Aktienmarkt

Monatsmitte-Effekt schlägt den Dow

Die neunten bis elften Handelstage sind statistisch seit Mitte der neunziger Jahre die beste Phase an den US-Aktienmärkten. In Bärenjahren ist dieser „Monatsmitte-Effekt“ besonders ausgeprägt.

Monatsmitte-Effekt schlägt den Dow

Von Salah-Eddine Bouhmidi*)

Die neunten bis elften Handelstage gelten statistisch seit Mitte der neunziger Jahre als die beste Phase an den US-amerikanischen Aktienmärkten. In diesem Monatszeitraum scheinen amerikanische Aktien deutlich stärker gefragt zu sein als an den restlichen Tagen im Monat. Daher spricht man hier auch vom sogenannten „Monatsmitte-Effekt“.

In dem Beobachtungszeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2021 stieg der Dow Jones Industrial Average (DJIA) innerhalb von 6799 Handelstagen um 715% oder 32549,82 Indexpunkte. In diesem Beobachtungszeitraum fallen nur 972 Handelstage auf den neunten bis elften Handelstag. Allerdings konnten interessanterweise rund 18300 Punkte zwischen dem neunten bis elften Handelstag verdient werden.

Dieser Handelsansatz wird einmal im Monat, also nur zwölfmal im Jahr ausgeführt. Es existieren verschiedene Variationen und Handelssysteme, mit denen versucht wird, diesen Effekt auszunutzen. Die Ausgangsbasis ist allerdings eine ganz intuitive Annahme. Dabei wird zum Schlusskurs des achten Handelstags im Monat eine Long-Position im Dow Jones eröffnet und am elften Handelstag zum Schlusskurs wieder geschlossen. Man hält die Position also nur drei Handelstage im Monat.

Aufgrund der stark positiven Korrelation zwischen den US-Aktienindizes können wir auch ähnliche Ergebnisse im S&P 500 und auch im Nasdaq 100 wiederfinden. Der Handelsansatz kann daher auch zu ähnlichen und gar besseren Resultaten führen. Zum Beispiel ist in den vergangenen zehn Jahren zu beobachten, dass der Nasdaq 100 beim Monatsmitte-Effekt am besten abschneidet.

In Bärenjahren besser

Interessanterweise konnten wir im untersuchten Zeitraum feststellen, dass eine einfache Strategie auf Basis des Monatsmitte-Effekts so­gar in 8 von 26 Jahren sogar die Benchmark, also den Dow Jones geschlagen hat. Auffällig ist dabei, dass insbesondere in einem Bärenjahr der Monatsmitte-Effekt besser abschneidet als der Index selbst. In den Jahren 2000, 2001, 2002, 2008, 2012, 2015, 2018 und 2020 konnte mit dem Monatsmitte-Effekt der Dow Jones geschlagen werden. Das könnte damit zusammenhängen, dass man mit der Strategie von 252 Handelstagen im Jahr nur 36 Handelstage investiert ist, sich also nur zu 14% im Jahr im Markt befindet und somit viel weniger Risiko eingeht.

Ein sehr gutes Beispiel für die geringere Drawdown im Vergleich zu einer Buy-and-Hold Strategie lässt sich unter anderem im Bärenmarkt der Dotcom-Blase beobachten. Der Dow Jones verlor zwischen 2000 bis 2002 knapp ein Drittel an Wert (−29,67%). Wohingegen mit dem Ausnutzen des Monatsmitte-Effekts im selben Zeitraum eine positive Rendite von 19,87% er­reicht worden ist.

Dotcom-Krise, Finanzkrise und die Coronakrise – in allen diesen Krisenphasen konnte der Monatsmitte-Effekt besser abschneiden als eine Buy-and-Hold-Strategie im Dow Jones-Index. Der April gehört dabei saisonal gesehen zu den besten Aktienmonaten. Das wird auch in der Auswertung des Monatsmitte-Effekts deutlich. Der April er­reicht im Untersuchungszeitraum insgesamt 21,30% und schneidet damit als der beste Monat ab. Unmittelbar danach folgen schon der März mit 19,2% und der Juni mit 13,6%. Die besten Jahre sind: 1998 mit einer Jahresrendite von 11,2%, 2006 mit einer Rendite von 14,5% und das Corona-Jahr 2020 mit 15,2%.

Deutlich geringeres Risiko

Vergleicht man im Zeitraum 1995 bis 2021 die Renditeentwicklung des Dow Jones mit der des Monatsmitte-Effekts, so fällt auf, dass eine Buy-and-Hold-Strategie den Monatsmitte-Effekt eindeutig geschlagen hat. Allerdings darf man hierbei nicht vergessen, dass man mit der Monatsmitte-Strategie nur 14% aller Handelstage im Jahr investiert ist und somit kurzfristig ein geringeres Kursrisiko eingeht. Zusätzlich kann beobachtet werden, dass in Bärenjahren der Ren­diterückgang im Dow Jones schwankungsintensiver war als bei dem Monatsmitte-Effekt. Der Dow Jones verlor zwischen 2000 bis 2002 knapp ein Drittel an Wert (−29,67%). Wohingegen mit dem Ausnutzen des Monatsmitte-Effekts im selben Zeitraum eine positive Rendite von 19,87% erreicht worden ist.

Gehaltszahlung als Erklärung

Dieses Phänomen kann wissenschaftlich nicht eindeutig erklärt werden. Allerdings könnten Gehaltszahlungen eine Rolle spielen. Eine Vielzahl von US-Arbeitnehmern bekommt zweimal mo­natlich ihr Gehalt ausbezahlt. Viele Arbeitnehmer investieren daher zweimal im Monat in ihre privaten Altersvorsorgeprogramme, wie z.B. den sehr bekannten und im amerikanischen Steuergesetzt verankerten 401(k)-Plan. Dieser Kapitalfluss bei großen Index-ETFs könnte als eine Erklärung hin­halten.

Seit Beginn des Bärenjahres 2022 schneidet der Monatsmitte-Effekt besser ab als der Dow Jones-Index. Der Monatsmitte-Effekt kommt aktuell auf ein Minus von 0,25%, wohingegen der Dow Jones seit Jahresbeginn um 16,59% nachgegeben hat.

*) Salah-Eddine Bouhmidi ist Head of Markets bei IG Europe.

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