GAM setzt auf Europas Aktien
Der Assetmanager GAM sieht mehrere Themen als entscheidend für die Entwicklung von Europas Aktienmärkten an. Dazu zählen das Wachstum der Mittelschicht in Asien, der Vormarsch des Onlinehandels und der Aufschwung digitaler Zahlungsmittel. Dies begünstige einige Werte besonders.xaw Frankfurt – Der Schweizer Vermögensverwalter GAM zeigt sich für europäische Aktien optimistisch. “Viele europäische Unternehmen profitieren nicht nur von globalen Wachstumstrends, sondern stehen selbst an der Spitze strukturellen Wandels”, sagt Niall Gallagher, der als Investmentdirektor für die Anlagestrategie von GAM zuständig ist. Derzeit bestünden am Markt fünf Trends, die bereits vor Ausbruch der Coronakrise existiert hätten, durch die Folgen der Pandemie aber noch beschleunigt worden seien.Dazu zählten die höhere Nachfrage nach Cloud-Computing-Lösungen sowie der Fokus auf eine Dekarbonisierung der Wirtschaft. Eine weitere wichtige Entwicklung sei das Wachstum des Mittelstands in Schwellenländern. Während der Mittelstand in der Eurozone, den USA und Japan über die kommende Dekade voraussichtlich mit einer Rate von 0,5 % p.a. wachsen werde, sei für China und Indien ein Plus von 6 % zu erwarten. Somit stünden in der Volksrepublik dann 350 Millionen und in der größten Demokratie der Welt 380 Millionen neue, kaufkräftige Konsumenten bereit. Auch für den Rest von Asien sei ein deutliches Wachstum zu erwarten, sodass Asiens Mittelstand über die kommenden fünf Jahre mehr als 80 % der neuen Konsumausgaben treiben werde.Zugleich werde mehr als die Hälfte der Erlöse börsennotierter europäischer Unternehmen mittlerweile außerhalb Europas generiert. “Das signifikanteste Wachstum hat sich über die vergangenen 30 Jahre in Asien ergeben”, sagt Gallagher. Nun könnten Unternehmen wie der Halbleiterhersteller Infineon und der Autozulieferer Faurecia infolge der höheren Kaufkraft asiatischer Verbraucher von der wachsenden Autoflotte und dem steigenden Bedarf an Elektrifizierung in diesem Markt profitieren. Das Wachstum der asiatischen Metropolen und die benötigte Modernisierung des Immobilienbestands begünstige beispielsweise den Schweizer Aufzugshersteller Schindler. Dass sich die Lebensstile in Schwellenländern denen in Industrienationen annäherten, käme europäischen Pharma- und Konsumwerten zugute – und auch für die Luxuskonzerne sieht GAM Potenzial. Neuer Markt für FerrariDer französische Spirituosenkonzern Pernod Ricard und der Luxus-Branchenführer LVMH könnten in Indien und China auf ihrer breiten Kundenbasis aufbauen. Auch der Sportwagenbauer Ferrari, der bisher auf den nordamerikanischen und europäischen Markt ausgerichtet sei, werde sich angesichts des höheren Einkommensniveaus in Schwellenländern möglicherweise stärker auf Asien fokussieren. “Die vergangenen Jahre waren für den chinesischen Fahrzeugmarkt schwierig – doch Ferrari bedient eine Nische”, sagt Gallagher. Der italienische Hersteller produziere nur ungefähr 10 000 Autos im Jahr, seine Produkte seien also viel eher als Luxusgüter denn als Fahrzeuge zu betrachten. Daher stünden für Ferrari nicht die Volumina im Vordergrund, sondern die Preise. Zwar blieben die USA und Europa die Kernmärkte, allerdings könne China für Ferrari dank seiner Markenstärke zur lukrativen Wachstumsquelle werden.Als weiteren großen Trend sieht GAM das Wachstum des E-Commerce. Dieses sei schon vor der Coronakrise über alle Sektoren hinweg zu beobachten gewesen und werde sich aller Voraussicht nach weiter fortsetzen. Schließlich stünden Konsumenten dem stationären Einzelhandel skeptischer gegenüber als vor der Pandemie, zudem habe eine größere Anzahl an Verbrauchern sich mittlerweile an digitale Einkäufe gewöhnt, selbst für Kleidung und Schuhe. Zwar befinde sich die Popularität des Onlinehandels in Europa in einem frühen Stadium, werde aber wohl einen ähnlichen Weg gehen wie in den USA. Dort fielen die Anteile des stationären Handels bereits seit fast 30 Jahren extrem deutlich zurück. Gerade in Spanien und Italien seien die Marktanteile des E-Commerce zuletzt sprunghaft angestiegen.Als Profiteur dieses Trends macht Gallagher unter anderem den Berliner Versandhändler Zalando aus. Dieser sei in den vergangenen Jahren stark gewachsen, verfüge bereits über 34 Millionen aktive Kunden und werde im laufenden Jahr voraussichtlich Erlöse von rund 7,7 Mrd. Euro erzielen. Zalando habe über Investitionen in ihr Logistiknetzwerk, ihre Webseite und ihre App eine starke Grundlage für weiteres Wachstum gelegt. Adyen profitiert von WandelDurch die Verschiebung in Richtung Onlinehandel werde auch die Nutzung digitaler Zahlungsmittel angeschoben. Auch im Gastgewerbe und stationären Einzelhandel habe die Beliebtheit von Barzahlungen infolge der Pandemie nun rapide abgenommen. Während insbesondere Schweden und die anderen skandinavischen Länder bereits große Schritte in Richtung einer bargeldlosen Gesellschaft gemacht hätten, bestehe in vielen anderen Ländern noch großer Aufholbedarf (siehe Grafik). Davon könnten Zahlungsdienstleister wie die niederländische Adyen besonders profitieren. “Das Unternehmen verfügt über eine globale Plattform, die es aus dem Nichts aufgebaut hat und über die es mehr als 240 Zahlungsnetzwerke auf der ganzen Welt ansteuern kann”, sagt Gallagher. Dies mache es globalen Konzernen möglich, über Adyen unkompliziert Zahlungen in verschiedenen Märkten abzuwickeln. In der Folge wachse Adyen doppelt so schnell wie viele Wettbewerber und sei zugleich sehr profitabel.