt ein wirklich starkes Interesse, zu anderen Planeten zu reisen. Zuerst war es der Mond, jetzt ist es der Mars. Ich bin mir nicht sicher, wie realistisch es ist, dass wir im nächsten Jahrzehnt auf dem Mars sein werden, aber in vielleicht zwei oder drei Jahrzehnten ist das wahrscheinlich. Zuvor werden wir Menschen auf dem Mond erleben. Wir werden sehen, ob die Ambitionen Chinas Wirklichkeit werden oder ob die USA eine Kolonie auf dem Mond errichten.

In welchen Bereichen ist die kommerzielle Nutzung des Weltraums bereits profitabel?

Die kommerziellen Anwendungen machen heutzutage etwa 78% des gesamten Weltraummarktes aus. Und die meisten Unternehmen, die in diesem Ökosystem tätig sind, arbeiten heute profitabel. In der Satellitenkommunikation, in der Erdbeobachtung – alle Unternehmen, die in diesem Sektor arbeiten, tun dies, um Gewinne zu generieren. Die Gewinne sind vielleicht noch gering, aber sie verbessern sich. Es kommt darauf an, ob man von einem Nettogewinn spricht oder von einem positiven freien Cashflow, denn diese Unternehmen investieren in der Regel ziemlich viel in ihre Forschung und Entwicklung. Wenn Sie sich zum Beispiel unseren Fonds Echiquier Space ansehen, dann waren Ende März 86% des Fonds in Unternehmen mit einem positiven EBITDA investiert, aber nur 72% des Fonds sind in Unternehmen mit einem positiven Nettogewinn investiert.

Und wie läuft der Fonds?

Seit der Fonds 2021 aufgelegt wurde, betrug die annualisierte Rendite mehr als 8%. Die Performance war mit 74% für die Anteilsklasse K [institutionelle Anteilsklasse] im Jahr 2024 sogar noch positiver. Wir sind derzeit stark in Unternehmen investiert, die in der Raumfahrt zivile und militärische Aktivitäten verfolgen. Unternehmen wie RTX oder Kratos. Und wir haben auch in Unternehmen investiert, die Geodaten nutzen. Trimble nutzt sie für die Geo-Positionierung, für Geräte und Software. Dazu kommt Sky perfect, ein japanisches Medien- und Satellitenkommunikationsunternehmen. Teledyne stellt Sensoren her, die entweder auf der Erde oder im Weltraum für Weltraumanwendungen eingesetzt werden. Das ist die Art von Unternehmen, in die wir investieren. Der Großteil des Fonds, etwa 54%, ist aktuell in Industrieunternehmen investiert, etwa 20%, sind in IT-Unternehmen investiert, 10% des Fonds haben wir in Kommunikationsdienste investiert. Was die Kapitalisierung angeht, so sind mehr als 30% des Fonds in Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von bis zu 10 Mrd. Euro investiert. Mehr als 30% liegen zwischen 10 und 100 Mrd. Euro und die verbleibenden ca. 35% liegen über 100 Mrd. Euro.

Zur Person: Christophe Pouchoy ist Fondsmanager für Themen- und Technologiefonds im Bereich Global Equity bei La Financière de l’Echiquier (LFDE).

Das Interview führte Tobias Möllers. In voller Länge finden Sie es unter boersen-zeitung.de

Das Interview führte Tobias Möllers. Das vollständige Interview finden Sie unter www.boersen-zeitung.de

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