Oliver Scharping, Bantleon

„Option auf einen kleinen Tiger im Sack“

Als Übernahmevehikel haben sich Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) für Portfoliomanager zu einer interessanten Anlageform entwickelt. Spacs sind auf Übernahmen ausgelegte Mantelgesellschaften, die Zielunternehmen suchen und dabei zunächst...

„Option auf einen kleinen Tiger im Sack“

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Als Übernahmevehikel haben sich Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) für Portfoliomanager zu einer interessanten Anlageform entwickelt. Spacs sind auf Übernahmen ausgelegte Mantelgesellschaften, die Zielunternehmen suchen und dabei zunächst nur als leere Hülle Geld einsammeln. Seit einigen Monaten gibt es sie auch im deutschsprachigen Raum.

Der Assetmanager Bantleon verwaltet für einen Versicherer einen reinen Spac-Fonds mit einem hohen zweistelligen Millionenvolumen. Darüber hinaus sind Spacs ein wichtiger Bestandteil eines Event-driven-Publikumsfonds der Gesellschaft. „In diesem Fonds macht Spacs-Arbitrage knapp ein Drittel des Portfolios aus. Die anderen zwei Drittel werden investiert in Merger-Arbitrage und andere Sondersituationen, meist im Rahmen von Übernahmen“, erläutert Oliver Scharping das Konzept. Er weist aber darauf hin, dass Spacs ein zweischneidiges Schwert seien, denn das Vehikel komme als Blankoscheck an die Börse.

Mit Rückgaberecht

„Man kauft definitiv die Katze im Sack, aber mit Rückgaberecht. Man kann also die Katze immer zu einem garantierten Preis zurückgeben. Wir sind gerne bereit, die Katze im Sack zu kaufen, insbesondere wenn ein renommiertes Private-Equity-Haus den Spac lanciert hat. Es besteht auch die Option, dass wir einen kleinen Tiger im Sack haben“, sagt Scharping, der vor seinem Einstieg bei Bantleon bei Hedgefonds und im Investment Banking Erfahrungen im Bereich unkonventioneller Aktienstrategien gesammelt hat.

Erste Phase ohne Risiko

Anleger müssten bezüglich Spacs scharf zwischen zwei Phasen trennen. In der ersten Phase sei der Spac investierbar für jeden Investor. Allerdings müssten sich Anleger darüber im Klaren sein, dass sie im Wesentlichen auf ein Managementteam setzten. Ihm vertrauten sie ihre Mittel an. „Das Ganze ist während der ersten Phase komplett risikolos, denn der Spac überträgt die Mittel an einen Treuhänder, der sie wiederum in Staatsanleihen anlegt. Zudem hat man ein Rückforderungsrecht auf sein Kapital“, so Scharping.

Wenn ein Ziel gefunden wurde, komme die zweite Phase. „Das Unternehmen wird mit dem gelisteten Vehikel fusioniert und rückwärts an die Börse gebracht. Jetzt ist es eine komplett andere Geschichte, da es nun darum geht, was es für ein Unternehmen ist. Das ist dann kein Spac mehr, sondern ein De-Spac“, führt der Bantleon-Fondsmanager aus. Ein Rückforderungsrecht gebe es jetzt nicht mehr. „Wir investieren ausschließlich in der ersten Phase eines Spacs. Es geht also um das Managementteam, um deren Erfahrung mit schon durchgeführten Spacs und gerne auch um Spacs von führenden Private-Equity-Häusern.“

Carve-outs, also Ausgliederungen aus Konglomeraten, seien die nächste große Opportunität für Spacs und eine attraktive Alternative zum klassischen Private-Equity-Buy-out oder Sparten-IPO, erläutert Bantleon in einer Analyse. Die Zahl an Opportunitäten sei dabei riesig, wie ein Blick auf die europäische Unternehmenslandschaft zeigt. „Daimler will bekanntlich seine Truck-Sparte ab­spalten und VW liebäugelt mit einer Teilmonetarisierung von Audi oder Porsche. Auch die Zukunft von Nestlés Beteiligung an L’Oréal ist ungewiss.“ Scharping betont, dass ein Spac in der Regel einen konkreten Zielsektor und eine genaue Vorstellung davon habe, wie das ein­gesammelte Geld verwendet werden solle.

Aus seiner Sicht wird in der Diskussion um Spacs vieles durcheinandergebracht. „Wenn Investments von Phase 1 und 2 vermischt werden, ist das keine gute Idee. Sicherlich kann man sich auf neue spannende Unternehmen an der Börse konzentrieren und eine IPO-Strategie verfolgen. Das ist aber relativ riskant.“ So gebe es in den USA einige Spac-ETFs, „die aber weniger diszipliniert einkaufen. Beim ETF kauft man noch stärker die Katze im Sack, denn es wird weniger unterschieden zwischen führenden Häusern und Häusern um die Ecke. ETFs kaufen ferner oft nach qualitativen Regeln ein.“ Außerdem würden ETFs nach Bekanntgabe des Deals in der zweiten Phase des Spacs investiert bleiben. „Dann hat man Spacs im Portfolio und normale Aktien.“ Seine Sache sei das nicht, Scharping will mit Spacs Arbitragegeschäfte machen. „Der Markt bietet aktuell ein geradezu paradiesisches Umfeld für Arbitrageure.“

Bei Discount kaufen

Zuletzt habe es mehr als 100 Spacs gegeben, die zum Discount handelten und damit risikolose Arbitrage durch einen Kauf unter NAV und einen möglichen Gewinn in der ersten Phase ermöglichten. „Im schlimmsten Fall droht eine niedrige einstellige Rendite als Entschädigung für die gehaltenen Spac-Aktien. Und wenn es gut läuft, ist eine Rendite im zweistelligen Bereich nicht unrealistisch.“

Einen „free lunch“ gebe es zwar nicht, das weiß auch Scharping. „Aber das Segment ist sehr schnell gewachsen und wird nicht von allen Investoren verstanden. Wir sprechen von knapp 200 Mrd. Dollar Kapital auf der Suche nach Zielen. Da ist der Markt nicht nachgekommen.“ Arbitrage habe es früher auch bei Wandelanleihen gegeben und gebe es ebenfalls im Bereich der Kryptowährungsfutures. Scharping ist sich sicher: „Für die nächsten ein bis zwei Jahre ist Spac-Arbitrage eine der attraktivsten Anlagemöglichkeiten.“